Regierungspräsidentin Sylvia Felder übergab Anerkennungspreis
Wiesental – einer der Sieger des Wettbewerbs „Heimatmuseum hat Zukunft“
Wiesental gehört zu den vier Siegern in Nordbaden! Mit dem erlesenen Gebäudeensemble im Klosterhof der UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt werde den Feierlichkeiten 2019 ein würdiger Rahmen verliehen, betonte Regierungspräsidentin Sylvia Felder in Maulbronn, wo sie an die Vertreter des Heimatvereins Wiesental und der Stadt Waghäusel den „Anerkennungspreis 2019“ aushändigte.
Nach dem Grußwort von Bürgermeister Andreas Felchle und der musikalischen Umrahmung mit der neunjährigen Marie Scheffel, „Wunderkind“ und Jugend-Musikbotschafterin der Stadt Maulbronn, und der Ansprache der Vorsitzenden der Jury, Brigitte Heck, wurden die Gewinner des Wettbewerbs „Heimatmuseum hat Zukunft“ mit Preisen, Urkunden und Händedruck ausgezeichnet und deren Leistung gewürdigt.
Den Hauptpreis des Wettbewerbs „Heimatmuseum hat Zukunft“, der alle vier Jahre vergeben wird, erhielt das Museum Geiserschmiede Bühlertal. Besondere Anerkennungspreise in Höhe von jeweils 1.500 Euro bekamen das Hardtmuseum Durmersheim, das Heimatmuseum Appeleshof in Gechingen und das Museum im alten Rathaus in Wiesental.
Aus dem Waghäuseler Stadtteil waren viele strahlende Gewinner in die Maulbronner Stadthalle gekommen: Vorsitzender Peter Hiltwein, Stellvertreter Bernd Machauer, Vorstandsmitglied Irena Schmidhuber, die ehemaligen Vorsitzenden Hugo Mahl, Gilbert Roth und Ralf Rothhardt, jeweils mit Ehepartner. OB-Stellvertreterin Krimhilde Rolli vertrat den Oberbürgermeister und die Verwaltung und freute sich mit allen anderen Teilnehmern über die hohe Auszeichnung.
Nach drei Jahrzehnten ehrenamtlicher Tätigkeit hat jetzt der Heimatverein die verdiente Würdigung seiner bisherigen Arbeit erfahren - und dazu viel Lob für ein, wie es heißt, hervorragend ausgestattetes und vorbildlich geführtes Museum. Denn die Wiesentaler Heimatfreunde haben die vier Stockwerke mit großem Idealismus ausgestattet und mit viel Fachkenntnis und Liebe zum Detail eingerichtet.
Der Preis ist auch ein Geburtstagsgeschenk: Denn das Heimatmuseum gibt es seit genau 30 Jahren. Zuvor diente das markante Gebäude fast 100 Jahre lang als Rathaus. Nach der Gemeindefusion und dem Neubau eines Verwaltungszentrums im kleinsten Ortsteil bekam der Heimatverein die Räumlichkeiten von der Stadt für ein Museum zur Verfügung gestellt.
Tausende von ehrenamtlichen Stunden haben die Mitglieder seitdem in das Projekt gesteckt. Es ist für die Besucher geradezu sensationell, was im Laufe der Zeit an Sehenswürdigkeiten, Raritäten und Unikaten zusammengetragen wurde, um sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Alle anfallenden Arbeiten werden von den Vereinsmitgliedern ehrenamtlich durchgeführt, die aufkommenden Kosten bestreitet der Verein, Nebenkosten wie Strom oder Wasser trägt die Stadt. „Ein vorhandenes Museum über Jahre hinweg attraktiv zu halten, ist eine noch größere Aufgabe, die viel Durchhaltevermögen und Einsatzbereitschaft erfordert“, weiß Bernd Machauer, Motor des Unternehmens. In den drei Jahrzehnten seines Bestehens konnten im Museum bisher nahezu 25.000 Besucher begrüßt werden, obwohl Wiesental wahrlich kein Touristenort ist.
Drei Schwerpunktsetzungen fallen ins Auge: die Römerzeit mit dem Wagbachkastell im Jahr 80 n.C., die dortige Römersiedlung und die vorbeiziehende Römerstraße, sodann die Zeit der Badischen Revolution von 1849 mit dem Gefecht bei Wiesental, der Entscheidungsschlacht bei Waghäusel, der Wiesentaler Revolutionärin Josepha Wittmer und der Denkmaleinweihung für die gefallenen Husaren, an der auch Otto von Bismarck teilnahm.
Eine dritte Besonderheit bietet die nachgebaute „Zigarrenfabrik“ mit der Präsentation des Tabakanbaus und der Tabakverarbeitung. Jahrzehntelang war die Zigarrenfertigung in den vielen Wiesentaler Zigarrenfabriken eine wichtige Einkommensquelle für die Bevölkerung.
Die Tour durch Jahrtausende und Jahrhunderte beginnt bei den einheimischen Mammuts und führt über die Keltenzeit zu den Römersiedlungen. Keine geschichtliche Epoche ist ausgelassen. Alles ist auch über die früheren und heute nicht mehr existenten Berufe zu erfahren. Wer weiß, wie damals der Schneider, der Frisör und Zahnarzt in Personalunion oder die Hutmacherin, Putzmacherin genannt, gearbeitet haben? Insgesamt haben die Heimatfreunde so gut 5.000 Exponate allein für den speziellen Bereich der Berufe zusammengetragen.
Seit Oktober 2017 sind vor allem Hans-Peter Hiltwein und Bernd Machauer, der allein so um die 750 Arbeitsstunden geleistet hat, im Dauereinsatz.
Einige nachdenkliche Sätze gab Brigitte Heck in ihrer Rede mit auf den Weg:
„Glauben wir wirklich, dass diese Fülle an Leistungen vor Ort auf Dauer noch ausschließlich durch Ehrenamt getragen werden kann?
Bewusst wurde uns bei der Besichtigung deutlich, dass in den vergangenen Jahren viele rein ehrenamtlich betriebene Museen an ihre Grenzen gestoßen sind und eigentlich mehr Unterstützung bräuchten als gelegentliche Besuche, aufmunternde Worte und einmalige finanzielle Zuwendungen.
Man muss Heimatmuseen aktiv Zukunft geben, indem man in sie investiert und das Ehrenamt aufwertet. Ehrenamt im Museum sollte im Idealfall von Hauptamtlichen und Profis angeleitet und betreut sein, und dafür gäbe es so viele Optionen. Sehr geehrte Bürgermeister, ich wende mich an Sie mit der Bitte, für Ihre Heimatmuseen stärker aktiv zu werden. Machen Sie aus Ihren Heimatmuseen gesellschaftliche Ankerpunkte und geben Sie ihnen Zukunft, sie investieren damit auch in die Zukunft Ihrer Gemeinschaft.“
Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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