Stadtverwaltung für 145 Dienstleistungen zuständig
Digitalstaatssekretär besucht OZG-Modellkommune Viernheim
Viernheim. Im Rahmen seiner Sommerreise besuchte Hessens Staatssekretär Patrick Burghardt die Stadt Viernheim. Thema war der aktuelle Stand zur Verwaltungsdigitalisierung im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (OZG).
Viernheim wurde im Jahr 2020 als federführende Stadt im Rahmen der Interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ) mit der Stadt Bensheim, dem Landkreis Bergstraße und der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH eine von 15 OZG-Modellkommunen in Hessen und erhielt zur Umsetzung eine Förderung in Höhe von 130.000 Euro.
„Ich möchte den Austausch nutzen, um zu erfahren, was gut läuft oder wo es noch Optimierungsbedarf gibt und Land und Bund noch besser unterstützen können“, so der CIO des Landes Hessen und aktueller Vorsitzender des IT-Planungsrates bei der Gesprächsrunde im Rathaus gemeinsam mit Bürgermeister Matthias Baaß und Ersten Stadtrat Jörg Scheidel sowie den für die Umsetzung verantwortlichen Mitarbeitenden vom Hauptamt. Begleitet wurde Burghardt von der Referatsleiterin für Grundsatzangelegenheiten Janna Melzer. Ebenfalls vertreten war die Stadt Bensheim mit Bürgermeisterin Christine Klein und Tanja Hossner vom Team Steuerungsunterstützung.
Zu Beginn des Prozesses des im Jahr 2017 in Kraft getretenen Onlinezugangsgesetzes wurden bundesweit 575 Verwaltungsdienstleistungen definiert, die es zu digitalisieren und anzubieten gilt. Im sogenannten hessischen OZG-Umsetzungskatalog sind alle Dienstleistungen aufgeführt, für die die Kommunen zuständig sind. Hauptamtsleiter Philipp Haas informierte den Gast aus Wiesbaden über die kommunalen Dienstleistungen, die bereits digitalisiert werden konnten und gab einen Einblick in die Vorgehensweise von Seiten der Stadt Viernheim.
Stadtverwaltung für 145 Dienst- leistungen zuständig
Die Prüfung des Katalogs mit den Fachämtern, welche Dienstleistungen und Prozesse von der Stadt Viernheim erbracht werden und im Rahmen des OZG umzusetzen sind, sei ein erster wichtiger Schritt gewesen, berichtet Haas. Die insgesamt 145 Dienstleistungen wurden im Vorfeld mit den Fachämtern abgestimmt und anschließend sukzessive umgesetzt, was einen hohen Zeitanteil in Anspruch nahm. „61 Prozent, also 88 Dienstleistungen, konnten bereits realisiert werden“ so Haas. Weitere sieben befänden sich derzeit in der Umsetzung. Für mehr als 40 Prozesse gebe es noch keine Lösung in der einheitlichen Digitalisierungsplattform Civento.
Bei den restlichen ausstehenden Prozessen ist eine Umsetzung laut der Fachämter nicht sinnvoll, da die Dienstleistung nur sehr selten oder überhaupt nicht nachgefragt würde. Trotz Digitalisierung behält die Stadt Viernheim weiterhin auch die Bürger im Blick, die keinen Zugang zur digitalen Welt haben und bietet parallel den Service analog an. „Sollte es zu einem späteren Zeitpunkt soweit sein, dass alle Dienste nur noch digital in Anspruch genommen werden können, müssen wir andere Möglichkeiten schaffen, zum Beispiel in Form eines eigenen Bürgerservices“, betont Bürgermeister Matthias Baaß.
Als positives Beispiel eines digitalisierten Prozesses führte Haas die Urkundenanforderung im Standesamt an, auf den die-Bürger über einen Online-Dienst auf der Homepage der Stadt Viernheim zugreifen und über eine Verlinkung auf den angepassten Civento-Prozess der ekom21 alles online erledigen können, angefangen vom Ausfüllen des Formulars bis zur Bezahlung per Kreditkarte oder Paypal oder Vorkasse. Die Sachbearbeitung erledigt sodann den Antrag ebenfalls digital und versendet die Urkunde zum Schluss per Post.
BundID – ein zentrales Konto für alle Online-Anträge
Dass etliche Online-Anträge derzeit noch mit dem manuellen Versand enden würden, das heißt, der Antragstellende erhält am Ende des Prozesses eine Bescheinigung beziehungsweise Urkunde als Nachweis über den Postweg, sei im Moment noch gängige Praxis, berichtet Haas. Daher sei ein wesentlicher Baustein für eine flächendeckende Umsetzung des OZG das Bundesportal BundID, ein zentrales Konto, bei dem Bürger bei der Nutzung eines Onlinedienstes die Möglichkeit haben, sich sicher zu identifizieren und authentifizieren, sodass auch die Bescheide rechtskräftig im Postfach zugestellt werden können. Wichtig wäre außerdem, dass die digitalen Dokumente beziehungsweise Urkunden in einem weiteren Schritt auch bei anderen Behörden im Rahmen eines Antrags wiederverwendet werden könnten. Damit sei es der Kommune möglich, einen Prozess vollumfänglich digital abzuschließen und der Mehrwert im Rahmen von OZG für die Sachbearbeitung umso höher.
Neben dem eigenen Vorgehen bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in Viernheim informierte Hauptamtsleiter Haas abschließend zum aktuellen Stand im Rahmen der IKZ mit Bensheim, dem Kreis Bergstraße und der Metropolregion Rhein-Neckar, bei der die Schwerpunkte auf den digitalen Planungs- und Genehmigungsprozessen beim Bauen und in der Bauleitplanung sowie im öffentlichen Straßenraum, der Sichtbarkeit des Ehrenamtes in der Region sowie der Weiterbildung von Mitarbeitenden über eine gemeinsame digitale Plattform liegen.
Einig waren sich alle Anwesenden darüber, dass die Umsetzung des OZG alle Kommunen sowohl finanziell als auch personell vor große Herausforderungen stellt und der Aufwand, der hierfür innerhalb einer ganzen Verwaltung betrieben würde, nicht zu unterschätzen sei. Daher sei es auch umso wichtiger, dass die Politik die entsprechende Rückendeckung biete. Vor allem kleinere Kommunen, die noch nicht soweit sind, dürften bei dem Digitalisierungsprozess nicht auf der Strecke bleiben. „Daher ist es für uns als größte Stadt im Kreis Bergstraße auch selbstverständlich gewesen, Nachbargemeinden von den Erfahrungen profitieren zu lassen“, so Bürgermeisterin Klein. Denn Bensheim hatte sich mit Zwingenberg, Einhausen, Lautertal und Lorsch zusammengetan und Unterstützung angeboten, was auch dankend angenommen wurde und nun zu einer Zusammenarbeit mit gemeinsamen Personal der vier Gemeinden geführt hat.
„Ich bin begeistert, wie sich die Kommunen gemeinsam mit dem Landkreis und auch mit der Metropolregion bundesländerübergreifend auf besondere Weise in der kommunalen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes einbringen. Mit vielfältigen Vorhaben werden neben eigenen Projekten auch Best Practice-Beispiele aus anderen Behörden nachgenutzt und in Südhessen in die Fläche gebracht. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden und die Kommunen wirken hier zusätzlich als Multiplikatoren für andere“, fasst Digitalstaatssekretär Patrick Burghardt seinen Eindruck zusammen und bedankt sich ausdrücklich bei allen Beteiligten für den offenen und regen Austausch. hät/red
Autor:Kristin Hätterich aus Mannheim |
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