Kita-Sozialraumarbeit
Wenn Familien unter Druck geraten, helfen die Kitas
Speyer. Das Caritas-Zentrum in Speyer ist einer der beiden Träger, die von der Stadt Speyer mit der Umsetzung der so genannten Kita-Sozialraumarbeit beauftragt wurden. Nach einer Pilotphase ist dieses niederschwellige Angebot nun in allen Kitas und Horten in der Domstadt etabliert.
„Manchmal können die Sorgen von Eltern kleiner Kinder einfach erdrückend sein.“ Die Sozialpädagogin Gisela Obermeyer kennt die Nöte der Eltern und versucht, zusammen mit ihnen eine Lösung zu finden. Sie ist eine von vier Sozialpädagoginnen des Caritas-Zentrums Speyer, die zusammen mit Fachkräften der Diakonissen im Auftrag der Stadt Speyer die Kita-Sozialarbeit in Speyer übernommen haben.
Naomi Amend und Claudia Wetzler, die beiden Leiterinnen des Caritas-Zentrums Speyer, erklären, worum es bei der Kita-Sozialraumarbeit geht: „Das Gebiet der Stadt Speyer wurde dafür in vier Sozialräume eingeteilt: West, Mitte, Nord und Süd“, so Amend. „In der Regel sind diese Sozialräume auch strukturell abgegrenzt, zum Beispiel durch große Straßenzüge. Jeder Sozialraum ist ein Ballungsraum, in dem Menschen mit ganz unterschiedlichen sozialen Strukturen leben.“
Die Kita-Sozialraumarbeit begann im Oktober 2020 mit dem Förderprogramm "Kita!Plus“. In jedem der vier Sozialräume wurden drei Kitas ausgewählt: je eine katholische, eine evangelische und ein kommunale. Für diese insgesamt zwölf Kitas wurden vier halbe Sozialpädagogen-Stelle finanziert. Caritas-Zentrum Speyer und die Diakonissen Speyer sind zu gleichen Teilen mit diesen Aufgaben betraut. Ab Juli 2021 wurde die Kita-Sozialraumarbeit dann in allen 27 Speyerer Kitas und Horten etabliert. Dafür wurde ein Kita-Sozialraumbudget zur Verfügung gestellt, von dem unter anderem insgesamt neun halbe Stellen finanziert werden. Vorerst begrenzt bis Mitte 2023, doch Naomi Amend rechnet damit, dass es auch danach weiter geht.
Schnittstelle zwischen den Sozialpädagoginnen und den Eltern ist die Kita. „Eine gute Zusammenarbeit mit dem Team dort ist wichtig. Die Caritas Mitarbeiter sind bei Fallbesprechungen dabei und im Austausch mit den Erziehern“, berichtet Amend. „Denn die kennen die Familien der Kinder, wissen, wer gerade Probleme hat oder welche Kinder auffällig sind und stellen den Kontakt zwischen Eltern und Sozialpädagoginnen her.“ „Wir haben uns zwar am Anfang mit Flyern und Aktionen vorgestellt, doch von sich aus kommen die Eltern kaum auf uns zu“, sagt Gisela Obermeyer. Pandemiebedingt sei auch kaum Kontakt mit den Eltern möglich gewesen, da diese die Kitas im Moment nicht betreten dürfen, sondern die Kinder am Eingang abgeben und abholen.
Wenn der Kontakt dann hergestellt ist, geht es oft um die klassische Beratung. „Gerade Alleinerziehende, die vielleicht keine Großeltern in der Nähe haben, sind verunsichert, weil jeder im Bekanntenkreis ihnen etwas anderes rät“, weiß Gisela Obermeyer aus Erfahrung. Oft sind Regeln und Grenzen ein Thema. Andere haben vielleicht finanzielle Sorgen, Probleme in der Partnerschaft oder Schicksalsschläge zu verkraften.
In einigen Fällen geht es um Kinder, deren Entwicklung verzögert ist, so wie bei einem dreijährigen Kind, das einfache Anweisungen noch nicht versteht. Für dieses Kind wäre eine Integrationskraft sicher hilfreich, doch dazu muss das Kind erst einmal eine Diagnose vom Frühförderzentrum bekommen; erst dann kann die Integrationskraft beantragt werden. Ein langer Weg, bei dem Gisela Obermeyer und ihre Kolleginnen den Eltern zur Seite stehen. Umso mehr freut sie sich, dass mit ihrer Hilfe ein Kind mit Hörbehinderung nun eine Integrationskraft zur Seite gestellt bekommen hat. In diesem Fall hat sie auch schon den Kontakt zur Schule für Hörbehinderte in Frankenthal hergestellt.
Denn Vernetzung ist ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet der Kita Sozialraumarbeit. Die Caritas-Mitarbeiter kennen die richtigen Anlaufstellen, wenn sie selbst nicht direkt weiterhelfen können. Sie verweisen zum Beispiel an entsprechende Beratungsstellen im Caritas-Zentrum, die frühen Hilfen oder den sozialen Dienst des Jugendamtes. „Wir begleiten die Familien aber auch zu Arztterminen oder zum Jobcenter oder helfen Formulare auszufüllen. Wir sind ja für die ganze Familie da“, sagt Gisela Obermeyer.
Doch Kita-Sozialraumarbeit ist weit mehr als Hilfe bei Problemfällen. „Die Familien sollen in ihrem Sozialraum vernetzt werden. „Wir wollen sie ermutigen, einfach mal rauszugehen und zu gucken was es in ihrer Gegend so gibt“, sagt Naomi Amend. Dazu sind eigentlich auch Veranstaltungen für Familien, wie Familiennachmittage oder ein Elterncafé angedacht. Doch das ist pandemiebedingt noch nicht möglich.
Im Moment sind die Sozialpädagogen rein rechnerisch sechs Stunden pro Woche in jeder Einrichtung. In dieses Stundenkontingent fallen auch organisatorische Aufgaben und Teambesprechungen. Zurzeit sei das ausreichend, sagt Gisela Obermeyer, denn durch die Corona-Pandemie seien viele Veranstaltungen nicht möglich. „Wäre Corona nicht da, würden wir vielleicht über eine Stundenerhöhung nachdenken. Die Stadt Speyer hat das zumindest nicht ausgeschlossen“, versichert Naomi Amend.
Text: Dr. Christine Kraus
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