Abschaffung des Paragrafen 219a
"Keine Frau macht sich diese Entscheidung leicht - im Gegenteil"
Speyer. Gynäkologische Praxen dürfen im Internet sachlich über Methoden eines Schwangerschaftsabbruchs aufklären, ohne Strafe fürchten zu müssen. Bislang galten solche Informationen als unzulässige "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft".
Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst und Tanja Gambino, Leiterin des Referats Offene Sozialarbeit beim Diakonischen Werk, sehen die neue Rechtslage positiv. Schwangere in Konfliktsituationen brauchen möglichst umfassende und möglichst seriöse Informationen, so das einhellige Votum.
Tanja Gambino sieht mit dem Wegfall des § 219a die Chance, dass sich Frauen über die Seiten der Fachmedizin sachlicher und sachgerechter informieren können. Bislang seien Betroffene „durch Infos aus dem Netz eher irritiert“ und häufig beängstigt. Die diakonischen Beratungsstellen müssen solche „falschen Fakten“ oft erst richtigstellen, um ins Gespräch zu kommen. Gambinos Erfahrung: „Frauen werden durch korrekte medizinische Informationen nicht zu Abbrüchen ermuntert.“
Die Kirchenpräsidentin teilt diese Einschätzung. In der Diskussion und angeblichen Sorge um die Rechtslage ging es in der Vergangenheit eher „um die Sorge, dass Abtreibung banalisiert wird. Diese Sorge übersieht aber, dass keine Frau sich diese Entscheidung leicht macht – im Gegenteil“, so Dorothee Wüst. Betroffene Frauen brauchen laut Wüst Information, Begleitung und Empathie, keinen moralischen Zeigefinger.
Das gewährleistet die Schwangerenkonfliktberatung der Diakonie. „Während der Beratung muss der Schutz des ungeborenen Lebens genauso betrachtet werden, wie die Konsequenzen, welche die Frau zu tragen hat. Ein Schutz des ungeborenen Lebens geht nur mit der Frau, nicht gegen sie“, sagt Tanja Gambino. „Die Frau bekommt alle Informationen, die sie in ihrer speziellen Lage braucht.“ Erst dann könne von ihr eine ethisch verantwortete Entscheidung getroffen werden.
Nach der Diskussion um die Abschaffung des Paragrafen wünscht sich Kirchenpräsidentin Wüst die viel „wichtigere Debatte“, „wie wir Bedingungen herstellen können, die es Frauen leichter machen, ihr Kind auszutragen - auch unter widrigen Bedingungen“.
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