„Neue Sachlichkeit“ im deutschen Film zwischen 1925 und 1933
Mannheim. Anlässlich der Jubiläumsveranstaltung zur „Neuen Sachlichkeit“ in der Kunsthalle Mannheim präsentiert das Cinema Quadrat vom Samstag, 28. September, bis Samstag, 1. März 2025 ein eigenes abwechslungsreiches Programm zum neusachlichen Kino der Weimarer Republik mit insgesamt 14 Filmen und einem Kurzfilmprogramm. Alle stummen Filme werden mit Livemusik begleitet. Hinzu kommen vertiefende Vorträge zu speziellen Themen von Filmhistorikern und Kuratoren sowie Einführungen zu den einzelnen Filmen.
Der von dem damaligen Direktor der Kunsthalle Mannheim Gustav F. Hartlaub für seine Ausstellung der zeitgenössischen Kunst im Jahre 1925 gefundene Begriff der Neuen Sachlichkeit ist nicht nur prägend für eine Epoche in der Geschichte der Bildenden Kunst, sondern wurde auch für parallelen Entwicklungen in der Architektur, der Literatur und des Films verwendet. Er beschreibt eine realistische und um sachliche Präzision bemühte Darstellung der Wirklichkeit, insbesondere häufig auch in Form einer kritischen Kommentierung der gesellschaftlichen Umstände und der sozialen Umwälzungen, und ist insbesondere im Bereich des Films eine bewusste Abkehr vom vorher vorherrschenden expressionistischen oder phantastischen Kino.
Die Filme aus der Weimarer Zeit werden von vertiefenden Vorträgen zu speziellen Themen von Filmhistorikern und Kuratoren sowie von Einführungen zu den einzelnen Filmen begleitet. Alle stummen Filme werden mit Livemusik von vielen sehr unterschiedlichen Musikern aus der Region begleitet, die die Filme mal klassisch, mal modern, mal sanft begleitend oder kritisch kommentieren begleiten. Die Filme laufen in hochauflösend digitalem Kinoformat bzw. in analoger 35mm-Projektion.
Zur Eröffnung der Veranstaltungsreihe zur Neuen Sachlichkeit im Film der Weimarer Republik am 28. September 2024 bietet der Dokumentarfilm „Von Caligari zu Hitler“ einen Überblick über das Kinogeschehen zwischen 1918 und 1933. Filmkritiker Rüdiger Suchsland ist Regisseur dieses Films, der in einer Kompilation mit vielen Film-Zitaten die einschneidenden gesellschaftspolitischen Veränderungen in der ersten deutschen Republik verdeutlicht. Die Veranstaltungsreihe endet am 1. März 2025 mit einer vergleichenden Betrachtung des Films „Die 3-Groschen-Oper“ von G.W. Pabst (1931) mit der aktuellen Inszenierung des Stücks von Bertolt Brecht und Kurt Weill am Nationaltheater Mannheim, die auch in der Spielzeit 2024/25 wiederholt aufgeführt wird. Franziska Betz, Dramaturgin des NTM, ist für eine Diskussion über das Stück, den Film und die Möglichkeiten der Inszenierung zu Gast.
Die 1920er-Jahre waren das Jahrzehnt der Frauen. Vom Wahlrecht bis zur Werbung, von der Arbeitswelt bis zum Kunstschaffen: In allen Lebensbereichen forderte die Neue Frau mehr Sichtbarkeit und Teilhabe. Das neue Medium Film bot ihr hierfür ein neues Betätigungs- und Erkundungsfeld. Diesem Thema sind einige Veranstaltungsabende gewidmet, so etwa „Die Neue Frau der 20er Jahre“), der Kurzfilmabend „Weibliche Experimente. Filmpionierinnen und die Avantgarde“ oder auch „Gendertrouble in der Weimarer Republik“ Die Vorführungen von einschlägigen Filmklassikern werden dabei durch erhellende Vorträge von renommierten Referentinnen ergänzt.
Cinema Quadrat schlägt mit seinem Programm auch eine Brücke zur Foto-Ausstellung „Sachlich Neu – Fotografien von August Sander, Albert Recher-Patzsch und Robert Häusser“ in den Reiss-Engelhorn-Museen: Prof. Dr. Claude W. Sui, Kurator der Ausstellung, stellt einen Dokumentarfilm über August Sander vor.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Person des Regisseurs G.W. Pabst, der wie kein anderer für den neusachlichen Film steht und dabei spätere Stars wie Grata Garbo und Louise Brooks entdeckte, der sich aber danach aber auch mit den Nationalsozialisten arrangierte und deshalb kritisch gewürdigt werden muss. Viele seiner Filme laufen in der Veranstaltungsreihe, und am Samstag, 21. Dezember, werden sein Werk und sein widersprüchliches Leben eingehend beleuchtet.
Programm:
Samstag, 28. September, 17 Uhr, Eröffnung: „Von Caligari zu Hitler“ – Eine kreative Epoche des deutschen Films, Von Caligari zu Hitler und Geheimnisse einer Seele
Sonntag, 6. Oktober, 19.30 Uhr, Die Verrufenen
Samstag, 2. November, 19.30 Uhr, Abwege
Montag, 18. November, 19.30 Uhr, Berlin. Die Sinfonie der Großstadt
Donnerstag, 5. Dezember, 19,30 Uhr, Wege zu Kraft und Schönheit
Samstag, 14. Dezember, 18 Uhr, „Die Neue Frau der 20er Jahre“, Menschen am Sonntag und Asphalt
Sonntag, 21. Dezember, 18 Uhr, G.W. Pabst – Collage zu einem widersprüchlichen Leben, Die freudlose Gasse
Samstag, 11. Januar, 18 Uhr, Weibliche Experimente: Filmpionierinnen und die Avantgarde, „Kollaborationen: Frauen und der absolute Film“, „Bauhäuslerinnen und Celluloid“, Die experimentelle Dokumentarfilmerin Ella Bergmann-Michel
Mittwoch, 15. Januar, 19.30 Uhr, Sachlich neu – der Fotograf August Sander, August Sander – Menschen des 20. Jahrhunderts
Montag, 21. Januar, 19.30 Uhr, Tagebuch einer Verlorenen
Sonntag, 26. Januar, 19:30 Uhr, Cyankali
Samstag, 1. Februar, 18 Uhr, Gendertrouble in der Weimarer Republik, Mädchen in Uniform und Ich möchte kein Mann sein
Samstag, 1. März, 18 Uhr, Finissage: Die Dreigroschenoper hät/red
Autor:Kristin Hätterich aus Mannheim |
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