Adler-Trainer Pavel Gross im Interview - Kein Deutscher Meister 2020
„Nach der Schlacht ist jeder General“
von Peter Engelhardt
Eishockey. Das abrupte Ende der Eishockey-Saison kam zwar nicht aus heiterem Himmel aber die Entscheidung in dieser Konsequenz war natürlich für fast alle sehr schwer zu verdauen. Betroffen zeigte sich auch Adler-Trainer Pavel Gross, der selbstredend natürlich vollstes Verständnis für diese außerordentliche Maßnahme hat. Das Wochenblatt sprach mit ihm über die gerade zu Ende gegangene Spielzeit, die aktuelle Lage und den Blick in die neue Saison.
???: Kam diese Entscheidung überraschend für Sie?
Pavel Gross: Wir haben es im Vorfeld schon geahnt. Wir haben ja die Entscheidung des Schweizer Eishockeyverbandes mitbekommen wenige Tage zuvor. Dass es bei uns in dieser Konsequenz umgesetzt wurde – damit konnte keiner rechnen. Selbst 24 Stunden später konnte ich es immer noch nicht glauben.
???: Wie geht man damit um? Wie hat die Mannschaft reagiert?
Gross: Wir sind natürlich alle traurig, die Spieler, die Angestellten, der ganze Staff. Alle leben für das Eishockey, für die Playoffs, die beste Zeit des Jahres. Es ist sehr traurig, aber wir müssen das auch akzeptieren, es wurde so angeordnet und es geht schließlich um die Gesundheit aller.
???: Wurde dem Anlass entsprechend richtig gehandelt oder ist der Hype um Corona zu groß?
Gross: In meiner Heimat, in der Tschechei, sind sie ja genauso rigoros in den Entscheidungen, auch hier wurden Kitas und Schulen geschlossen. Keiner weiß am Ende wie schlimm die ganze Sache wirklich ist und wo es noch hinführt, ich möchte das gar nicht bewerten. „Nach der Schlacht ist jeder ein General“, so heißt ein Sprichwort in meinem Land. Dass manche Leute übertreiben, die sozialen Medien das alles so pushen, ist doch normal. Es ist und bleibt momentan das beherrschende Thema unserer Zeit.
???: Was bedeutet das für die Deutsche-Eishockey-Liga im Gesamten?
Gross: Kann ich gar nicht abschätzen, aber Respekt vor den Leuten, die diese schwere Entscheidung getroffen haben als erste Mannschaftssport so zu entscheiden.
???: Was hätten Sie von Geisterspielen gehalten?
Gross: Eine komische Vorstellung, definitiv nicht viel. Was im Fußball in Erwägung gezogen wurde und bei uns eben nicht ist nur eine Frage, die mit Geld zu tun hat. Für Sky ist die Kohle wichtiger als die Gesundheit. Was wäre passiert, wenn sich während den Playoffs ein Spieler infiziert hätte? Was dann? Solche Dinge machen mich schon sehr nachdenklich. Jetzt haben ja alle Ligen erst einmal die Reißleine gezogen.
???: Können Sie schon eine Resümee der Saison ziehen?
Gross: Es ist sehr schwierig die Spielzeit zu beurteilen. Wir hatten unterschiedliche Phasen, hatten im November einen Durchhänger, da hatten wir uns noch nicht gefunden. Die letzte kleine Krise führe ich darauf zurück, dass nach dem Spitzenspiel gegen München hier in der Arena bei uns die Luft etwas raus war. Der erste Platz war ja weg. Wir hätten jetzt das Training noch mal intensiviert. Aber zweimal hintereinander über 100 Punkte nach der Hauptrunde, das kann sich sehen lassen. Diese Saison war nicht so überragend wie die letzte, aber sie war solide.
???: Was bedeutet dieses abrupte Ende für die Adler-Verträge und für den restlichen offiziellen Saisonverlauf?
Gross: Wir werden in den nächsten Tagen und Wochen viele Meetings haben mit dem Coaching Stuff, mit den Spielern und den Verantwortlichen. Wir sprechen über den kommenden Sommer und wie es weiter geht, wie das Team in der kommenden Saison aussehen wird. Meetings haben wir auch in normalen Zeiten, aber jetzt sind sie eben ganz speziell. Einige Abgänge sind ja schon bekannt und mit Stefan Loibl aus Straubing gibt es schon einen bekannten Neuzugang.
???: Wie beurteilst Du die Neuzugänge der abgelaufenen Saison?
Gross: Die größte positive Entwicklung war natürlich die von Tim Stützle. Er hat einen Riesenschritt gemacht. Er ist kreativ, läuferisch stark, er hat ein gutes Auge. Er wollte ein paar Tore mehr schießen, aber das kommt alles noch. Auch Borna Rendulic hat sich bewiesen, er ist ein Torjäger mit einem enormen Speed. Und Järvinen hat unsere Außenpositionen sehr gut in Szene gesetzt. Für Chad Billins und Björn Krupp war es nicht einfach, die Konkurrenz in der Defensive war groß. Das Spielniveau in Mannheim ist eben sehr hoch. pete
Autor:Peter Engelhardt aus Mannheim |
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