Informativ, aber desillusionierend
Podiumsdiskussion: Misere Kita-Zukunftsgesetz von Rheinland-Pfalz
Haßloch. Organisiert von der Neustädter und Haßlocher CDU Frauenunion fand am 26. September im Haßlocher Kulturzentrum eine Podiumsdiskussion zum Thema „neues“ Kita Zukunftsgesetz von Rheinland-Pfalz statt.
„Wenn ein Gesetz, zwei Jahre nach Einführung bewirkt, dass Säle gefüllt werden, dann ist das ein sichtbarer Beweis, dass irgendetwas nicht stimmt“, so der Moderator Dirk Herber, MdL zu Beginn der Veranstaltung.
Die 5 Podiumsteilnehmer waren Marion Schneid, MdL und in der CDU-Fraktion zuständig u. a. für Kitas, Claudia Theobald, Vorsitzende Kita Fachkräfteverband RLP, Simon Schmidt, Kita-Leiter, Fabienne Gerau-Frisch, Mutter von drei Kindergartenkinder und Andreas Rohr, in der Gemeindeverwaltung Haßloch zuständig für Kitas.
Sie waren sich einig, dass auch zwei Jahre nach der Einführung des Kita Zukunftsgesetzes die Voraussetzungen für eine sinnvolle Realisierung nicht gegeben sind. Die baulichen Voraussetzungen der bestehenden Kitas genügen meistens bei weitem nicht den Anforderungen des neuen Gesetzes, z.B. sind in der Haßlocher Kita Kunterbunt die Küche und der Essbereich ursprünglich für 50 Kinder geplant und gebaut, muss jetzt aber für mehr als 130 Kinder reichen.
Neben den baulichen Voraussetzungen in den Kitas ist der Erziehermangel ein großes Hindernis für die Realisierung des Gesetzes. Die Reform der Ausbildung von Erzieher/innen wurde zwar in einigen Gemeinden, wie z.B. auch in den kommunalen Kitas in Haßloch schon begonnen, aber eine landesweite generelle Neuregelung ist nötig. Junge Leute sollten von Anfang an eine Ausbildungsvergütung erhalten und nicht wie bisher für die Schule zahlen müssen. Eine duale Ausbildung soll generell eingeführt werden, also Schule und schon frühe Mitarbeit in der Kita sollten kombiniert werden und wie in den meisten Handwerksberufen sollte die zuständige Schule und der Ausbildungsort fest verdrahtet sein.
Die Erhöhung der Attraktivität des Erzieher-/innen Berufes ist dringend erforderlich, auch da in den nächsten 10 Jahren 40 Prozent der jetzigen Erzieher/-innen (Babyboomer) in Rente gehen. Es ist mehr als fraglich, ob der zusätzliche Bedarf zusammen mit dem schon heute existierenden Fehlbedarf in dieser Zeit gedeckt werden kann.
Laut Andreas Rohr waren finanzielle Gesichtspunkte der geistige Vater des Kita-Zukunftsgesetzes, sodass es bei den etablierten Regelungen eigentlich nur um die Erfüllung der Betreuungszeiten geht. Dabei sollten eine gute pädagogisch wertvolle frühkindliche Erziehung und die Betonung des Kindeswohls das Ziel sein. Der Anspruch der Gesellschaft sollte sein, Kinder nicht nur zu betreuen, sondern zu bilden und zu erziehen. Stimmen die Rahmenbedingungen in einer Kita nicht, wird die Entwicklung der Kinder gestört, meinte Claudia Theobald.
Die Sprachförderung ist nicht Teil des Kita-Zukunftsgesetzes, obwohl das Erlernen eines guten sprachlichen Ausdrucks von Kindern im Vorschulalter die Basis für einen erfolgreichen Start in die Grundschule ist - und das ist oft nicht nur bei Kindern von Migranten notwendig.
Frustrationstoleranz, fairer Umgang mit gleichaltrigen Kindern, Stillsitzen und Konzentrationsfähigkeit im Spiel sind pädagogische Fähigkeiten, die in der Kita erlernt werden müssten und die Voraussetzungen für die Schule sind. Jedoch steht der pädagogische Anspruch des Personals im Gegensatz zu der ständigen Organisation der Betreuungszeiten, so Andreas Rohr.
Bei der Frage nach der Politik und dem Verständnis der Bildungsministerin zum Erfolg dieses Gesetzes war die Antwort von Frau Schneid frustrierend. Die Landesregierung stehe zur jetzigen Regelung des Kita-Zukunftsgesetzes bedingungslos und sehe keinen Änderungsbedarf, der Zeitfaktor würde für die Umsetzung arbeiten, so der Gedanke der Bildungsministerin.
Es sind sich alle Teilnehmer einig, dass der Grundgedanke, der Anspruch des Gesetzes, das Recht auf mehrstündige Betreuung von Kindern sinnvoll und nötig ist und sehr stark nachgefragt wird – allerdings unter anderen Voraussetzungen ohne Vernachlässigung des Kindeswohl und mit bestmöglicher pädagogischer Betreuung.
Es dürfe keine Alternative pädagogisches Angebot versus Betreuung geben – dafür sollten sich Eltern stark machen war ein großer Appell.
Das Verhältnis zwischen „einigen“ Eltern und den Erziehern sei inzwischen konfliktbeladen, meint Gerau-Frisch. Wegen der oft reduzierten Betreuungszeiten ist die Stimmung zunehmend belastet. Dabei sollten Eltern viel stärker hinsichtlich des pädagogischen Angebotes Kritik äußern und nicht nur an der Einschränkung der Betreuungszeit.
Am Ende gab es von mehreren Anwesenden die Aufforderung, sich in der Öffentlichkeit mit ihrer Meinung zum Kitagesetz zu äußern. Die Kritiker dieses Kita-Zukunftsgesetz müssen noch viel stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. bev/red
Autor:Eva Bender aus Neustadt/Weinstraße |
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