Geburt in der Pandemie
So gestaltet sich die Betreuung im Nardini Klinikum St. Johannis

Die Freude auf das Kind ist groß, viele werdende Eltern  begleitet aber Unsicherheit, wie die Pandemie die Geburt und die erste Zeit als Familie beeinflusst  | Foto: Pixabay
  • Die Freude auf das Kind ist groß, viele werdende Eltern begleitet aber Unsicherheit, wie die Pandemie die Geburt und die erste Zeit als Familie beeinflusst
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Von Stephanie Walter

Landstuhl. Die Geburt eines Kindes ist eines der bedeutendsten Ereignisse im Leben einer Familie. Leider sorgt die Pandemie dafür, dass gerade auch im Rahmen der Geburtsvorbereitung viele Ängste und Unsicherheiten aufkommen, wie eine Geburt in der Pandemiezeit ablaufen kann. Das Wochenblatt hat mit Ina Baur, der Stationsleitung 1b/Kreißsaal vom Nardini Klinikum St. Johannis, darüber gesprochen, wie sich die Arbeit auf der Geburtsstation verändert hat und wie das Personal und die werdenden Eltern die Pandemie erleben.

Wie hat sich die Arbeit auf Ihrer Station durch das Coronavirus verändert?

Baur: Seit Beginn der Pandemie müssen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Maske tragen. Zunächst chirurgische Masken, seit Beginn der 2. Welle im Herbst FFP 2-Masken. Dies ist für die Mitarbeiter anstrengend, weil die Atmung erschwert ist, man lauter sprechen muss, um verstanden zu werden. Viele Kollegen klagen über Hautprobleme unter der Maske durch vermehrtes Schwitzen und über Druckstellen an den Ohren durch die Bügel.
Wir müssen unsere Pausen einzeln machen, da nicht gleichzeitig zwei oder mehr Personen ohne Maske in die Aufenthaltsräume dürfen, um ein gegenseitiges Anstecken zu verhindern. Unser letztes Teamgespräch haben wir via Zoom durchgeführt. Fortbildungen fanden teilweise ebenfalls per Videokonferenz statt oder mussten abgesagt werden.
Unsere Arbeitsabläufe selbst mussten wir nur unwesentlich verändern. Es kommt nach wie vor werktags täglich ein Kinderarzt, der die Vorsorgeuntersuchungen bei den Säuglingen durchführt, wir können die Wochenbettvisiten, Stillberatung und Stillhilfe et cetera genau wie vor der Pandemie gewährleisten.

Wie können werdende Mütter aktuell untergebracht werden und haben Sie eine Veränderung in der Geburtenzahl feststellen können?

Baur: Wir versuchen, solange es die Belegungssituation zulässt, die Patientinnen in Einzelzimmern unterzubringen. Seit Beginn des Jahres 2021 war dies jedoch nur selten möglich, da wir einen Anstieg unserer Geburtenzahl beobachten. Aktuell (1. April) haben wir 45 Geburten mehr als im ersten Quartal 2020. In den letzten Wochen war unsere Station fast täglich bis vollständig belegt. Es gab mehrere Tage, an denen wir sieben Geburten hatten; da sind wir schon an der Belastungsgrenze.

Gibt es Angebote für junge Eltern, die derzeit entfallen müssen?

Baur: Wegfallen musste leider der Besuch der Babyfotografen, was von vielen Eltern sehr bedauert wird.
Dienstags entfällt auch der routinemäßige Besuch der Sozialarbeiterin des Sozialdienstes katholischer Frauen, die die Familien über Möglichkeiten der Frühen Hilfen berät. Wir haben jedoch die Möglichkeit, Frau Lambrecht anzurufen, wenn wir die dringende Notwendigkeit einer Beratung bei einer Patientin sehen. Dann kommt sie auch in Coronazeiten unter Einhaltung der entsprechenden Schutzmaßnahmen zu uns in die Klinik.

Können Schwangere beziehungsweise Mütter weiterhin Besuch empfangen?

Baur: Die Besuchszeiten mussten drastisch eingeschränkt werden. Seit Beginn der Pandemie gab es hierzu verschiedene Regelungen, die immer wieder den neuen Gegebenheiten angepasst wurden. Aktuell ist die Situation folgende: Familienzimmer können wir nicht anbieten. Eine Person darf die Patientin zwischen 14 Uhr und 18 Uhr im Zimmer besuchen. Für den gesamten Aufenthalt muss sich die Patientin auf diese eine Person festlegen. In der Regel ist dies der Vater des Kindes. Es kann aber auch eine andere Bezugsperson der Patientin sein (Mutter / Freundin et cetera). Während des gesamten Besuches muss ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
Bei Unterbringung im Doppelzimmer müssen sich die Frauen untereinander absprechen, wann ihr Besuch kommt, da nur ein Besucher auf einmal ins Zimmer darf, sonst können die Abstände in den Zimmern nicht gewährleistet werden.

Welche Folgen hat diese Änderung der Zimmerbelegung für Ihr Team?

Baur: Vor allem das Wegfallen der Familienzimmer hat für uns als Personal zur Folge, dass wir wesentlich mehr Hilfestellung in den Zimmern geben müssen. Die Väter nehmen sonst schon einiges ab, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, wie zum Beispiel eine Flasche Wasser bringen oder die Rückenlehne des Bettes verstellen.
Unser Wintergarten, in dem die Frauen auch mit ihrem Besuch verweilen und in dem sie sich mit Tee und Kaffee selbst versorgen durften, musste aus hygienischen Gründen geschlossen werden. Auch hier hat das Personal einen kleinen Mehraufwand an „Botengängen“.

Besteht die Möglichkeit, dass sich die Besucherregelung im Zuge der Pandemie noch ändert, beziehungsweise gibt es mehr Freiheiten bei negativem Test oder bestehender Impfung?

Baur: Seit dem ersten Lockdown hatten wir schon viele Änderungen bezüglich der Besuchszeiten. Es gab Tage ohne Begleitung zur Geburt, Tage, in denen niemand auf Station durfte, dann gab es eine einstündige Besuchszeit. Im Sommer, als die Zahlen niedrig waren, konnten wir wieder Familienzimmer anbieten, was wir seit dem zweiten Lockdown leider wieder einstellen mussten. Wie sich das weiter entwickeln wird, ist angesichts der gerade wieder ansteigenden Zahlen und der nur schleppend anlaufenden Impfungen nicht absehbar. Sicher müssen wir hier noch eine recht lange Zeit flexibel bleiben und uns den jeweiligen Vorgaben seitens der Landes- beziehungsweise Bundesregierung anpassen.

Herrscht vorab große Unsicherheit bei den werdenden Eltern?

Baur: Zu Beginn der Pandemie war dies so, da sich Regeln häufig änderten und die verschiedenen Kliniken in der Umgebung Besucherregelungen et cetera unterschiedlich gehandhabt haben. Inzwischen ist eine gewisse Routine eingekehrt, da die Einschränkungen und Vorschriften alle Bereiche des öffentlichen Lebens betreffen und vieles bereits bekannt ist.
Die Hauptfrage ist in der Regel, wie die Begleitung der Schwangeren zu Untersuchungen und zur Geburt geregelt ist und wie sich die Besuchszeiten gestalten.
Da die werdenden Mütter durch die allgemeinen Kontakteinschränkungen wenig Kontakt zu anderen Schwangeren und auch der eigenen Familie haben, um sich auszutauschen, muss sehr viel von den Hebammen abgefangen werden. Erstkontakte werden häufig schon in der Frühschwangerschaft hergestellt.
Vorbereitungskurse finden als Online-Kurse oder als Einzelkurs statt.

Können Sie kurz beschreiben, wie eine Geburt aktuell abläuft? Kann eine Begleitperson bei der Entbindung dabei sein?

Baur: Im Prinzip hat sich an unserer Geburtshilfe durch die Pandemie nichts Wesentliches geändert.
Die Frauen erhalten einen PCR-Test auf Covid19. Ist dieser negativ, können sie ganz normal entbinden. Ist er positiv, müssen weitgreifende Schutz- und Isolationsmaßnahmen getroffen werden. Die Begleitperson muss sich einem AG-Schnelltest unterziehen. Sollte dieser positiv sein, müssten wir die Person bitten, die Klinik zu verlassen; ansonsten kann sie dann die werdende Mutter ab aktivem Geburtsgeschehen unterstützen.
Hier ist auch der größte Unterschied zu der Zeit vor der Pandemie. Erst wenn die Geburt tatsächlich in absehbarer Zeit bevorsteht, kann die Begleitperson mit in den Kreißsaal. Bei nur leichter Wehentätigkeit, bei beginnender Geburtseinleitung et cetera müssen die Väter zunächst draußen bleiben.

Müssen werdende Eltern eine Maske tragen?

Baur: Väter (Begleitpersonen) uneingeschränkt ja, auch während der Besuchszeiten im Patientenzimmer.
Werdende Mütter sollen eine Maske tragen, solange dies zumutbar ist. In der Austreibungsphase einer Geburt ist dies in der Regel nicht mehr möglich und wird auch nicht verlangt.
Nach der Entbindung im Wochenbett muss jede Patientin eine Maske tragen, sobald sie das Zimmer verlässt und immer dann, wenn unser Personal Pflegemaßnahmen im Zimmer vornimmt.

Wie erleben Mütter und Väter ihrer Meinung nach die besonderen Umstände der Geburt? Was sind aus Ihrer Sicht die Folgen, vielleicht auch psychisch?

Baur: Im Großen und Ganzen können wir den werdenden Eltern ein positives Geburtserlebnis ermöglichen. Wenn sich die Eröffnungsphase der Geburt sehr lange hinzieht, fühlen sich die Frauen teilweise schon auch mal allein, wenn der Partner nicht die ganze Zeit anwesend sein darf. Unsere Hebammen versuchen, dies durch eine einfühlsame und individuelle Betreuung der Frauen so gut wie möglich zu kompensieren.
Manchmal schreitet eine Geburt dann doch schneller voran als vorhersehbar und es kann für den werdenden Vater hektisch werden, bis der Schnelltest gemacht und ausgewertet ist, damit er die Geburt nicht verpasst. Wenn er dann erst in letzter Minute im Kreißsaal erscheint, können schon auch Verlustgefühle bleiben, dass man nicht alles miterlebt hat. Es ist ja schon ein unwiederbringliches Erlebnis. Wir versuchen täglich unser Bestes, um für die Eltern alles so normal wie möglich ablaufen zu lassen.

Wie sieht die Situation nach der Geburt aus?

Baur: Im Wochenbett wünschen sich die Familien häufig, dass der Vater rund um die Uhr dabei sein kann, um von Anfang an als Familie zusammenzuwachsen. Auch, dass die Geschwisterkinder nicht zu Besuch kommen dürfen, ist für viele Mütter ein großer Wermutstropfen. Hilfreich sind hier schon die neuen Medien, mit denen man per Videoschalte dann doch etwas „zusammen sein“ kann. Allerdings beobachten wir schon, dass die Frauen nach der Geburt schon recht bald entlassen werden möchten, vor allem, wenn bereits Geschwisterkinder da sind. Dies ist in der Regel auch ohne Probleme möglich, wenn die häusliche Weiterbetreuung mit Nachsorgehebammen gewährleistet ist.
Zum generellen Thema Besuch können wir nach einem Jahr mit Einschränkungen jedoch auch sagen, dass wir gerade von Müttern, die ihr zweites oder drittes Kind bei uns unter Coronavorschriften entbunden haben, überwiegend die Rückmeldung erhalten, dass sie es sehr angenehm empfunden haben, dass nicht rund um die Uhr jeder kommen darf. Das Bonding zwischen Mutter und Kind, das Stillen und auch die Ruhephasen nach der Geburt sind deutlich besser und die Frauen sind ausgeglichener und mehr bei sich und ihrem Kind, als wenn die Besucherströme uneingeschränkt kommen dürfen.
Sicher müssen wir hier nach Corona überdenken, wie wir in Zukunft unsere Besuchszeiten gestalten. Geschwister, nächste Verwandte (Großeltern…) ja, aber nicht der komplette Freundes- und Bekanntenkreis, wäre sicher auch im Sinne der meisten Mütter und Neugeborenen.

Wie erleben Sie und Ihr Team die aktuelle Situation, gibt es eine größere Distanz zu den werdenden Eltern, zum Beispiel auch durch das Tragen von Masken? Beeinträchtigen aktuelle Maßnahmen Ihren Kontakt?

Baur: Zu Beginn der Pandemie war es sehr ungewohnt, dass kaum Besucher im Haus waren, man fühlte sich etwas wie im Hochsicherheitstrakt, Bereiche waren mit Absperrbändern versehen. Inzwischen ist eine gewisse Gewöhnung eingetreten.
Grundsätzlich ist das Erleben der einzelnen Mitarbeiter sehr unterschiedlich. Da spielt es eine große Rolle, wie groß die Angst des Einzelnen ist, sich mit Covid 19 zu infizieren. Trotz Tests bei den Patienten bleibt ja immer noch ein Restrisiko, sich selbst hier anzustecken. In der Geburtshilfe und in der Pflege können Mindestabstände eben meistens nicht eingehalten werden. Insgesamt sind unsere Dienste nicht zuletzt durch die Ungewissheit, das eigene Risiko, sich anzustecken und die ständige Atemerschwernis durch das dauerhafte Tragen der Masken deutlich anstrengender als vor der Pandemie. Auch der Anstieg der Geburtszahlen in der letzten Wochen fordert uns einiges ab.
Eine größere Distanz zu den werdenden Eltern können wir nicht beobachten. Die Eltern und Kinder werden wie zuvor mit hohem Engagement und Kompetenz von uns versorgt. Durch das Tragen der Masken geht allerdings viel Mimik verloren; ein Lächeln, ein freundliches Gesicht sind nicht immer gleich zu erkennen. Dies versuchen wir durch eine wertschätzende und freundliche Kommunikation wettzumachen.
Hin und wieder kommt es vor, dass es Diskussionen mit Besuchern bezüglich des Tragens von Masken gibt. Oder dass Unverständnis herrscht, wenn Geschwisterkinder oder sonstige Verwandte nicht kommen dürfen. Das kann dann auch für das Personal belastend werden.

Wo können sich werdende Eltern vor der Geburt über alle wichtigen Details informieren?

Baur:
Leider fallen nun schon seit einem Jahr unsere monatlichen Elterninfoabende mit Kreißsaalführung aus. Wir haben im Sommer letzten Jahres ein Video gedreht und auf unsere Homepage gestellt, damit sich die werdenden Eltern einen Einblick in unser Konzept und die Räumlichkeiten verschaffen können.
Außerdem sind wir 24 Stunden täglich telefonisch erreichbar.
Wir wünschen uns auch, dass sich die werdenden Mütter zur Geburt hier anmelden, in der Regel ab der 36. Schwangerschaftswoche. Hierzu kann ein Termin vereinbart werden, bei dem alle Fragen und Wünsche angesprochen werden können und wenn es die Belegung erlaubt, können wir auch einen Blick in die Patientenzimmer und den Kreißsaal gewähren.

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Autor:

Stephanie Walter aus Wochenblatt Kaiserslautern

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