Kleiner Stich mit großer Wirkung - Der lange Weg zur Spritze
Piks
Von Franz-Walter Mappes
Coronavirus. Täglich hört man die Aufforderung, sich impfen zu lassen. Noch keine 50 Prozent der Bundesbevölkerung sind komplett geimpft, obwohl eine ausreichende Menge Impfstoff zur Verfügung steht. Mittlerweile gibt es jede Menge Angebote, sich auch außerhalb der Impfzentren impfen zu lassen, die zu Beginn der Pandemie mit viel Aufwand und Personal eingerichtet wurden. Sie sollen nun bald geschlossen werden. Wohl auch wegen der hohen Kosten. Ein Bericht über die langen Wege zum Piks.
Zack! Die Nadel sitzt. Ein kurzer Schmerz im linken Oberarm. Zisch! Das Vakzin breitet sich im Muskel aus. Ein Pflaster, ein tröstender Spruch, es ist vollendet.
Mit nur einer Impfdosis bin ich dabei. Janssen von Johnson & Johnson machts möglich. In 14 Tagen werde ich Mitglied der Postcoronagesellschaft sein. Gastronomie, Urlaub, alles wieder fast uneingeschränkt möglich. Alles ganz einfach. Oder? Nach Registrierung im April, Priorisierung und über zweimonatiger Wartezeit bin ich geimpft. Mit Johnson & Johnson habe ich sogar meinen „Wunschimpfstoff“ bekommen, denn mit nur einer Sitzung ist man durch. Auch wenn der Wirkungsgrad etwas schwächer als bei den Mitbewerbern sein soll, verspricht der Beipackzettel einen recht hohen Schutz vor schweren Verläufen der Krankheit.
Das Impfzentrum befindet sich in einem Gewerbegebiet etwas außerhalb der Stadt. Dort hat man eine riesige Halle mit hohem Aufwand für medizinische Zwecke umfunktioniert. Es sind ausreichend Parkplätze reserviert, auf denen bis zu zwei Stunden kostenfrei geparkt werden darf. Zwei Stunden! Wie lange wird das Prozedere denn eigentlich dauern?
Maske auf und durch. Am Eingang, der durch Einbahnstraßen geregelten Gehwege hin zur Halle, erwartet mich bei der Anmeldung ein Mitarbeiter eines Securitydienstleisters. Gelbe Weste, Tattoos, osteuropäischer Akzent. Freundlich registriert er mein Kommen mit einem rosa Marker auf der Namensliste.
Zweite Station im Schlingergang. Es wird Fieber gemessen. Die Mitarbeiterin, die unschwer an ihrem Outfit dem gleichen Securitydienstleister zugeordnet werden kann, die Fiebermesspistole an die Stirn. Peng! Meine Körpertemperatur liegt auch in der Mittagshitze im tolerierbaren Bereich.
Bei der nächsten Station gibt es ein Bändchen ans Handgelenk, das mir durch seine Farbe den weiteren Weg weisen soll. Ich folge also den gelben Pfeilen, die neben anderen Farben auf dem Boden angebracht sind, immer genau beobachtet von weiteren Gelbwesten, die in sicherer Distanz Wache stehen.
Bei der Anmeldung ziehe ich eine Nummer, durch die die Reihenfolge zur weiteren Bearbeitung der Schriftstücke geordnet werden soll. Bisher lief alles bestens und sehr zügig. Doch dann kommt es wie es bei der Überbürokratisierung zwangsläufig kommen muss. Es sind eben mehr Erfasser da als Impflinge. Hurtig werden die Nummern gedrückt und erscheinen auf einer von mehreren Anzeigetafeln. Nachdem meine Nummer angezeigt wird und ich mich auf den Weg zum zuständigen Bearbeiter mache, erscheint schon die nächste Nummer. Nun merkt man, dass der Job den Mitarbeitern nicht wirklich Spaß macht und es null Toleranz gibt. Doch es gibt ja Vorgesetzte und die regeln das. Schließlich bekommt ein Student die Aufgabe zugeteilt, die nötigen Unterlagen zu bearbeiten und wieder auszuhändigen. Große Lust scheint auch dieser junge Mann nicht zu haben. Er zeigt keinerlei Motivation und ist auch nicht in der Lage Auskünfte zu geben. Scheinbar will, kann oder darf er nicht, aber es geht anschließend wieder zügig voran.
Wieder folge ich den mir zugeordneten farbigen Markierungen bis zu einem weiteren Wartesaal. Dort haben zwei Ärzte ihre „Niederlassung“ geöffnet. Routinemäßig erfolgt die Aufnahme, es wird über Nebenwirkungen gesprochen, aber darüber habe ich mich im Vorfeld schon ausführlich informiert und halte mich mit Fragen vornehm zurück. Ich will nur noch raus. Zulange sitzt die Maske schon auf Nase und Mund.
Stempel ins Impfbuch, Unterschrift und es geht weiter.
Nun befinde ich mich im Herz des Impfzentrums. Vor mir eine ganze Reihe von durch Vorhänge abgeteilte Einzelkabinen. Nach einer kurzen Wartezeit geht es weiter, in eine der Kabinen. Die medizinische Fachkraft, so ist es auf dem Namensschild als Zusatz und Qualifikation zu lesen, desinfiziert nach einem kurzen Gespräch den linken Oberarm, zieht die Spritze auf und setzt sie an.
„Sie haben es gepackt, in vierzehn Tagen sind sie endgültig durch“. Das gibt Hoffnung auf ein einigermaßen normales Leben mit etwas weniger Angst vor Ansteckung.
Noch eine Viertelstunde warten mit ausreichend Abstand in einem sehr großen Raum, dann geht es zur Abmeldung. Ein paar nette Worte zum Abschluss und der Wunsch auf einen weiteren schönen Tag begleiten mich zur letzten Station.
Kurz vor dem Ausgang wird mir noch das Armbändchen entfernt. Freundlich verabschiedet mich der Mitarbeiter in seiner gelben Weste mit osteuropäischem Akzent in ein heißes Wochenende. mps
Autor:Franz-Walter Mappes aus Bad Dürkheim |
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