Jetzt auch noch das Kita-Zukunftsgesetz
Erzieher sind mit den Nerven am Ende
Speyer/Limburgerhof. Anna Grohmann ist Erzieherin und ständige stellvertretende Leiterin in einer kommunalen Kindertagesstätte in Limburgerhof. Dieser Tage sorgt sie in Speyerer Facebook-Gruppen mit einem offenen Brief an Eltern, Kollegen, Träger, Regierungsverantwortliche und Leidensgenossen für viel Aufmerksamkeit und erntet jede Menge Zuspruch. Die Überschrift über ihrem Brief: Auch die Erzieher*innen in Speyer sind mit den Nerven am Ende!
In ihrem offenen Brief geht es darum, wie hoch die Ansprüche in ihrem Beruf geworden sind - gerade auch während der Pandemie - und wie sehr sie ihn trotz aller Widrigkeiten liebt. Es geht aber vor allem auch um das Kita-Zukunftsgesetz, das am 1. Juli in Rheinland-Pfalz in Kraft treten soll. Was von der Landesregierung als Verbesserung an allen Kita-Fronten gepriesen wird, ist scheinbar in den Kindertagesstätten nicht ganz so hoch angesehen. Anna Grohmann etwa hätte es gerne gesehen, wenn man - wie vieles andere aufgrund der Pandemie auch - den Start um ein Jahr verschoben hätte. "Das Kita-Zukunftsgesetz wird uns viel abverlangen", sagt sie. Und: "Die Umsetzung obliegt uns, obwohl wir mit vielem nicht einverstanden sind." Stimmen aus der Praxis seien bei der Planung des neuen Gesetzes nicht ausreichend gehört worden.
Die Umsetzung käme zu einer Zeit, in der die Kolleginnen und Kollegen in den Kitas alle auf dem Zahnfleisch gingen: Rechtsanspruch auf Kitaplatz für Einjährige, Rechtsanspruch auf regelmäßig sieben Stunden Betreuung am Stück, Rechtsanspruch auf Mittagessen in der Kita, die Abschaffung des Gruppensystems für die Personalberechnung, der Personalschlüssel für die Betreuung von Zweijährigen wird an den der Drei- bis Sechsjährigen angeglichen, mehr Mitspracherecht für die Eltern über eine Beirat und Förderung im naturwissenschaftlichen und sprachlichen Bereich jetzt auch durch die Erzieher statt wie bisher über externe Fachkräfte. Anna Grohmann ist sich sicher: Das Gesetz wird kommen. Und ihren Beruf in dieser herausfordernden Zeit noch schwieriger machen.
"Ich liebe meinen Beruf, aber ich hasse den Job, den ihr daraus konstruiert habt", schreibt sie in ihrem Brief. Und: "Ich liebe die Kinder und die Arbeit mit ihnen, aber ich hasse die Voraussetzungen, die ihr dazu vorgebt." Im Gespräch mit dem Wochenblatt sagt sie: "Wir brauchen ein Jahr mehr Zeit." Ohne zu wissen, wie lange die Pandemie noch andauert, hänge das neue Gesetz derzeit wie ein Damoklesschwert über den Kindertagesstätten. "Wir gehen alle auf dem Zahnfleisch und bräuchten jetzt dringend Zeit, einmal durchzuschnaufen", so Grohmann.
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