Hühner auf Zeit
Im Altenzentrum dreht sich alles um das liebe Federvieh
Speyer. Die Bewohner des Caritas-Altenzentrums St. Martha lieben ihren schönen parkähnlich angelegten Garten vor der Kulisse der Josephs-Kirche. Im Moment gehen sie sogar noch lieber nach draußen, denn sie haben wieder einmal Gäste: Vier braune Legehennen haben Quartier im Garten bezogen.
Auf einer Wiese mit Bachlauf unter einem Baum steht das schmucke Hühnerhaus. Und das Federvieh zieht pickend und scharrend durch das abgesteckte Gehege. „Das ist ein echtes Paradies hier, die haben hier ein Luxus-Hotel“, findet Mario Müller, Inhaber von familyhuhn, der die Hühner für zwei Wochen im Jahr ans Altenzentrum vermietet.
Es dauert nicht lange, da bekommen die Hühner Besuch von den Bewohnern und laufen an den Zaun, in der Hoffnung, dass ein Leckerbissen für sie abfällt, denn immer wieder bringen die Besucher ein paar Kräuter vom Hochbeet oder Reste aus der Küche mit. Aloisia Eckrich und Elfriede Grießhaber haben Stühle an das Gehege gerückt und beobachten das Federvieh. „Kein Hahn dabei“, stellt Aloisia Eckrich mit Bedauern fest. „Den hätten die Hühner aber sicher gerne“, sinniert sie. Das sei ein bisschen wie im Altenzentrum, da würde man auch immer nur die Frauen sehen, sagt sie lachend.
„Meine Eltern und mein Bruder hatten auch immer Hühner, so zehn bis zwölf Stück, mit Hahn“, erzählt Bewohner Anton Schuler, der keine Berührungsängste hat und schon mal eines der zutraulichen Hühner auf den Schoß nimmt. So wie Anton Schuler haben einige der Bewohner früher selbst einmal Hühner gehalten und erinnern sich jetzt zurück an diese Zeiten. Andere freuen sich einfach über die Abwechslung. „Auch die Bewohner, die sonst nicht mehr so aktiv sind oder ihre Zimmer nicht mehr so gerne verlassen, zieht es jetzt nach draußen“, stellt Einrichtungsleiterin Gudrun Wolter mit Freude fest.
Doch nicht nur im Garten dreht sich im Moment alles um das Thema Huhn und Eier, erklärt Jana Herbert, die Leiterin der sozialen Betreuung. An diesem Mittag hat es zur Nachspeise Eis mit Eierlikör gegeben. Auch andere Eierspeisen stehen auf dem Essensplan. Dafür reicht das kleine Ei, das Jana Herbert heute im Lege-Nest gefunden hat, natürlich nicht, aber es bereichert den Speiseplan. Für das Gedächtnistraining hat sich Lydia Dauengauer von der sozialen Betreuung Fragen zum Thema Huhn überlegt.
„Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Farbe der Federn oder der Hühnerrasse und der Farbe der Eier?“, möchte sie von den Bewohnern wissen. Einige wissen das tatsächlich. Ebenso, dass überkochte Eier blau-grau rund um den Dotter werden. Überrascht waren dann aber selbst die Mitarbeiter des Altenzentrums, dass der Ausdruck „halber Hahn“ im Kölner Raum für ein Roggenbrötchen mit Käse, Gurken, Senf und Zwiebeln steht. Nur das Rätsel, warum die Hühner zwar nach Auskunft ihres Vermieters Mario Müller alles fressen dürfen, nur keine Avocado, ist bis jetzt noch nicht gelöst. Aber der Ehrgeiz, auch dieses Geheimnis zu ergründen, ist geweckt.
Nicht nur die Bewohner, auch die Mitarbeiter freuen sich über die Hühner auf Zeit und denken nicht zum ersten Mal, dass es doch wirklich schön wäre, dauerhaft Hühner im Garten zu haben. Nur bräuchte man dann jemanden, der sich auch immer ums liebe Federvieh kümmern kann. Aber nächstes Jahr kommen sie ja wieder, die Hühner auf Zeit. Text: Dr. Christine Kraus
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