Im Schwarzwald erlebt man eine wilde, grüne Welt voller Wunder
Alternative in diesen Zeiten: Takt der Natur
Region. Die Luft am frühen Morgen ist angenehm kühl, klar, frisch und rein. Auf Blättern und Nadeln perlen noch Regentropfen der Nacht. Ranger Florian Hofmann wandert mit Besuchern auch auf dem Wildnispfad unweit der Bühlerhöhe durch den Wald im Nationalpark Schwarzwald. Aber was heißt hier schon wandern: Besucher klettern dabei durchaus auch über liegende Baumstämme, kraxeln durch ein ausgetrocknetes Bachbett, überwinden umgefallene Bäume über Treppenleitern und lauschen dem Gesang der Buchfinken und Meisen. Kurzum: Hier kann man den Wald fühlen, riechen und schmecken!
Dabei ist es ein Erlebnis gewissermaßen vor der Haustüre, denn man steigt mitten in der Fußgängerzone in Karlsruhe in die Straßenbahn - und fährt bequem in den Schwarzwald. Nach Definition gehört die Stadt am Rhein übrigens schon so gut wie zum Schwarzwald. Je nach Blickwinkel fängt der Schwarzwald in Karlsruhe an, andere sagen, "hinter Karlsruhe". Aber das ist letztlich egal, denn der Schwarzwald gehört einfach zum Leben hier dazu, ist Naherholungsgebiet, Aufenthaltsort, Natur pur, Erholungsort - und auf alle Fälle ein Fleckchen Erde, das man erleben sollte.
Waldwunder-Welt im Kleinen
Rein ins vergnügen: Das Moos auf dem Totholz ist weich, und wenn man genau hinschaut, entdeckt man auf den umgefallenen Stämmen eine Waldwelt im Kleinen: mit Wiesen von Flechten, Zunderpilz-Felsen und Miniatur-Tannenbäumen zum Beispiel, die hier dem Sonnenlicht immerhin einen Meter näher sind. Hofmann erklärt, dass der Baumkindergarten auch über dem Boden gute Chancen hat, denn irgendwann fallen die toten Stämme in sich zusammen. So erlebt man im wilden Wald bei Baden-Baden nicht nur, wie lebendig Natur ist, sondern auch, wie nah Werden und Vergehen beieinanderliegen können.
Ein neues Nationalparkzentrum
Der Nationalpark Schwarzwald ist der einzige Nationalpark in Baden-Württemberg, und er gehört zu den jüngsten in Deutschland, eröffnet nach vielem Pro und einigem Contra Anfang 2014. Etwa 100 Quadratkilometer ist er groß: Wälder, Moore, Bergheiden und Seen – verteilt auf zwei Gebiete rund um den Hohen Ochsenkopf und den Plättig sowie weiter südlich am Ruhestein, wo es auch ein Nationalparkzentrum gibt. Im Frühjahr 2021 wird dort an einem Hang das neue Besucherzentrum (das "Wochenblatt Karlsruhe" berichtete) für Besucher geöffnet, ein ziemlich spektakulärer Bau, von außen wie innen. Vom Foyer dieses ganz modernen Gebäudes mit seinen übereinander liegenden Riegeln führt dann ein Skywalk über die Kronen der tiefer stehenden Bäume. Im Zentrum selbst wird die neue multimediale Dauerausstellung „wild werdender Wald“ gezeigt.
Ein anderer Lebenstakt in der Natur
In der Kernzone des Nationalparks darf die Natur sprichwörtlich Natur sein – Eingriffe sind nur jetzt, in den Anfangsjahren, hier und da noch erlaubt. Wichtigste Regel für Besucher: keine Spuren hinterlassen! Man muss auf den Wegen bleiben, aber am Plättig schlängelt sich der Pfad ohnehin mitten durchs Dickicht – so ist man nah dran am wilden Wald. Die Sonne wirft helle Flecken durchs grüne Dach. In ihnen tanzen kleine, dunkle Blätterschatten. Und der Wald legt sich bald wie ein Schutzmantel um seine Besucher. Man ist wirklich mal weg von Sorgen und Lärm, Job und To-do-Listen, in einer Welt, die einen ganz anderen Lebenstakt hat.
Seltene Spechte und Käuze
Wer das alles intensiv erleben möchte, der geht am besten mit einem Ranger wie Hofmann auf Tour, denn es gibt regelmäßig Touren und Veranstaltungen. Die Ranger machen Besucher dabei auf viele kleine Details aufmerksam: Zwischen den Fingern zerriebene Tannennadeln duften zart nach Orange, die Nadeln der Fichte eher nach Zitrone. Besucher können den sehr sauren Sauerklee probieren, spähen durchs Fernglas hinauf zu einer Schwarzspechthöhle oder beobachten die Fraßmuster des achtzähnigen Buchdruckerkäfers auf der Innenseite einer Rinde. Der Nationalpark ist dazu Heimat unter anderem für den Baummarder, den Dreizehenspecht, Sperlingskauz und Raufußkauz sowie Tannenhäher, Fichtenkreuzschnabel und viele seltene Insekten- sowie Pflanzenarten.
Der Wald schenkt Ruhe
Es ist ein Eintauchen in einen anderen Takt, fernab von Hektik - durchaus auch eine Art Jungbrunnen für die Seele. Gerüche, Geräuche, visuelle Reize: All das hat mit dem, "normalen" Alltag wohl kaum viel gemein! Wer hier unterwegs ist, der folgt einem anderen Takt, der nimmt andere Dinge wahr - entschleunigt sichtbar! Nach Ruhe sehnen sich viele in diesen Zeiten - und in den Wäldern der Region findet man diese. Zudem sind auch nicht Massen unterwegs, man ist in diesen Zeiten durchaus mit Abstand unterwegs. Denn zu Gesicht bekommt man die besonderen Waldbewohner auch eher selten, nur Spuren vom Rotwild sind im feuchten Waldboden zu sehen, zeigt der Ranger.
Aber die wichtigste Entdeckung in diesem urtümlichen Wald ist ja auch ohnehin eine andere. Es geht nicht darum, was man sieht oder nicht sieht. Nicht darum, was man im Wald macht, sondern eher, was der Wald mit einem macht. Er hat keine Eile. Er hat Zeit, schenkt Ruhe und Gelassenheit. Man kann davon sogar etwas auf Vorrat mitnehmen, wenn man nach ein paar Stunden wieder hinaus ins grelle Sonnenlicht des Sommers tritt.
Infos gibt's natürlich in den Tourismusbüros der Region, den Rathäusern und Ortsverwaltungen, www.nationalpark-schwarzwald.de
Autor:Jo Wagner |
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