In der ganzen Stadt zuhause: Stadtkater Tarcin streift in Bad Dürkheim durch Geschäfte und Verwaltung
Von Cynthia Schröer
Bad Dürkheim. Er liegt in Geschäften auf Regalen, sitzt morgens vor Läden, wartet, bis sie aufmachen, und schläft in der Kreisverwaltung auf Schreibtischen und Kopierern: Kater "Tarcin" hat in Bad Dürkheim Sonderrechte und ist überall ein gerngesehener Gast. Er hat sich unter den Bad Dürkheimern längst einen Namen gemacht und ist in den sozialen Netzwerken eine Berühmtheit. Seine Streifzüge werden immer länger - einmal musste ihn seine Besitzerin sogar im 70 Kilometer entfernten Karlsruhe abholen. Angst, dass ihr Kater geklaut wird, hat sie allerdings nicht - aus einem bestimmten Grund.
Die Glastür ist noch geschlossen in dem Handyladen "MK-PhoneShop" in der Weinstraße Süd. Geduldig sitzt ein Kater mit rötlich-weißer Fellzeichnung auf dem Gehweg davor. Den Blick hat er stur auf den Innenraum gerichtet, als wollte er nur durch seine Gedanken die Tür öffnen. Das Geschäft öffnet seine Pforten um 9 Uhr. Endlich.
Mit einer provokanten Selbstverständlichkeit läuft der Kater schnurstracks hinein und sucht sich einen Platz in den Regalen. Macht sich zwischen den Paketen der integrierten Poststation breit. "Tarcin ist oft unser erster Kunde", berichtet Geschäftsführer Mesut Kacmaz. "Wir freuen uns über seine regelmäßigen Besuche. Er schlendert immer durch unsere Räumlichkeiten und wir verwöhnen ihn mit Leckerlis."
Dem benachbarten Tedi-Haushaltwarengeschäft hat der Kater auch schon Besuche abgestattet. "Das erste Mal hat er sich nur umgesehen. Beim zweiten Mal war es draußen stürmisch und regnerisch, da hat er sich ein gemütliches Schlafplätzchen gesucht und ein paar Stunden ein Nickerchen gehalten", erzählt eine Verkäuferin. "Meine Kollegin und ich waren entzückt, weil wir beide sehr tierlieb sind. Auch die Kunden waren sehr überrascht und amüsiert, wenn sie ihn an seinem Schlafplatz entdeckten. Er war ja nicht auf den ersten Blick zu erkennen." Zum Ladenschluss habe sie Tarcin zur Tür getragen, aber der wollte partout nicht gehen. "Er kam immer wieder rein und schaute mich fragend an, als wäre er empört. Als unsere Tür dann zu war, ging er wohl weiter zum Handyladen nebenan", erinnert sie sich.
Auch in einer hiesigen Drogerie wurde Tarcin schon gesichtet. Dort habe er besonders bei Kindern für großes Aufsehen gesorgt, heißt es in den sozialen Medien, wo er auch schon als "Marketingmieze" betitelt wird.
"Tarcin ist völlig furchtlos und zutraulich", erzählt seine Besitzerin Elvan Gülay. Der fünfjährige Kater lebt bei ihr, seit er acht Wochen alt ist. Sein Name Tarcin ist türkisch und bedeutet "Zimt" - passend zur Fellfarbe, erklärt sie. In seinem "richtigen" Zuhause beim Friseurladen ihrer Mutter Dilek Gülay mitten in der Stadt hatte er von Anfang an Freigang auf der Terrasse. Doch irgendwann reichte ihm das nicht mehr. Auch im Friseurladen wurde es ihm zu langweilig.
Im vergangenen Jahr weitete er dann sein "Revier" aus und streifte durch die Stadt. Bis er irgendwann bei der Kreisverwaltung ankam. Dort gehört er mittlerweile zum Team. "Er ist so goldig und total verschmust", schwärmt eine Mitarbeiterin. "Im Winter hat er jeden Tag bei uns im Büro gepennt." Bei höheren Temperaturen kommt der Kater nicht ganz so häufig vorbei.
"Als er mal einen Monat nicht bei der Kreisverwaltung vorbeigeschaut hat, haben mich die Mitarbeiter angerufen und gefragt, was los ist", erzählt Gülay. "Wir haben uns Sorgen gemacht und wollten wissen, ob es ihm gut geht", heißt es aus der Kreisverwaltung. Dort genießt er große Akzeptanz. Er benehme sich vorbildlich und melde sich, wenn er rausmuss. "Dann setzt er sich demonstrativ vor die Tür." Aber Tarcin sei auch sehr neugierig und inspiziere die Schränke ganz genau, wenn sie offenstehen.
"Für mich ist Tarcin ein Freigeist", sagt sie. "Morgens sitzt er oft auf der Grünfläche vor der Kreisverwaltung und beobachtet den Verkehr. Wenn er reinwill, stemmt er sich mit den Vorderpfoten ans Fenster und miaut, bis man ihn reinlässt."
Auch Stadtbürgermeisterin Natalie Bauernschmitt ist der Stadtkater bekannt. "Obwohl mir der kleine Vierbeiner bisher bei meinen Stadtspaziergängen noch nicht persönlich begegnet ist, habe ich bereits von ihm in den sozialen Medien gehört. Die Beliebtheit, die er genießt, ist offensichtlich und erfreulich", sagt sie.
"Inoffizielles Stadtmaskottchen"
Die Stadt Bad Dürkheim habe kein offizielles Maskottchen, aber generell finde sie die Idee eines inoffiziellen Maskottchens äußerst charmant, denn: "Tiere haben die einzigartige Fähigkeit, das Positive im Alltag hervorzuheben und uns von den oft ernsten Themen abzulenken. Es erfreut mich daher zu sehen und zu hören, welche Freude Tarcin den Menschen in Bad Dürkheim bereitet. Sollte ich den Kater bei einem meiner Spaziergänge erblicken, werde ich sicherlich auch ein Foto von ihm machen und es meinen Mitarbeitenden in der Verwaltung zeigen", sagt die Stadtchefin.
Einen ganzen Monat in Karlsruhe verschollen
"Der scheut sich vor nix", beschreibt Besitzerin Elvan Gülay den Charakter des Katers. "Er läuft Leuten hinterher und lässt sich von jedem streicheln." Eigentlich ist Tarcin aber auch vorsichtig: Er wählt seine Route mit Bedacht. So läuft er seltener an viel befahrenen Hauptstraßen entlang und bevorzugt ruhige Gassen. Doch seine Neugier lässt ihn auch nachlässig werden. So sprang er im Dezember einem Mann aus Karlsruhe unbemerkt in den Kofferraum, als dieser gerade seine Einkäufe ins Auto räumte. Der Mann bemerkte ihn erst, als er zu Hause den Kofferraum öffnete.
Die Sorge um Tarcin war groß, als er nicht wieder nach Hause kam. "Länger als ein paar Tage bleibt er nie weg", sagt seine Besitzerin. Auch wenn Tarcin gechippt und bei Tasso registriert ist, konnten seine Besitzer von Karlsruhe aus nicht ausfindig gemacht werden. Tarcins Berühmtheit war hier von großem Vorteil: Schließlich, nach knapp einem Monat, verbreitete sich die Nachricht über seinen Aufenthaltsort über Facebook und Gülay konnte den Ausreißer in Karlsruhe abholen.
Wer Tarcin klaut, bringt ihn freiwillig zurück
Angst, dass der zutrauliche Tarcin geklaut wird, hat Gülay übrigens nicht. "Der lässt sich nicht einsperren. Das haben wir mal versucht. Wenn er rauswill, miaut er so laut, dass es kracht. Wenn das nicht reicht, bricht er absichtlich alles voll - vor allem Teppiche. Wer den klaut, bringt ihn nach zwei Tagen wieder", sagt sie und lacht.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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