Landtagsdebatte zu Beschlüssen Ministerpräsidentenkonferenz Corona
Rülke: FDP fordert stringentes Gesamtkonzept statt zusammenhanglosen Aktionismus
Pandemiebekämpfung muss sich an wirklichen Infektionstreibern orientieren und nicht an wehrlosen Prügelknaben
Dr. Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender FDP/DVP Fraktion im baden-württembergischen Landtag, stellte gleich zu Beginn seiner Rede am Freitag (30.10.2020) in der Aussprache zu den neuen Corona-Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz fest, dass die Lage angesichts der Pandemieentwicklung ernst und es daher richtig sei, zu reagieren. Gleichzeitig forderte er aber, dass es bei den Maßnahmen immer um wirksame Pandemiebekämpfung gehen müsse und nicht um „Aktionismus zur Vortäuschung politischen Handelns“. Nach diesem Maßstab seien die nun vorgeschlagenen Maßnahmen zu beurteilen.
Nach wie vor bemängele die FDP/DVP Fraktion eine ungenügende Berücksichtigung der Legislative, merkte Rülke sehr kritisch an. Die Parlamente müssten in derart dramatische Beschlüsse eingebunden werden und zwar nicht nur mit dem Recht auf Information und Diskussion, sondern auch mit dem parlamentarischen Recht zur Abstimmung. „Das fordern wir heute“, so Rülke und verwies auf Thüringen, dessen Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei als einziger beim Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz in einer Protokollerklärung einen Parlamentsvorbehalt angemeldet hat. „Es ist beschämend, dass sich Ministerpräsident Kretschmann diesem nicht angeschlossen hat. Wir wollen über dieses Maßnahmenpaket abstimmen“, forderte Rülke ausdrücklich und kündigte an, bei der Ablehnung dieses Pakets ein Alternativkonzept auf den Tisch zu legen.
Rülke schildert vorgesehene Maßnahmen, die die FDP ausdrücklich mittrage: So schlössen sich die Liberalen dem Aufruf an die Bürger an, Abstand zu halten und auch im Privatbereich Kontakte zu reduzieren. Allerdings lehnten sie ein Eindringen des Staates in die Wohnzimmer eindeutig ab. Ebenso unterstütze die FDP ausdrücklich, die wirklichen Infektionsherde anzugehen und auch wirksam zu unterbinden. Als Beispiel nannte Rülke islamische Großhochzeiten mit Massen von Gästen.
„Auch wir rufen die Menschen dazu auf, auf Reisen zu verzichten, wenn diese nicht unbedingt notwendig sind, aber wir wollen diese nicht verbieten“, erläutert Rülke die Haltung seiner Fraktion zu dieser Frage. Diese unterstütze auch ausdrücklich die Forderung nach Hygienekonzepten für Unternehmen und den Ruf nach Homeoffice, so Rülke und drückte seine Freude darüber aus, dass Schulen, Kitas und der Einzelhandel geöffnet bleiben. Dringend notwendig seien für vom Lockdown betroffene Unternehmen Wirtschaftshilfen, betont Rülke und schlägt als besseren Weg der vorgesehenen Hilfswege vor, das Instrument des Verlustrücktrags auszubauen.
„Was wir aber vermissen ist eine langfristige Strategie“, so Rülke kritisch, diese Regierung hätte die Zeit seit dem Frühjahr offenbar nicht genutzt: „Was machen Sie, wenn diese Maßnahmen bis Ende November nicht fruchten? Sie haben dafür keinerlei Plan!"
Lieber flüchte sich diese Regierung in aktionistische Einzelmaßnahmen, die sich nicht an wirklichen Infektionstreibern orientierten, sondern an „leichten Zielen für eine Politik mit der Schrotflinte“, so Rülkes Vorwurf. So sei zu beobachten, dass Immer wieder die Gastronomiebranche als Prügelknabe herhalten müsse, „weil das so einfach, ja billig ist“, so Rülkes Kritik. Dabei gehe von der Gastronomie nachweislich nur ein geringes Infektionsgeschehen aus. „Fast alle Betriebe haben ausgefeilte Hygienekonzepte“, stellte er fest und äußerte seine Befürchtung, dass dieser Lockdown nicht nur unnötig, sondern sogar kontraproduktiv sei. Die Menschen würden damit in eine unkontrollierbare Privatheit gedrängt, wo das Virus sich besser verbreite als an öffentlichen Orten mit Hygienekonzept. „Es wird deutlich, dass der Lockdown der Gastronomie nichts als kontraproduktiver Aktionismus ist!“, so Rülkes Fazit.
Dasselbe gelte nach seinen Aussagen für das Hotelgewerbe. "Mit dem absurden Beherbergungsverbot nur für Touristen haben Sie schon einmal Schiffbruch erlitten. Jetzt probieren Sie es einfach nochmal nach dem Prinzip: Irgendwann werden es die Richter schon begreifen", wirft Rülke der Regierung vor und stellt fest, dass auch in diesem Gewerbe kein erhöhtes Infektionsgeschehen nachweisbar sei und es sich auch an dieser Stelle um blanken Aktionismus handle.
„Das nächste leichte Ziel sind dann der Amateursport und das Vereinsleben“, so Rülke an die Adresse der Regierung, und auch hier seien sowohl keine besonderen Infektionsherde nachweisbar als auch vielfach ausgefeilte Hygienekonzepte vorhanden. Purer Aktionismus seien daher diesbezügliche Einschränkungen dieses Bereichs, so Rülke und nennt als weiteres Beispiel, dass es im Kulturbereich ganz ähnlich aussehe. „Die Veranstalter sorgen für große Abstände, Hygienekonzepte gibt es überall. Schon wieder: Reiner Aktionismus!“
Rülke stellte als Fazit fest, dass dieses Konzept „zu viele Schwächen und Placebos“ ausweise. Daher lehne die FDP im Landtag dieses in Summe ab. Und kündigt an: „Sollten wir dafür eine Mehrheit bekommen, so legen wir ein Alternativkonzept vor.“
Rülke skizziert dieses Alternativkonzept, bei dem das Prinzip heiße: Vom Verbot zum Gebot. So wolle die FDP-Fraktion ein Ampelsystem einführen, das sich nicht allein an Infektionszahlen orientiere, sondern auch an der Zahl der Tests sowie den Behandlungskapazitäten der Kliniken. Als wichtige Maßnahme schlage die FDP Fraktion mit ihrem Konzept außerdem vor, massiv in die Beschaffung wirklich wirksamer FFP2-Masken für wesentliche Teile der Bevölkerung zu investieren, anstatt sich auf die sogenannte Alltagsmaske zu verlassen. „Außerdem wollen wir die Finanzierung von Raumluftreinigern für die Klassenzimmer“, so Rülke, „diese Investitionen wären sinnvoller als eine teure temporäre Mehrwertsteueraussetzung.“
Es werde in diesem Konzept gefordert, mehr Schnelltests für Risikogruppen vorzunehmen und die Corona-Warn-App weiterzuentwickeln. „Wir müssen unsere Strategie von einer Containment- zu einer Protektionsstrategie für vulnerable Gruppen weiterentwickeln!“, so Rülkes Appell, die Devise müsse lauten: „Gezielter Schutz statt lediglich Eindämmung“.
"In Summe, Herr Ministerpräsident, sehen wir in Ihrem heutigen Konzept sinnvolle Einzelmaßnahmen, aber eben auch viele aktionistische Scheinmaßnahmen. Vor allem fehlt eine Gesamtstrategie. Deshalb lehnen wir insgesamt ihr Paket ab. Wir möchten darüber heute abstimmen. Erhält es eine Mehrheit, so akzeptieren wir dies als gute Demokraten. Wenn nicht, dann legen wir unsere Alternative auf den Tisch, so Rülke abschließend.
Weitere Informationen: https://fdp-dvp-fraktion.de/pressemitteilungen/ruelke-fdp-fordert-stringentes-gesamtkonzept-statt-zusammenhanglosen-aktionismus/
Autor:FDP-Kreisverband Karlsruhe-Land aus Weingarten/Baden |
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