Bürgerschaftliches Engagement
Mit „Viernheimer Vermächtnis“ Spuren in Heimat hinterlassen
Viernheim. Kaum jemand befasst sich gerne mit der eigenen Endlichkeit. Aber zu wissen, dass man darüber hinaus für viele Menschen etwas Gutes bewirken kann, ist ein schöner Gedanke. Doch wie kann das eigene Vermögen über den Tod hinaus wirksam in der Heimatstadt sein und dauerhaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden? Möglichkeiten zeigt hier die Initiative „Viernheimer Vermächtnis“ auf: Potentielle Gönner und Erblasser spenden zu Gunsten Viernheimer Vereinen und Organisationen und können somit etwas Gutes für das Gemeinwesen tun.
Menschen, die keine Erben haben, spenden oftmals ihr gesamtes Vermögen an national oder international tätige Organisationen. Liegt kein schriftlich dokumentierter „Letzter Wille“ vor und gibt es keine erbberechtigten Angehörigen, fällt das Vermögen an den Staatshaushalt. „Wir wollen den Menschen, die keine erbberechtigten Angehörigen haben, aufzeigen, welche sinnvollen Möglichkeiten es gibt, das Geld in Viernheim zu lassen“, erklärt Bürgermeister Matthias Baaß gemeinsam mit den Initiatoren aus Viernheimer Organisationen im Rahmen einer Pressekonferenz.
Mit der Initiative soll gezielt die Aufmerksamkeit auf die vielen Vereine und Organisationen in Viernheim gelenkt werden, die sich mit ihrem ehrenamtlichen Engagement für das Gemeinwohl der Bürgerinnen und Bürger einsetzen und von Schenkungen oder Erbschaften profitieren würden. „Wir möchten niemandem vorschreiben, wohin das eigene Erbe gehen soll, aber wir möchten für solche Möglichkeiten in Viernheim ein Bewusstsein schaffen und diese aufzeigen“, so Baaß.
Entstanden ist die Idee für ein „Viernheimer Vermächtnis“ noch vor der Pandemie im Vereinsfrühschoppen. Unter der Leitung von Harald Hofmann (Abteilung Bürgerengagement im Amt für Kultur, Bildung und Soziales) bildete sich eine Arbeitsgruppe, der Peter Lichtenthäler (Geschäftsstelle Arbeiterwohlfahrt), Georg Schmitz (Vorsitzender Musik³), Manfred Weidner (Vorstand FOCUS e. V.), Anja Kirchner und Bernd Schafhaupt (beide Bürgerstiftung) sowie Ulrike Martin angehören. Gemeinsam wurden Möglichkeiten für Erbschaftsspenden erarbeitet und überlegt, wie die Bürgerschaft darauf aufmerksam gemacht werden kann. Zur Seite stand dabei das bundesweite Netzwerk „Engagierte Stadt“, dem die Stadt Viernheim im Juli 2020 mit dem Projekt „Viernheimer Vermächtnis“ beigetreten ist und mit der Stadt Rösrath in Nordrhein-Westfalen als Engagierte Stadt-Experten einen kompetenten Tandempartner in Sachen „Fundraising“ erhielt.
„Zu Beginn dachten wir an eine Homepage eigens für diesen Zweck, doch das hat sich im Nachhinein nicht als praktikabel erwiesen, wie auch die Kollegin aus Rösrath dann bestätigte“, berichtet Harald Hofmann. Daher habe sich die Arbeitsgruppe auf die intensive Werbung in den einzelnen Vereinen sowie die Erstellung eines Flyers konzentriert, der nun auch bei allen Anwälten, Ärzten, Bestattungsunternehmen und öffentlichen Stellen ausliegt. „Der Flyer soll lediglich darüber informieren und potenziellen Spendern, die keine Nachlassempfänger haben, aufzeigen, dass es in Viernheim einen Bedarf gäbe“, so Hofmann. Einen Spender gab es sogar bereits, der jedoch anonym bleiben möchte, teilt Hofmann gleichzeitig mit.
Und so macht die Broschüre auf die Vielfältigkeit der Viernheimer Vereinslandschaft aufmerksam und wie jede Person eine Organisation finden kann, die sich im jeweiligen ganz persönlichen Sinn für das Gemeinwohl engagiert. Und die Auswahl mit rund 200 Einrichtungen, in der sich um die 14 000 Ehrenamtliche engagieren, ist groß. Das Angebot reicht von gemeinnützigen Vereinen über Selbsthilfegruppen bis hin zu projektbezogenen Gemeinschaften sowie zu der Bürgerstiftung Viernheim. Kultur und Bildung, Sport und Gesundheit sowie die kommunale Entwicklungszusammenarbeit mit der Gemeinde Silly in Afrika und vielfältigste Freizeitbeschäftigungen stehen auf ihrer Agenda. Und alle haben eines gemeinsam: Ihre Mitglieder setzen sich mit viel Herzblut und Idealismus für die Interessen ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger ein. Und das gelingt ihnen ohne kostenintensive Infrastruktur und ohne oder mit nur geringen Personalkosten.
Für Spender bedeutet das: Ihre Zuwendung kommt direkt dem jeweiligen Projekt zugute und versickert nicht in aufwändigen Verwaltungsapparaten, wie es bei landesweiten oder gar internationalen Einrichtungen unter Umständen der Fall ist. Auch die Stadt Viernheim erhält nichts von den Spenden und stellt hier nur den organisatorischen Rahmen, betont das Stadtoberhaupt ausdrücklich.
Erste Ansprechpartnerin für ein beratendes Gespräch der Initiative „Viernheimer Vermächtnis“ ist Anja Kirchner, Vorsitzende der Bürgerstiftung Viernheim. „Da es sich in Sachen Nachlass oftmals um ältere Menschen handelt war es uns wichtig, auch eine telefonische Kontaktaufnahme zu ermöglichen“, so Kirchner, die gleichzeitig darauf hinweist, dass es sich lediglich um ein Informationsgespräch handelt und nicht um eine juristische Beratung, „dazu sind wir nicht berechtigt“.
Daher sei es für erbschaftsrechtliche Fragen wichtig, in jedem Fall einen Notar hinzuzuziehen, damit der letzte Wille im jeweiligen Sinne umgesetzt wird. Fakt sei aber, dass jede Person alleine entscheide, wer was erhalten soll. Zum einen gibt es die Möglichkeit, die Erbschaftsspende ganz gezielt einem bestimmten Verein oder zweckgebunden einem gemeinnützigen Projekt zukommen zu lassen.
Wer keine konkreten Vorstellungen hat und trotzdem sein Geld sinnvoll investiert wissen will, wendet sich an die Bürgerstiftung, die mit den Zinserträgen des Stiftungsvermögens bereits seit 2007 viele Projekte in Viernheim fördert und unterstützt.
Weitere Informationen, den Flyer „Viernheimer Vermächtnis“ sowie das Vereinsverzeichnis gibt es auf der städtischen Homepage unter www.viernheim.de/viernheimer-vermächtnis. Für eine Beratung steht Anja Kirchner von der Bürgerstiftung telefonisch unter 06204 91 32 16 oder per E-Mail unter info@buergerstiftung-viernheim.de zur Verfügung. ps
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.