Nicht wegschauen: Missbrauch bleibt wichtiges Thema in der Evangelischen Kirche

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Speyer. Ein Jahr nach der Veröffentlichung der Forum-Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat die Evangelische Kirche der Pfalz ihre Anstrengungen intensiviert, um sexualisierte Gewalt zu verhindern und Betroffene zu unterstützen. Die Studie, die systemische Versäumnisse in der Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt aufdeckte, hat eine breite Dynamik in der Kirche entfaltet.

In der Pfalz wurden seit 1947 insgesamt 49 Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt dokumentiert, von denen sich 22 Fälle bestätigten. 19 erfüllten einen Straftatbestand, und in sechs Fällen kam es zu Verurteilungen. Die Verdachtsfälle betreffen Pfarrer (sieben Fälle), pädagogisches Personal (neun Fälle), die Kirchenmusik (zwei Fälle), einen Kirchendiener sowie ehrenamtliche Mitarbeitende (drei Fälle).

An den ForuM-Forschungsverbund hatte die Evangelische Kirche der Pfalz 27 Fälle gemeldet. Diese Zahl unterscheidet sich von den oben genannten Zahlen, weil die ForuM-Studie nur bestimmte Fälle in ihrer Untersuchung berücksichtigt hat. Außerdem sind die Verdachtsfälle nicht aufgeführt, die nach dem Stichtag der Studie, dem 31. Dezember 2020, bekannt wurden. Bislang wurden 111.000 Euro an Betroffene gezahlt, ergänzt durch 20.000 Euro für Sachleistungen über das Ergänzende Hilfesystem der EKD.

„Dennoch ist es noch ein weiter Weg, um alle, denen Kirche am Herzen liegt, für das Thema zu sensibilisieren. Es nützt nichts, immer nur erschüttert zu sein. Zu Recht dürfen Betroffene von uns erwarten, dass aus den Erkenntnissen der ForuM-Studie Konsequenzen folgen, die auch für sie spürbar etwas verändern“, bilanziert Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, die seit gut zwei Jahren auch Sprecherin der kirchlich-diakonischen Beauftragten im „Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie Deutschland“ ist.

Der Aufbau der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommission (URAK) Südwest, die sich mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im regionalen Kontext beschäftigen wird, befinde sich im Zeitplan, heißt es in einer Pressemitteilung der evangelischen Kirche der Pfalz. Das siebenköpfige Gremium, bestehend aus Beauftragten aus Kirche und Diakonie, externen Expert*innen und Betroffenenvertreter*innen, soll im Frühjahr die Arbeit aufnehmen. Am vergangenen Freitag hat sich die Betroffenenvertretung konstituiert und aus ihrer Mitte zwei Personen in die URAK gewählt. Durch die Arbeit der URAK soll eine unabhängige und umfassende Aufarbeitung gewährleistet werden.

„Wir stehen zu unserer Verantwortung, alles zu tun, um sexualisierte Gewalt im Raum von Kirche und Diakonie jetzt und zukünftig zu verhindern. Der Weg zu wirksamer Intervention und Prävention führt über die ehrliche Aufarbeitung unserer Vergangenheit, die nur mit betroffenen Personen gemeinsam gelingen kann“, betont Kirchenpräsidentin Wüst.

Das hat die Evangelischen Kirche der Pfalz bereits getan:

  • Alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in der Landeskirche müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, bevor sie ihre Tätigkeit aufnehmen.
  • Mitarbeitende, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, nehmen verpflichtend an Schulungen teil. Dabei setzen sie sich kritisch und selbstkritisch mit dem Thema auseinander, um Übergriffe frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
  • In allen Kitas wurden Schutzkonzepte entwickelt, die Schulungen für Erzieher*innen, Eltern und Kinder umfassen. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit für das Thema zu schärfen und Schutzräume zu schaffen.
  • Die Evangelische Jugend der Pfalz hat ein eigenes Schutzkonzept zur Prävention und Verfolgung sexualisierter Gewalt etabliert. Neben den Führungszeugnissen für Mitarbeitende bildet es eine zentrale Grundlage der Arbeit.
  • Viele Gemeinden haben individuelle Schutzkonzepte erarbeitet, die lokale Gegebenheiten berücksichtigen. Auf deren Weiterentwicklung wird in den nächsten Jahren ein Schwerpunkt der Arbeit liegen.
  • Das Thema Sexualisierte Gewalt gehört als Querschnittsthema seit Jahren zum Curriculum zukünftiger Pfarrer.

„Die Forum-Studie hat sehr deutlich formuliert, dass wir unsere Haltung ändern müssen: Niemand darf wegsehen, niemand darf sich für unzuständig erklären, wenn sexualisierte Gewalt im kirchlichen Kontext ausgeübt wird, niemand darf Meldungen über Vorfälle bagatellisieren oder gar ignorieren. Jede und jeder von uns trägt Verantwortung“, appelliert Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm. Daraus folge: Hinschauen – helfen – handeln! „Nur so gelingt es, dass Kirche ein Schutzraum wird und die gravierenden Fehler der Vergangenheit nicht wieder passieren“, so Wilhelm.

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Cornelia Bauer aus Speyer

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