Interview der Woche
Chorleiter Hansjürgen Hoffmann
Von Markus Pacher
Neustadt. Er gilt als musikalischer Hansdampf in allen Gassen: Hansjürgen Hoffmann, der langjährige Leiter der ehemals europaweit berühmten „Pfälzer Weinkehlchen“, hat zeitweise sechs Chöre gleichzeitig geleitet und als langjähriger Vorsitzender des Förderkreises Neustadter Meistersingerkurse e.V. und des Stadtverbandes für Kultur unermüdlich die Fahne für ehrenamtliches Engagement in der Weinmetropole hochgehalten. Am Montag begeht der Vollblutmusiker im kleinen Kreis seiner Familie seinen 80. Geburtstag. Wir sprachen mit dem musikalischen Tausendsassa über sein spannendes Leben und seine beispiellose Karriere als „Hobbymusiker“.
??? Herr Hoffmann, herzlichen Glückwunsch zum 80. Geburtstag. Wie fühlen Sie sich?
Hansjürgen Hoffmann: Hervorragend. Ich fühle mich Gott sei Dank noch sehr fit. Mein hauseigenes Schwimmbad und der Pfälzerwald halten mich in Bewegung.
??? Und was macht die Musik? Sind Sie immer noch als Chorleiter unterwegs?
Hansjürgen Hoffmann: Vor fünf Jahren hatte ich alle meine Chöre, bis auf den Chor der Bezirksregierung, aufgegeben. Den leite ich bis zum heutigen Tag. Gewissermaßen als „Hobby“. Wir sind so um die 25 Leute. Als nächstes planen wir eine Chorfahrt nach Gotha und singen dort in der Augustinerkirche.
??? Den Chor der Bezirksregierung haben Sie im Jahre 1979, nach ihrem Wechsel von der Schule zur Behörde, gegründet. Wie kam es dazu?
Hansjürgen Hoffmann: Behördenchöre gibt es ja sehr wenige. Damals hatte mich der Regierungspräsident Hans Keller gefragt, ob ich Lust hätte, mich als Chorleiter zu betätigen. Diesen Wunsch nach erfüllte ich ihm sehr gerne. Der Zuspruch war in den Anfangsjahren sehr groß, da die Chorsänger während ihrer Dienstzeit proben durften, was sich später dann änderte.
??? Sie blicken auf eine 60-jährige Chorleitertätigkeit zurück. Zeitweise haben Sie sechs Chöre gleichzeitig geleitet. Was würden Sie rückblickend als absoluten Höhepunkt ihrer Tätigkeit als Chordirigent bezeichnen?
Hansjürgen Hoffmann: Da muss ich nicht lange überlegen. Das war ganz klar die Leitung der Weinkehlchen, die ich zehn Jahre lang von 1986 bis 1997 betreute und die damals ihre Blütezeit durchlebten. Zeitweise sangen über 100 Kinder im Chor. Unvergesslich bleiben für mich die internationalen Konzertreisen. Wir haben ganz Europa bereist, sind sogar bis nach China gekommen, haben zahlreiche Auftritte im Fernsehen und Rundfunk absolviert und etliche Platten produziert.
??? Wie haben Sie die Kinder auf die Konzerte vorbereitet?
Hansjürgen Hoffmann: Mit Hilfe der Eltern, die voll hinter dem Weinkehlchen-Projekt standen, habe ich dreiwöchige Ferienfreizeiten organisiert, in denen von morgens bis abends geübt wurde. Für diese Zeit bekam ich von der Bezirksregierung pro Jahr eine Woche Sonderurlaub. Neben den Eltern, von denen im Schnitt acht bis zehn Personen bei den Freizeiten dabei waren, hat mich meine Frau Maria, die als „Mutter der Weinkehlchen“ die Landesmedaille verliehen bekam, sehr unterstützt.
??? Überhaupt zählt die Organisation von Chorfahrten offensichtlich zu Ihren größten Leidenschaften.
Hansjürgen Hoffmann: Das kann man wohl sagen. Seit 1985 habe ich mit dem GV Gimmeldingen, den Pfälzer Weinkehlchen, dem Chor der Bezirksregierung und der Hoffmann-Chorgemeinschaft 79 Chorreisen organisiert, die mich und meine Sängerinnen und Sänger in fast alle Länder Europas und um die halbe Welt führten, darunter große Überseefahrten wie nach Kanada, USA, Südafrika, Thailand, Brasilien und Mexiko. Zu unseren Rekordreisen zählte eine Fahrt mit fünf Bussen und 140 Personen nach Rom zur Papst-Audienz. Natürlich sind die Chorfahrten immer mit zahlreichen Konzertauftritten verbunden, auf die wir uns ganz gezielt vorbereiten.
??? Was darf man unter der „Chorgemeinschaft Hoffmann“ verstehen?
Hansjürgen Hoffmann: Das ist ein loser Zusammenschluss von etwa 100 Sängerinnen und Sänger, allesamt aktive oder ehemalige Mitglieder meiner verschiedenen Chöre, die ich jedes Jahr zu einer Chorfahrt einlade. Im Schnitt melden sich so um die vierzig Leute an. Unsere erste Fahrt führte uns vor über zwanzig Jahren nach Israel.
??? Hatten Sie als junger Mann nie mit dem Gedanken gespielt, Musik zu studieren?
Hansjürgen Hoffmann: In der Schule waren Mathe und Physik meine Leistungsfächer, die ich dann auch später als Lehrer unterrichtete. Gleichzeitig besuchte ich musikwissenschaftliche Vorlesungen. Aber die Musik war immer nur ein Hobby und sollte auch immer ein Hobby bleiben, obgleich ich seit meiner Kindheit intensiv musizierte, im Knabenchor sang, Cello spielte und schon in sehr jungen Jahren den Taktstock schwang. So leitete ich zu Beginn meiner Lehrerlaufbahn an der Realschule in Speyer den Schulchor und die Big Band.
??? Und mit diesem Hobby haben Sie es sehr weit gebracht, wie die Prominentenliste ihrer musikalischen Gäste eindeutig belegt.
Hansjürgen Hoffmann: Ja, im Zuge meiner Chorarbeit mit dem GV Gimmeldingen und den Weinkehlchen ist es mir gelungen, bedeutende internationale Gesangsstars wie José Carreras, Ivan Rebroff oder Monteserrat Caballé nach Neustadt zu holen.
??? Worin liegt das Geheimrezept ihrer Beliebtheit als Chorleiter?
Hansjürgen Hoffmann: Bei meiner musikalischen Arbeit lege ich großen Wert auf eine klare Artikulation und die dynamische Gestaltung. Und vielleicht ist es meine lebhafte und leidenschaftliche Art, mit der ich versuche, meine Begeisterung für die Musik auf die Sängerinnen und Sänger zu übertragen. Ich glaube, das gelingt mir ganz gut.
??? Apropos Begeisterung. Die hat ja offensichtlich in Sachen Chorgesang in den letzten Jahren bei der Bevölkerung sehr stark nachgelassen. Von einem allgemeinen Chorsterben ist häufig die Rede. Was sind ihrer Ansicht nach die Ursachen?
Hansjürgen Hoffmann: Es fehlt schlichtweg an Nachwuchs. Es gibt zu wenig Chorleiter. Die jungen Leute wollen sich nicht mehr fest verpflichten. Außerdem ist das Angebot an Ablenkungsmöglichkeiten bei der Jugend, siehe Smartphone, sehr viel größer als früher.
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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