250 Übende aus Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst & Katastrophenschutz
Simulation für den Ernstfall

Rettungseinsatz unter schweren Bedingungen: Eine Patientin wird kopfüber liegend versorgt  Foto: Kim RIleit
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  • Rettungseinsatz unter schweren Bedingungen: Eine Patientin wird kopfüber liegend versorgt Foto: Kim RIleit
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Von Charlotte Basaric-Steinhübl

Region. Ein schreckliches Szenario: mehrere verunfallte Fahrzeuge, unter anderem ein Gelenkbus. Auf der Gegenfahrbahn gab es ebenfalls einen Crash, vermutlich durch einen Gaffer verursacht. Es scheint sehr viele Verletzte zu geben, man hört Geschrei.
All das war kürzlich in Frankenthal auf dem Nordring zu erleben. Glücklicherweise handelte es sich dabei um eine Großschadensübung der Polizei, der Feuerwehr und der Katastrophenschutzeinheiten der Stadt Frankenthal. Dafür wurde der Nordring gesperrt, die 16 verunfallten Fahrzeuge mithilfe von Unfallgutachtern durch Abschleppunternehmen platziert.
Rund 40 Statisten wurden realistisch geschminkt und vor Beginn der Übung in den Fahrzeugen verteilt. Sie haben Kärtchen um den Hals, auf denen zu ersehen ist, welche Verletzung sie haben, wie ihr Zustand ist, ob sie noch leben.

Übungsablauf

Die Übung startet mit einem Notruf, den eine Polizistin als Passantin absetzt. Sie schildert aufgeregt, dass es einen Unfall gegeben habe. Nach und nach gehen weitere Notrufe bei der Leitstelle ein - immer mit dem Zusatz „Übung“. Denn gleichzeitig müssen die Rettungskräfte auch „richtige“ Notrufe annehmen und abarbeiten. Eine große Belastung für alle Beteiligten, gerade nach dem Schneeeinbruch der vorangegangenen Nacht mit vielen Realeinsätzen.
Nach wenigen Minuten kommen ein Polizei- und ein Feuerwehrauto an. Damit es zu keinen Unfällen im fließenden Verkehr kommt, dürfen sie erst ab der Sperrung mit Blaulicht und Sirene fahren. An jedem Fahrzeug wird nun die Lage begutachtet.
Plötzlich geht es ganz schnell. Im Sekundentakt hört man Martinshörner, immer mehr Rettungsfahrzeuge, Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen, treffen ein. Für den fachfremden Betrachter eine überwältigende Situation, ein großes Chaos. Es folgt eine erste Lagebesprechung.
Und dann sind unzählige Rettungskräfte gleichzeitig an allen Stellen am Arbeiten. Es werden Verletzte betreut, Autos aufgeschnitten, aufkommende Brände gelöscht, der Rettungshubschrauber landet. Ein Bus aus Ludwigshafen kommt, in dem mehrere Menschen intensivmedizinisch versorgt werden können, bis sie ins Krankenhaus verlegt werden. Schließlich wird noch ein Zelt zur Versorgung der Verletzten aufgebaut.
Doch wie funktioniert das? Wer meldet sich bei wem? Wer entscheidet, was getan werden muss? Wie viele Krankenwagen werden angefordert? Braucht man den Rettungshubschrauber? Um das zu üben, wurde diese Großschadensübung konzipiert.

Schnittstellen- Kommunikation das A und O

„In jedem Einsatz ist die Schnittstellenkommunikation das A und O, weil wir hier verschiedene Bereiche haben, die zusammenkommen: Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutzeinheiten und Regelrettungsdienst. Diese sind alle auf unterschiedlichen Funkkanälen unterwegs und haben ihre eigenen Einsatzstrukturen, die man irgendwie bündeln muss,“ erläutert Dr. Michael Kuhn, Oberarzt am Krankenhaus Bad Dürkheim, Mitglied der Gruppe der leitenden Notärzte Vorderpfalz und Mitglied des Planungsteams. So stelle der Rettungsdienst fest, wenn Patienten schwer verletzt und möglicherweise eingeklemmt sind. Die Feuerwehr ist aber für deren Befreiung zuständig. Daher müsse eine solche Information sehr schnell kommuniziert werden, damit die am schwersten verletzten Patienten aus den Fahrzeugen befreit werden können. „So setzt sich das fort. Die Schnittstellenkommunikation zwischen den jeweiligen Zuständigkeiten ist immer der Knackpunkt,“ so Dr. Kuhn.

„Chaosphase“ am Anfang normal

Bei der Übung habe diese Schnittstellenkommunikation gut funktioniert. Es gab, wie in jedem Realeinsatz auch, eine „Chaosphase“ am Anfang. Das sei ganz normal, da man bei solchen Großschadenslagen genau den umgekehrten Fall habe. Im Regelrettungsdienst-Alltag gibt es einen Patienten, um den sich mehrere Rettungspersonen kümmern. Bei der Übung gab es 40 Patienten und am Anfang nur zwei Rettungswagen und ein Notarztfahrzeug. Diese müssen sich einen Überblick verschaffen. Erst auf Grundlage dieser Erkundung können die nachrückenden Kräfte sinnvoll und - entsprechend der festgestellten Verletzungsmuster - eingesetzt werden, sodass die am schwersten verletzten Patienten als erstes versorgt werden.
„Diese Chaosphase war im Prinzip mit der ersten Lagebesprechung, die nach wenigen Minuten erfolgte, überwunden. Es wurden Einsatzbereiche festgelegt, Zuständigkeiten und Leiter für die einzelnen Einsatzabschnitte festgelegt. Diese wurden dann abgearbeitet“ fasst Dr. Kuhn den Einsatz zusammen.

Trotz schneller Rettung Beweismittel sichern

„Es ist so: Bei Großschadenslagen spürt man auf der einen Seite einen sehr hohen Handlungsdruck. Da sind Verletzte, die schreien herum. Es gibt Tote. Vielleicht brennt irgendwo ein Fahrzeug. Und auf der anderen Seite habe ich ein großes Informationsdefizit. Was ist passiert? Gibt es Beschuldigte? Gibt es beschuldigte Unfallverursacher, die die Unfallstelle schon verlassen haben? Ich muss daran denken, wie die Unfallaufnahme im Nachgang erfolgen wird. So kommt sehr viel Koordinationsarbeit auf einen zu,“ erläutert Marcel Wirdemann von der Polizeiinspektion Frankenthal die Aufgaben der Polizei. „Die Handlungsstränge, so wie wir uns das vorstellten, haben gut funktioniert. Insbesondere in Absprache mit den anderen Einsatzkräften der roten und weißen Schiene (Anm. d. Red. Feuerwehr und Rettungsdienst), haben wir gut zusammengearbeitet. Auch die haben einen ähnlichen Handlungsdruck wie wir. Aber sie schaffen für uns Tatsachen,“ so Wirdemann weiter. „Der Polizei fehlen dann vielleicht Zeugen, weil die in Krankenhäuser abtransportiert werden. Es werden Beweismittel verändert, weil eine Tür weggeflext. Mit der Situation muss man irgendwie zurechtkommen. Das funktioniert am besten, wenn man viel miteinander spricht. Das hat heute funktioniert,“ fasst er zusammen.

Planungsgruppe zufrieden

Polizeihauptkommissar Thomas Bader, Leiter der Planungsgruppe der Großübung und Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion Frankenthal, zeigte sich zufrieden: „Das Ziel war, dass jeder Patient am Ende versorgt und der adäquaten Rettung zugeführt worden ist. Der Abarbeitungsfluss war zu jeder Zeit gegeben“. Auch der stellvertretende Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Frank Böhmer, der aktuell die Feuerwehr Frankenthal gemeinsam mit Andreas Kölsch leitet, zeigte sich zufrieden mit der Übung.
„Natürlich müssen wir an der einen oder anderen Stellschraube noch etwas drehen, aber grundlegend hat es funktioniert. Aber genau dafür haben wir das ja auch gemacht. Deshalb bin ich sehr zufrieden.“

Nachbesprechung

Derzeit macht jede Einheit für sich eine Analyse. Ende April ist eine große gemeinsame Nachbesprechung terminiert. Das Treffen findet auf Zugführerebene und höher statt, außerdem sind die Abschnittsleiter dabei. In die Nachbesprechung fließen dann auch die Erkenntnisse der Beobachter und Schiedsrichter ein.
Außerdem wurde die gesamte Übung vom Medienteam aufgenommen, unter anderem mit einer Drohne und vom Polizeihubschrauber aus. Drohnen-Technik soll zukünftig die Arbeit am Einsatzort unterstützen bas
Fotogalerie:

Viele Fotos zur Übung gibt es online auf unserem Portal www.wochenblatt-reporter.de.
Daten / Zahlen / Fakten:

Planungsbeginn: Juli 2021
Rund 250 Übende aus Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst & Katastrophenschutz:
Feuerwehr Frankenthal; Polizeiinspektion Frankenthal; Rettungsdienst (DRK Vorderpfalz, Deutsche Rettungsflugwacht, ADAC Flugrettung, Kindernotarzt e.V.); Katastrophenschutz Stadt Frankenthal mit Malteser Hilfsdienst, Deutsches Rotes Kreuz Frankenthal, Johanniter Unfallhilfe, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft; Werkfeuerwehren KSB und Renolit; Feuerwehren VG Lambsheim-Heßheim, Bobenheim-Roxheim, Grünstadt, Ludwigshafen; Technisches Hilfswerk Frankenthal
70 Gäste- und Beobachter sowie fünf Schiedsrichter, gemeinsame 12-köpfige Planungsgruppe aus Feuerwehr und Polizei Frankenthal, sowie je einem Organisatorischen Leiter Rettungsdienst und einem Leitenden Notarzt

Rettungseinsatz unter schweren Bedingungen: Eine Patientin wird kopfüber liegend versorgt  Foto: Kim RIleit
Eine rauchende Autobatterie wird gelöscht  Foto: Kim Rilei
Als eine Autobatterie plötzlich zu qualmen beginnt, wird es hektisch - aber nicht unkontrolliert  Foto: Kim Rilei
Autor:

Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen

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