Weiterhin Regelbetrieb in den Kitas
"Seit Wochen schaffen wir es nicht mehr, die Öffnungszeiten zu gewährleisten"
Speyer. Das Land Rheinland-Pfalz hat beschlossen, entgegen der am Wochenende von Bund und Ländern gemeinsam getroffenen Maßnahmen eines harten Lockdown - die rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten im Regelbetrieb zu belassen. Eine Entscheidung, die für viele nur schwer nachzuvollziehen ist.
Bereits in der vergangenen Woche hatte sich Sabrina Wöhlert, Leiterin der Speyerer Kita WoLa, in einem Brief an Detlef Placzek, den Präsidenten des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, gewandt und darin darauf hingewiesen, in welchem Spannungsfeld Erzieher derzeit täglich agieren und mit welchen Herausforderungen sie sich konfrontiert sehen. "Jeden Abend, wenn ich die Nachrichten schaue, treibt es mir die Tränen in die Augen und ich werde wütend, denn ich sehe in diesen Nachrichten Politiker, die erzählen, dass die Kitas weiterhin im Regelbetrieb sind", schreibt Sabrina Wöhlert. Und wie schwer es ihr fällt, angesichts der hohen Infektionszahlen in Speyer morgens ihr Team zu motivieren, ohne Schutz in einer Gruppe mit 22 Kindern zu arbeiten, alle Hygienerichtlinien und Vorgaben umzusetzen und einen Dienstplan zu gestalten, der den Betrieb einigermaßen aufrecht erhält.
Sie berichtet von Eltern, die sie am Telefon wütend anschreien, von Zwölf-Stunden-Tagen und Mehrarbeit am Wochenende. Unzählige Kinder seien krank, infektiös - ohne dass bekannt sei, ob es sich jetzt nur um einen Schnupfen oder doch um Corona handle. Erzieherinnen, die zur Risikogruppe zählen, schwanger sind, Urlaub haben, an Covid oder einfach so erkrankt sind, fielen täglich aus. Dazu ständige Quarantänen bei den Fachkräften oder deren minderjährigen Kindern. "Jeden Tag muss ich andere Eltern aus unseren drei Bereichen Krippe, Kindergarten und Hort informieren, dass der Notfallplan wieder eintritt", berichtet die Kita-Leiterin. Seit Wochen schafften sie es nicht mehr, die Öffnungszeiten zu gewährleisten. Einzelne Gruppen seien häufig im Notbetrieb, andere sogar ganz geschlossen. "Besonders die Eltern der systemrelevanten Berufe stehen ständig verzweifelt am Tor", sagt Wöhlert.
Sie versteht nicht, warum die Rahmenbedingungen in den Kitas jetzt schlechter sind als beim Lockdown im Frühjahr. Ihrer Meinung nach bräuchte die Stadt Spielraum, bei einem derart hohen Inzidenzwert wie Speyer ihn hat, den Rechtsanspruch auf Betreuung auszusetzen. Dann könnten wieder in engen Settings Notgruppeneingeführt werden, die Kontakte wären wirklich beschränkt, das Personal ausreichend und Eltern von systemrelevanten Berufen hätten wieder eine kontinuierliche und stabile Betreuung. Wöhlert: "Ich verstehe nicht, warum man möchte, dass das System Kita gerade so stark von unten kollabiert." Und dass Rheinland-Pfalz jetzt mit den Kitas sogar im harten Lockdown einen Sonderweg geht.
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