Vor 150 Jahren ist Prof. August Naegle geboren
In Memoriam
Annweiler. Eine Stadt wird geprägt durch ihre Bürger, gemessen an deren besonderen Leistungen und Lebenswerken, die in einer Stadt unverkennbare Spuren hinterlassen haben. Zu bestimmten Jahrestagen, die den Lebensweg solcher Bürger kennzeichnen, erinnert man sich derer über den Tod hinaus. Die Zeit ließ diese Bürger zu Persönlichkeiten werden. So jährt sich dieses Jahr am 28. Juli der 150. Geburtstag von August Naegle, der im Jahre 1869 das Licht der Welt in Annweiler erblickt hat. In unserer schnelllebigen Zeit geraten die Namen dieser Bürger oft in Vergessenheit. Die Namensgebung von Örtlichkeiten oder die Kennzeichnung derselben mittels Gedenktafeln halten die Erinnerung an diese Personen wach.
In der Trifelsstadt Annweiler erinnert eine Namensbezeichnung „Professor Naegle-Platz“, an eine Persönlichkeit, an einen großen Theologen und Religionswissenschaftler, dessen Elternhaus einst dort vorzufinden war. Naegle war das erste Kind von dreien der Lehrerfamilie. Der Vater Thomas Naegle, Hauptlehrer an der hies. Volksschule, war mit Josephine geb. Schmitt aus Edesheim verheiratet. Im Kindesalter von vier Jahren erhielt der Sohn August bereits Unterricht von seinem Vater. Mit sechs Jahren entsprach der Bildungsstand August Naegle dem, eines Schülers, der die vierte Klasse Volksschule besuchte, in die er schließlich auch eingeschult worden ist. Nach Beendigung derselben wurde er Schüler der Lateinschule Annweiler, beendete diese mit der Note 1. Das Bischöfliche Konvikt in Speyer besuchte er seit 1.10.1883 und legte dort seine Reifeprüfung im August 1887 ab. Vom Militärdienst beim 1. Bayer.Inf.Regt. befreit, schrieb Naegle sich 1887 im Wintersemester zum Studium der Theologie zunächst an der Universität München, nach einem Jahr an der Universität in Würzburg ein, um an den Vorlesungen der damals bedeutenden katholischen Theologen Hettinger und Schell teilzunehmen.
In seinen Aufzeichnungen zur Studentenzeit schreibt Naegle, dass er allen Anforderungen gerecht worden sei, dies gepaart mit dem Streben studentischen Frohsinns, was sicherlich seiner pfälzischen Herkunft zuzurechnen war. Dies zeigte sich auch später in seiner seelsorgerischen Tätigkeit als Kaplan in Retzbach (Unterfranken) und im pfälzischen Ort Weyher. Naegle hatte am 17. April 1891 die Weihe als Subdiakon, am 7. August des gleichen Jahres die Diakonsweihe erhalten. Die Priesterweihe erteilte ihm Bischof Dr. Josef Georg von Ehrler, Speyer, am 25. November 1891. Seine Primiz feierte der Neupriester am 1. Dezember 1891 in seiner Heimatkirche in Annweiler. Als Kaplan in Weyher tätig, unterlagen seine Predigen der Bewertung des Bischöflichen Ordinariats Speyer, die er dort vorlegen musste. Aus einer Beurteilung vom 2. März 1899 ist folgendes zu entnehmen.
Zitat: „Die dogmatische Haltung im Allgemeinen und die Wahl vorzüglich dogmatischer Themata, sowie die Art und Weise, wie Sie die verschiedenen über die Gottheit Christi gehaltenen Predigen mit den Pericopen und dem Kirchenjahr durch die Wortsuche, deren Benützung in Zusammenhang bringen, erkennen wir achtungsvoll an. Auch gelingt es Ihnen öfter, in nicht gemeinfasslicher Weise an Ihre Zuhörer sich zu wenden. Im Allgemeinen erscheinen jedoch die Vorträge für Ihre Zuhörerschaft zu hoch, sowohl was die Fülle des biblischen und kirchengeschichtlichen Stoffes, was den Gebrauch der Ausdrücke und Wendungen anbelangt, die nicht selten zu wissenschaftlich oder zu literarisch sind......weiter:
Da Ihre Predigten großen Seeleneifer und angelegentlichen Drang offenbaren, Ihre Zuhörer im Glauben zu belehren, sowie zum Leben nach dem Glauben anzutreiben, so vertrauen wir diesem Eifer, dass Sie auch nach und nach die für das Volk fassliche und anregende Predigtweise sich aneignen werden.“ Gez.: PEIFFER Vic.gen.
Hier deutet sich bereits an, dass Naegle eine seelsorgerische Tätigkeit als Kaplan, bzw. als Pfarrer einer Gemeinde nicht ausfüllen, sondern sein Weg zur Hochschule führen wird. Noch ist er in Weyher tätig, als am 31. Juli 1899 ihn eine weitere schriftliche Beurteilung seiner Predigten durch das Bischöfliche Ordinariat, eine Rüge, erreicht, gerichtet an Herrn Kaplan Dr. Naegle.
Zitat: „ Ihre sechs Predigten aus dem 1. Quartal laufenden Jahres leiten wir in der Anlage mit dem Bemerken zurück, dass dieselben nach Form und Inhalt uns wohl befriedigt haben. Nur in der ersten Predigt ist Ihr Styl weniger sorgfältig. Ausdrücke wie “Besprechung der Predigt beim Nachmittagsschoppen“, Versammlungsort aller Klatschbasen“, oder „...in der Kirche Winterschlaf halten „ können auch für eine Dorfkanzel nicht gebilligt werden.“
Gez. PFEIFFER Vic.gen.
Scheinbar trug der Pfälzer August Naegle sein „Herz auf der Zunge“ wie man dies landläufig so bezeichnet und seine Zuhörer dürften mit Sicherheit bei den Predigten das verstanden haben, was er damit zum Ausdruck bringen wollte. Bereits in dieser Zeit dürfte Naegle sich auf ein weiteres theologisches Doktorexamen vorbereitet haben und verfasste seine Promotionsschrift „Die Eucharistielehre bei Johannes Chrysotomus“. Sein Examen bestand er in Würzburg mit Auszeichnung.
Zitat: „ Es sei im hohen Maße wünschenswert, dass der Geprüfte der akademischen Berufstätigkeit zugeführt werde, wo sein Wissen und Können die entsprechende Verwendung finden könnte“, war die Bewertung der Fakultät. Schließlich führte ihn sein Weg auch in diese Richtung, als außerordentlicher Professor für Kirchengeschichte und Patrologie nach Passau, als Ordinarius in der gleichen Disziplin an die theologische Fakultät der ältesten deutschen Universität, an die Karl-Ferdinands-Universität in Prag. Als dreifacher Doktor, mehrmaliger Dekan und Rektor der Karl-Ferdinands-Universität wirkte er fast drei Jahrzehnte lang an dieser Stätte. Die politischen Verhältnisse nötigten ihn für das Deutschtum in Böhmen, für seine Studenten, für dreieinhalb Millionen Sudetendeutschen auch auf die politische Bühne zu treten. Als Vertreter der deutschen Interessenverbände war er 1930 der Gegenkandidat zu Masaryk bei der zweiten Wahl für das Amt des Staatspräsidenten der Tschechoslowakei. Für sein mutiges, unerschrockenes Auftreten bei den Verhandlungen um das Universitätsgesetz mit dem die neue tschechische Staatsregierung die Rechte der deutschen Universität einschränken wollte, erhielt er den Ehrennamen „Eiserne Magnifizenz“. In Prag am 13. Oktober 1932 verstorben, dort auf dem Friedhof Smichow bestattet, wurden die sterblichen Überreste am 2. März 1936 nach Annweiler überführt und fanden am 4. März auf dem Bergfriedhof Annweiler im Familiengrab die letzte Ruhestätte.
Ein Ehrengrab auf dem Bergfriedhof Annweiler erinnert gegenwärtig an den großen Theologen, Kirchenhistoriker und Professor, Dr., Dr. theol. et. phil. August Naegle über seinen Tod hinaus. fy
Autor:Jürgen Bender aus Annweiler |
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