Vortrag von Erich Weiss
Karoline − „Die Große Landgräfin“

Erich Weiss (links) beim Gersbacher Seniorentreff. Organisiert wird die Vortragsreihe von Heini Ehrlich (rechts) | Foto: Frank Schäfer
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Pirmasens. Das Leben der Gemahlin des Pirmasenser Stadtgründers Ludwig IX. stand im Mittelpunkt des Vortrags von Erich Weiss, der am 14. November beim Seniorentreff im Gersbacher Sportheim zu Gast war.
Karoline Henriette von Pfalz-Zweibrücken (1721-1774) war die älteste Tochter des Pfalzgrafen und Herzogs Christian III. von Zweibrücken aus dessen Ehe mit Karoline, Tochter des Grafen Ludwig Kraft von Nassau-Saarbrücken. Sie wuchs mit ihren Geschwistern Christian, Friedrich Michael und Christiane Henriette im Elsass und in der Südpfalz auf. Von ihrer Mutter wurde Karoline umfassend und sorgfältig ausgebildet und heiratete 1741 in Zweibrückenden späteren Landgrafen Ludwig IX. Von Hessen-Darmstadt.

Ehe auf Distanz

Kennengelernt hatten sich die beiden, als Ludwig auf der Fahrt nach Versailles in Bergzabern übernachtete. „Es war eine Liebeshochzeit, wie sie in der damaligen Zeit keinesfalls selbstverständlich war. Trotzdem entwickelte sich die Ehe nicht so, als dass wir heute sagen könnten: Es war eine glückliche Ehe“, erzählte Erich Weiss. Ludwig war anfänglich seiner Gemahlin sehr zugetan, doch Karoline, die vier Jahre nach der Eheschließung eine eigene Hofhaltung begründete, lebte in den ersten Ehejahren vorwiegend in Buchsweiler, während ihr Ehemann Pirmasens zur Garnisonsstadt ausbaute. Buchsweiler war die Residenz der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, in der Ludwig als Vormund fungierte. 1750 folgte Karoline ihrem Mann nach Prenzlau, wo er als preußischer General ein Regiment befehligte. Nach Ausbruch des Siebenjährigen Kriegesund der Regierungsübernahme ihres Mannes war dieser nach Pirmasens zurückgekehrt und Karoline bezog nach einem erneuten Aufenthalt in Buchsweiler schließlich mit den Kindern die Residenz in Darmstadt.
Karoline Henriette pflegte freundschaftliche Beziehungen zu verschiedenen Schriftstellern und Gelehrten der damaligen Zeit, neben Goethe etwa zu Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland und galt als geistreichste Fürstin ihrer Zeit. Es war kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe, der sie in seinem Werk „Dichtung und Wahrheit“ als „die große Landgräfin“ bezeichnete. „Es ist hochinteressant, den Gedanken zu verfolgen, was aus Pirmasens geworden wäre, wenn damalige Geistesgrößen wie Goethe regelmäßig die Stadt besucht hätten“, so Erich Weiss.

Russlandreise wurde von Friedrich II. finanziert

Darüber hinaus stand die Landgräfin auch in Kontakt mit Friedrich II. von Preußen und war eine der wenigen Frauen, die er respektierte. Er nannte sie einmal „Zierde und Bewunderung unseres Jahrhunderts“ und schickte anlässlich ihres Todes eine Marmor-Urne. Durch ihre Töchter wurde sie Stammmutter des preußischen Königshauses beziehungsweise des späteren deutschen Kaiserhauses sowie des niederländischen Königshauses. Seit 1975 ist der Karolinenplatz in Darmstadt ihr zu Ehren benannt.
In Pirmasens hat sich ihr Mann Ludwig um seine Soldaten gekümmert, um seine Kinder aber nicht. Das war einzig die Aufgabe seiner Frau Karoline. Diese hatte sich zum Ziel gesetzt, eine ihrer Töchter an den russischen Zarenhof zu verheiraten. Doch eine Reise, wie sie zum Zweck einer arrangierten Ehe in Adelskreisen damals üblich war, war sehr kostspielig. Der Landgraf war nicht bereit, dies zu finanzieren. So kam es, dass Friedrich II. von Preußen ihr 20.000 Gulden schickte, damit sie die Reise zusammen mit ihren Töchtern und ihrem Gefolge antreten konnte. Die Reise war erfolgreich: Ihre Tochter Wilhelmine wurde mit dem russischen Thronfolger, dem späteren Zaren Paul I. vermählt.

Grundverschiedenheit in der Einstellung

Die Ehe des Landgrafen Ludwig war aufgrund der Verschiedenheit der Eheleute durch Auseinandersetzungen gekennzeichnet. Karoline Henriette war musisch und literarisch interessiert, während sich Ludwig vorwiegend für das Militär begeisterte.
„Für den Landgrafen zählte nicht die Herkunft seiner Soldaten, sondern vielmehr die Leistung“, erklärt Erich Weiss. „Seine Gemahlin hingegen hatte eine völlig andere Einstellung: Sie hätte sich nie zu einem Nicht-Adeligen an den Tisch gesetzt. In dieser Grundverschiedenheit liegt wohl auch der Grund, warum sie nicht in Pirmasens leben wollte. In der Garnisonsstadt gab es keine Adelsfamilien. Neben den Soldaten gab es hier lediglich Handwerker und Freudenhäuser. Pirmasens, so wie es damals war, war für eine Dame wie Karoline einfach nicht geeignet. Wenn man sieht, wie groß und beeindruckend das Schloss in Darmstadt ist, versteht man vielleicht, warum Karoline nur selten in Pirmasens war. Sie hat sich hier gefühlt wie im Militärlager.“ fsc/red

Autor:

Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens

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