Baumaßnahmen im Dom 2022
Neue Beschallungsanlage und ein neues Sängerpodest
Speyer. „Die meiste Arbeit steckt nicht in dem, was man sieht, sondern in dem, was man nicht sieht“, so Dombaumeisterin Hedwig Drabik. Damit bezieht sie sich auf die Planung und Durchführung eines Projektes, das bereits seit mehr als einem Jahrzehnt auf seine Umsetzung wartet: die Erneuerung der Lautsprecheranlage des Doms.
Die Lautsprecheranlage ist mit ihren über 30 Jahren technisch in die Jahre gekommen, und dies merken auch die Zelebranten und Gottesdienstbesucher. Dass das Hörverständnis bei einem Teil der Sitzplätze im Langhaus nicht gut ist, war aus vielen Rückmeldungen von Gottesdienstteilnehmern bereits bekannt. Die Herausforderung, einen so großen Raum mit riesigen Reflektionsflächen mit einer passenden Lautsprecheranlage auszustatten, ist komplex. Und auch die Finanzierung musste zunächst gesichert werden. „Wir sind sehr dankbar, dass die Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer uns die Umsetzung dieses Projekts mit einer Zuwendung ermöglicht“, sagt Domdekan und Domkustos Dr. Christoph Kohl. „Eine funktionierende Lautsprecheranlage ist die Voraussetzung dafür, dass die Menschen überhaupt verstehen können, was an Altar und Ambo gesprochen wird.“ Bei der Erbauung des Doms und auch noch in den Jahrhunderten danach wurde die Messe im Chorraum des Doms in lateinischer Sprache gefeiert, so dass Textverständlichkeit kein Kriterium war.
Bereits seit 2020 beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe rund um den Domdekan und Domkustos Dr. Christoph Kohl mit der Planung einer neuen Beschallungsanlage für den Dom. Diese besuchte unter anderem einige Kirchen und Dome, um von den Erfahrungen andernorts zu profitieren und Fehler zu vermeiden. Insbesondere auf die Vorplanung wurde viel Zeit verwendet, da mehrere hundert Meter Leitungen neu verlegt werden mussten. Großen Wert legte die Arbeitsgruppe auch auf das Thema Nachhaltigkeit. So werden die Lautsprecher in Deutschland gefertigt und Ersatzteile müssen mindestens 10 bis 15 Jahre vorgehalten werden.
Auch bei der Umsetzung entfiel der größte Anteil der Arbeiten auf die Verkabelung. Wo möglich, wurden bereits vorhandene Kabelschächte genutzt. Die Mehrheit der Leitungen wurde jedoch in neuen Kabelschächten verlegt, da die vorhandenen Schächte bereits mit der großen Menge an bereits vorhandenen Leitungen von Heizung, Elektrik und Beleuchtung belegt waren. Die Lautsprecher werden an neue Rohrhalterungen befestigt, um Schlitzungen im historischen Bestand so gering wie möglich zu halten. Zudem sind die nicht im Boden liegenden Leitungen im Bedarfsfall einfach zu erreichen. Die Farbigkeit der Lautsprecher orientiert sich an der Sekundärmöblierung im Dom, die bewusst nicht im Sandsteinton gestrichen wurde. Die Denkmalpflege und der Wissenschaftliche Beirat hatten sich hier sehr deutlich in Bezug auf eine farbliche Abgrenzung von technischen Einbauteilen gegenüber dem Bestand positioniert. Alles was nicht zum Gebäude gehört soll auch als späterer Eintrag erkennbar sein. Durch zusätzliche Mittel von der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer war zudem die Realisierung einer Video-Streaming Anlage umsetzbar. So musste in der Vergangenheit für jede Übertragung aus dem Dom über Stunden ein komplexer Aufbau stattfinden. Dieses vornehmlich technische Projekt ist für das Domkapitel von zentraler Bedeutung, da es hier um die Nutzung des Doms als Gottesdienstraum geht.
Voruntersuchungen Langhaus –
Marienzyklus und statische Situation Eisenkeil
Am Morgen des 23. November 2021 am Ende der Frühmesse war ein Eisenkeil auf dem Boden des Domes eingeschlagen. Nach einer vorübergehenden Sperrung des gefährdeten Bereiches konnte die Gefahrenstelle mit der Hubbühne von der Dombaumeisterin, einem Steinrestaurator und einem Statiker befahren werden, um die Ursache des herabgestürzten Eisenkeils zu ergründen. Die erste Annahme, dass der Eisenkeil aus dem Gurtbogen über dem Pfarraltar gefallen war, hatte sich nicht erhärtet. Der Gurtbogen zeigt keine auffälligen Schäden. Vielmehr fiel bei der Befahrung mit dem Hubsteiger der in unmittelbarer Nähe des Gurtbogens befindliche Schlussstein der Sandsteinfensterlaibung nordseitig sehr deutlich ins Auge, da dieser eine veränderte Position zeigte. Mit Begutachtung dieser Stelle konnte sehr schnell festgestellt werden, dass der Eisenkeil aus der Fuge neben dem Schlussstein herausgefallen war, unterhalb des Fensters auf der schrägen Sohlbank aufgeschlagen und herunter gerutscht war und somit im Bereich der Stufenanlage der Pfarraltarebene aufschlug.
Die Gefahrenstelle wurde noch am selben Tag gesichert. An dieser Stelle steht das Gebäude bedingt durch die Baunaht zwischen romanischem und im Barock wiederaufgebaufbauten Teil unter besonderer Spannung, was auch an den eingebauten Zugstäben und den Verklammerungen in der äußeren Mittelschiffwand deutlich zu sehen ist. Die übrigen Fensterlaibungen nord- und südseitig des Gurtbogens wurden ebenfalls untersucht, zeigten jedoch keine Auffälligkeiten.
Die im Dom verbauten Zugstäbe wurden im Februar 2022 im Rahmen einer gesonderten Untersuchung mit dem Hubsteiger genauer betrachtet. Die Untersuchungsergebnisse in diesem Zusammenhang stehen noch aus, sollen aber eine Aussage über die Restspannung in den Stäben geben. Da sowohl die Zustände der Rundbogenfenster, sowie der im Langhaus vorhandenen Schraudolph-Fresken nicht sehr gut sind, ist geplant nach Ostern ein Gerüst in einem Joch aufzustellen, um Voruntersuchungen in mehreren Gewerken vornehmen zu können. Geplant ist die Untersuchung der Fresken, der Fensterbereiche, die statische Untersuchung der Einbindestellen der Zugstäbe, sowie der Natursteinoberflächen.
Fassungsuntersuchung am Epitaph
Rudolf von Habsburg durch die Baseler Münsterbauhütte
Seit einigen Jahren beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit dem in der Vorkrypta befindlichen Grabdenkmal von Rudolf von Habsburg. Im Zuge der Ausstellung zu den Habsburgern, die im Herbst dieses Jahres im Historischen Museum Speyer gezeigt wird, sollen auch einige Erkenntnisse zu dem Epitaph veröffentlicht werden.
Das Epitaph Rudolf von Habsburg ist bereits seit geraumer Zeit Ziel verschiedener Untersuchungen. Eine restauratorische Voruntersuchung wurde bereits vorgenommen und ergab erste Erkenntnisse über den Zustand. Durch die Bestimmung des Steinmaterials konnte sowohl eine Kooperation mit dem Straßburger Münster als auch dem Baseler Münster ins Leben gerufen werden. Das Sandsteinmaterial des Epitaphs in Speyer ist wissenschaftlich nachweislich dasselbe Material, welches auch für den Münsterbau in Straßburg verwendet wurde.
Die Verbindung der Baseler Münsterbauhütte zu Rudolf von Habsburg besteht durch das Grabmal der Königin Anna von Habsburg und ihres Sohnes Karl im Basler Münster. Die Gebeine der Bestatteten wurden 1770 nach St. Blasien und 1809 nach St. Paul im Lavanttal (Kärnten, Österreich) überführt. Bis heute ist das Annagrab das einzige figürliche, königliche Grabmal der Schweiz und steht der Bedeutung des Epitaphs im Kaiserdom zu Speyer in nichts nach.
Die leitende Restauratorin der Baseler Münsterbauhütte konnte für die Untersuchung des Epitaphs in Speyer gewonnen werden. Von ihr werden vermutlich ab Anfang April die gleichen Untersuchungen zu Fassungsresten wie auch am Annagrab durchgeführt. „Wir sind sehr froh, dass wir das gewaltige Netzwerk unter den Dom- und Münsterbaumeisterinnen und Meistern nutzen können, um Erfahrungen austauschen. Für uns ergibt sich somit die Grundlage für einen Austausch auf internationaler Ebene“, sagte Dombaumeisterin Hedwig Drabik.
Neues Sängerpodest
Bereits seit 2011 stehen die Überlegungen im Raum, ein neues Sängerpodest zu verwirklichen. Das jetzige Sängerpodest ist augenscheinlich in die Jahre gekommen und hinsichtlich Optik und Nutzbarkeit nicht viel mehr als eine Notlösung. Geplant ist die Umsetzung eines zugleich ästhetischen, wie auch funktionalen Sängerpodestes, welches alle Belange des Raumes und der Dommusik berücksichtig. Aus diesen Gründen gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Dommusik und dem Dombauamt, welches für die Planung und Ausführung der Arbeiten zuständig ist. Die Planungen zur Verwirklichung laufen bereits und werden derzeit konkretisiert. Gefördert wird das Projekt durch eine projektbezogenen Spende der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer, die die Realisierung ermöglicht.
Alle Maßnahmen und Einbauten im Dom müssten zudem mit dem Wissenschaftlichen Beirat besprochen werden. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Projekt etwas verzögert worden, soll aber nach der Fertigstellung der Beschallungsanlage unmittelbar angegangen werden. Sorgen bereiten hier aktuell die stark gestiegenen Materialpreise beispielsweise für Holz und Stahl, die auch Auswirkungen auf die Arbeiten haben werden.
Sanierung der Osttürme
Das nächste große Projekt am Dom wird die Sanierung der Osttürme sein. Eine Schadenskartierung der Türme wurde bereits Anfang Oktober 2021 durch die Dombaumeisterin mit Hilfe eines Hubsteigers durchgeführt und konnte erste Erkenntnisse zur Schadensintensität liefern. Die Türme gehören zur romanischen Bausubstanz und wurden unter Heinrich IV. am Ende des 11. Jahrhunderts vollendet. Sie gehören zu den ersten Beispielen sogenannter Chorflankentürme. Zuletzt wurden sie 1986 in Teilen saniert. Parallel laufen statische Untersuchung der Zwischendecken aus Beton, die in 1931 eingebracht worden waren. Diese weisen bereits Korrosionsschäden auf. Begonnen wird diese Maßnahme erst, wenn sämtliche Voruntersuchungen abgeschlossen sind, um Überraschungen möglichst zu vermeiden.
Die Sanierung der beiden Türme sieht die Instandsetzung der Natursteinoberflächen vor, sowie die Überarbeitung der Turmhelme und der Wasserführung. Die Sanierung der Osttürme wird das große Projekt der Domerhaltung der kommenden Jahre sein. Entscheidend für ein zügiges Vorankommen und eine umfassende und damit nachhaltige Instandsetzung wird die Finanzierung sein, so dass das Domkapitel auf Unterstützung von Dritten angewiesen ist.
Foto: Verlegung von Kabeln für die neue Lautsprecheranlage im Dom © Domkapitel Speyer, Foto: Hedwig Drabik
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