Eine Wahl ohne Wahlkampf, Parteien oder Kandidaten: In Biedesheim sind die Stimmzettel leer
Biedesheim. "Biedesheim droht Zwangsverwaltung". So lautete die Schlagzeile eines Wochenblatt-Berichts im Februar. Denn es wollten sich nicht genügend Einwohner für die Wahl zum Gemeinderat aufstellen lassen. Auch Ortsbürgermeister Armin Wendel war sich nicht sicher, ob er eine weitere Amtsperiode lang die Geschicke des Ortes leiten will. Mittlerweile hat die Gemeinde das Problem gelöst. Dabei bleiben die Stimmzettel leer. Jeder kann wählen, wen er will. Das Verfahren hat aber einen Haken.
Von Cynthia Schröer
Zwölf Ratsmitglieder braucht die Gemeinde Biedesheim für ihre 625 Einwohner. Bekommt sie die nicht zusammen, wird sie von der Verbandsgemeinde Göllheim fremdverwaltet. Das Problem mit dem Kandidatenmangel hat die Gemeinde ganz unkonventionell gelöst: "Die Stimmzettel bei der Wahl sind leer", sagt Ortsbürgermeister Armin Wendel. "Prinzipiell kann jeder Bürger irgendeinen Namen, von jemandem drauf schreiben, den er gerne im Gemeinderat hätte."
Risiko: Gewählter kann Amt ablehnen
So wird in Biedesheim schon seit zwei Legislaturperioden der Gemeinderat gewählt, das Problem dabei ist nur: "Wenn ein Wähler jemanden aufschreibt, der das Amt dann ablehnt, ist die Stimme verloren", erklärt der Ortschef. Außerdem sei es beim ersten Mal ein großer Verwaltungsakt beim Auszählen der Stimmen gewesen. Denn sehr viele Zettel mit sehr vielen verschiedenen Namen mussten sortiert werden. Deshalb hat die Ortsgemeinde das Verfahren verfeinert: "Wir haben eine Namensliste als Flyer in die Briefkästen verteilt. Sie enthält Personen, die zwar nicht kandidieren, aber das Amt annehmen würden, wenn sie gewählt würden", berichtet Wendel. Zwar kann nach wie vor jeder jeden wählen, aber das grenzt die "Wahlwünsche" schon ein. Die gute Nachricht: Mittlerweile stehen für die Wahl am 9. Juni 20 Personen auf dieser Liste.
Ortsbürgermeister macht weiter, wenn kein anderer will
Der Ortschef steht voll und ganz hinter diesem unkonventionellen Wahlverfahren: "Das ist die demokratischste Wahl, die man machen kann. Ich wähle nicht die SPD oder CDU, sondern den Schorsch oder den Fritz. Hier im Dorf kennt sowieso jeder jeden." Da sich schließlich doch noch genügend Bürger gefunden haben, die sich im Rat engagieren würden, werde auch er selbst noch einmal das Amt des Ortsbürgermeisters bekleiden, "wenn es kein anderer machen will".
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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