VHS-Exkursion nach Haguenau
Kofferkultur vom Feinsten
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. Das Städtchen Haguenau in „Grand Est“ ist eine Reise wert. Doch die Koffer werden erst am Ziel gepackt, denn hier ist die Reisekultur zu Hause. In der ehemaligen Banque de France beherbergt ein Museum wertvolle „Schätzchen“ der letzten 300 Jahre. Bestaunt von den Teilnehmern der VHS-Exkursion unter der versierten Leitung von Helga Knerr.
Die Fahrt ins benachbarte Elsass war bereits für Frühjahr 2020 vorgesehen, fiel aber der Corona-Pandemie zum Opfer. Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, machten sich knapp 30 Personen auf in einen Ausflug in die Vergangenheit. Denn die Geschichte von Haguenau reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Dank Friedrich Barbarossa wurde die einstige Wasserburg zuerst zur Pfalz und 1164 zur Reichsstadt. Viele historische Bauten, darunter die Georgenkirche, der Ritterturm oder die Hopfenhalle erinnern heute noch an eine wechselvolle Vergangenheit. Mal stand Haguenau unter französischer, mal unter deutscher Herrschaft. Beim Stadtrundgang konnten die Gäste aus Pirmasens unter anderem die klassizistische Synagoge, das Rathaus, das Maison de Retraite, ein romantisch geschmückter Brunnen aus dem 15. Jahrhundert oder auch das elegante Stadttheater in Augenschein nehmen. Zum Abschluss des Rundgangs verweilten die Teilnehmer der Exkursion einige Zeit in der beeindruckenden Kirche St. Georg. 1189 fertig gestellt, ist sie im romanischen Stil errichtet. Das Gotteshaus gilt neben der Kirche St. Nikolaus als der bedeutendste Sakralbau der Stadt. Seit 1848 trägt es die Bezeichnung „Monument historique“.
Dann war es Zeit, sich um die „Bagage“ zu kümmern. Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei dem Begriff handelt es sich nicht um ein Schimpfwort, sondern um das Gepäck. Das „Musée du Bagage“, das in der ehemaligen Banque de France untergebracht ist, entführt die Besucher auf eine Zeitreise durch drei Jahrhunderte. Die Grundlage für diese außergewöhnliche Präsentation schufen Jean-Philippe und Marie Rolland, die sich mittlerweile eine eigene Firma aufgebaut haben. Das Ehepaar hatte mit viel Leidenschaft rund 600 aufwendig gearbeitete Kisten (etwa für die Fahrt mit der Postkutsche), edel ausgestattete Kleiderkoffer mit Spiegel und Bügelhalter, kleine Holzbehälter für die Teezeremonie auf Reisen oder auch luxuriöse Gepäckstücke, signiert von Louis Vuitton oder Moyat zusammengetragen. Viele der Stücke mussten von Jean-Philippe und Marie Rolland erst repariert und hergerichtet werden, damit sie ihre wahre Schönheit präsentieren konnten.
Es ist interessant zu sehen, mit welchem Einfallsreichtum Handwerker nach den ausgefallenen Wünschen der Kunden die oft schweren Koffer gestalteten und ausstatteten. Fast der gesamte Haushalt musste mit auf die Reise in neue Abenteuer. Ob es sich um das Haustier, Spielsachen der Kinder, Küchenausstattung, Lesestoff oder die Büroeinrichtung handelte, alles musste richtig verstaut werden. Da war Tüfteln angesagt. So hatten beispielsweise Koffer, die mit der Postkutsche transportiert wurden, einen Runddeckel, damit das Regenwasser gut ablaufen konnte.
Zu sehen sind auch „Musterkoffer“ von Handlungsreisenden, eine gut verstaute Reiseschreibmaschine der Marke „Corona“ oder auch der „Trolley“, robuste Ledertasche, die an einem Spazierstock mit zwei Rädern befestigt ist.
Das Sammlerehepaar, das nach wie vor auf der Jagd nach „Reiseschätzchen“ ist, will mit verschiedenen Konzeptionen bei der Präsentation stets neue Akzente setzen. So ist geplant, im kommenden Jahr die noch ungezeigten Exponate in der Ausstellung nach Schwerpunkten anzuordnen.
Zum Abschluss der Exkursion gab es eine Crémant-Verkostung im Weingut Jülg in Seebach. Zu Chardonnay und Rosé gab es einen selbst gebackenen „salzigen“ Gugelhupf mit Speck. Lukullischer Abschied vom schönen Elsass. ak
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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