Sommerinterview mit Steffen Weiß: So hat sich der neue Wörther Bürgermeister im Rathaus eingelebt
Wörth. Seit anderthalb Monaten hat die Stadt Wörth am Rhein einen neuen Bürgermeister, am 1. Juli hat Steffen Weiß sein Amt angetreten. "Wochenblatt"-Redakteurin Heike Schwitalla hat im Gespräch mit ihm erfahren, wie er sich im Rathaus eingelebt hat, wie er im neuen Job zurecht kommt und welche Pläne er für das Wörth der Zukunft verfolgt.
???: Herr Weiß, Sie sind jetzt knapp anderthalb Monate im Amt als Bürgermeister der Stadt Wörth. Wie ist Ihr erster Eindruck. Haben Sie sich gut eingelebt im neuen Job und im Rathaus?
Steffen Weiß: "Ich habe nicht zum ersten Mal den Arbeitsplatz gewechselt in meiner beruflichen Laufbahn. Jetzt hatte ich den Vorteil, dass ich den Weg ins Rathaus und mindestens den Ratssaal schon sehr gut kenne. Und ich hatte sieben Monate Vorlauf. Das ist mit anderen Arbeitsplatzwechseln nicht zu vergleichen. Ich fühlte mich von Anfang an wohl im Rathaus. Immer wenn mich jemand fragt, sage ich – voller Überzeugung – 'ich werde gut behandelt und alle sind nett zu mir'. Ich nehme eine positive Aufbruchstimmung im Haus und in den anderen Einrichtungen wahr.
Vom ersten Tag an steht man als Bürgermeister in der Verantwortung; Es sind Unterschriften zu leisten, Freigaben zu erteilen oder auch mal nicht. Es stehen Entscheidungen an, die man selbst treffen muss oder man muss Entscheidungen, die von den Fachabteilungen vorbereitet wurden, mittragen.
Besonders spannend finde ich, dass wir eine absolute Besonderheit im Vergleich zu früheren Bürgermeisterwechseln haben. Denn zeitgleich starten auch die neu gewählten Gremien, was rechnerisch nur alle 40 Jahre passieren kann. Und wir werden seit 1980 auch einen kompletten Wechsel an der Stadtspitze, also bei Bürgermeistern und den Beigeordneten, im selben Jahr haben.
Da besteht natürlich die Gefahr, dass etwas an Informationen oder Wissen auf der Strecke bleibt – aber ich sehe die viel größere Chance, die sich bietet. Übrigens auch angesichts der dunklen Wolken, die über den städtischen Finanzen zunehmend aufziehen. Wenn wir jetzt den von den Wählern ja klar vorgegebenen Politikwechsel weg vom 'höher, schneller, weiter' nicht vollziehen, wann dann?"
???: Wenn man am 1. Juli ein Amt übernimmt, gab es da Zeit für einen Sommerurlaub? Oder arbeiten Sie durch?
Steffen Weiß: "Ich hatte ja auch eine Vorbeschäftigung und dort das nicht unübliche Thema mit dem Resturlaub. Daher habe ich im Mai und im Juni noch mal zwei kurze Auszeiten genommen. Da meine Kinder inzwischen alle die Schule beendet haben und ab Herbst dann alle drei studieren werden, gibt es diese klassischen Sommerferienthematik für mich dann auch gar nicht mehr".
"Eine Herausforderung in jeder Hinsicht wird sicher der bevorstehende Doppelhaushalt 2025/26"
???: Vermutlich sind Sie noch in der „Lernphase“? Wie arbeitet man sich in die Aufgaben eines Bürgermeisters ein, wie lange, glauben Sie, wird es dauern, bis Sie ganz angekommen sind?
Steffen Weiß: "Ich hatte schon seit einigen Monaten vorbereitende Gespräche im Rathaus, aber etwa auch mit den verbundenen Gesellschaften. Da ich in der letzten Wahlperiode des Stadtrates Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler war, hatte ich auch schon viele Einblicke und fange nicht bei Null an. Das Einarbeiten in die Verwaltungsabläufe funktioniert wirklich gut. In der Stadtverwaltung arbeiten kompetente und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mir gerne auch Abläufe erklären.
Ich freue mich auch besonders, dass die Kommunikation mit dem Personalrat von Anfang an konstruktiv und harmonisch verläuft. Natürlich werden wir auch mal strittige Themen haben, aber auch da werden wir einen respektvollen Umgang finden.
Bis wann ich „ganz angekommen“ bin, kann ich schwer sagen. Aber „angekommen“ bin ich bereits. Eine Herausforderung in jeder Hinsicht wird sicher der bevorstehende Doppelhaushalt 2025/26."
???: Was macht Ihnen im neuen Job am meisten Spaß?
Steffen Weiß: "Ich kommuniziere sehr gerne mit Menschen, kümmere mich um Sorgen, Nöte und Probleme. Als Bürgermeister können Sie unglaublich schnell sehr viele „kleine Dinge“ erledigen und Menschen damit helfen, auch wenn man es sicher nicht allen recht machen kann.
Daneben ist es die Vielfalt der Themen an einem einzelnen Tag im Rathaus und auch die damit verbundene Kommunikation mit den Beschäftigten in der Verwaltung, die mir Freude bereitet."
???: Gibt es etwas, das Sie überhaupt nicht mögen?
Steffen Weiß: "Mich stört es, wenn Menschen Dinge nur für sich oder eine bestimmte Gruppe fordern oder auch „in Anspruch nehmen“ und dabei die Wirkung auf Dritte nicht beachten oder ignorieren. Wenn sich Jede und Jeder in unserer Gesellschaft etwas zurücknehmen würden, mehr Toleranz und Rücksichtnahme zeigen würden, müsste weniger über Kontrollen, Auflagen und Sanktionen geregelt werden.
Und ich mag es nicht, wenn Lösungen auf der Hand liegen, mit denen alle Beteiligten leben könnten, diese aber von überbordender Bürokratie verhindert werden."
???: Was waren die ersten Veränderungen, die Sie eingeführt haben?
Steffen Weiß: "Mir ist zunächst sehr wichtig, dass die Gremien nach den Kommunalwahlen zu einem guten Miteinander und zu einer guten Zusammenarbeit mit der Verwaltung kommen. Vor allem müssen Beschlüsse nachvollziehbar und transparent sein. Wir haben jetzt zum Beispiel eine feste Sitzordnung im Ratssaal, stellen Namensschilder auf und reden uns während der Sitzung förmlich an – 'das Du' kann jede/r außerhalb der Ratssitzung halten, wie sie/er es möchte bzw. das auch bilateral besteht.
Mir geht es dabei um Transparenz, aber auch um den respektvollen Umgang."
???: Sie haben die Facebook-Seite „Alle aus Wörth“ bestimmend mitgeprägt, werden Sie die Tätigkeit als Admin weiter ausüben? Was sagen Sie den Kritiken, die Ihnen vorwerfen, die Seite politisch zu nutzen bzw. genutzt zu haben?
Steffen Weiß: "Diese Facebook-Gruppe ist etwas, auf das ich sehr stolz bin! In Zeiten von immer mehr Hass, Beleidigungen und Hetze, ist es uns Admins gelungen, eine Gruppe zu schaffen, in der auf den Umgang untereinander geachtet wird, in der auch mal Sanktionen notwendig sind. Diese Gruppe hat einen hohen Anspruch an die inhaltliche aber auch die kommunikative Qualität – und das kommt an. Ständig steigende Mitglieder- und Nutzungszahlen zeigen das. In den Corona-Jahren war die Gruppe lokal sicher die schnellste, zuverlässigste und wichtigste Informationsquelle, in der wirklich die komplette Breite an Sichtweisen der Coronazeit personell abgebildet war, ohne dass sich in der Gruppe die Köpfe eingeschlagen wurden, weil genau diese Diskussionen jenseits der Sachinformation hier gar nicht stattgefunden haben.
Soweit es meine Zeit zulässt, mache ich da weiter, habe aber meine Präsenz in den letzten Monaten schon reduziert. Die Gruppe wird mehr und mehr zum Selbstläufer."
"Ein weitgehendes Ende von 'das haben wir schon immer so gemacht'"
???: Was sind als Bürgermeister Ihre Ziele für die Stadt Wörth – kurzfristig, aber auch auf längere Sicht
Steffen Weiß: "Eine Stadt mit einer sehr teuren Infrastruktur, muss sich diese auch dauerhaft leisten können. Hier sehe ich in der Zukunft Probleme auf uns zukommen, denn die hohen Standards, die in Wörth in den 1980er Jahren geschaffen wurden, lassen sich auf Dauer nur mit einer auskömmlichen Finanzausstattung sichern. Und die Zeichen einer wirtschaftlichen Eintrübung sind nun wirklich landauf, landab sichtbar. Mit den Ansprüchen an das, was die Stadt machen soll, kann oder „muss“, werden wir also umgehen und dabei die Einnahme- und Ausgabenseite gleichermaßen im Blick behalten müssen. Dies wird ohne Veränderungen nicht gehen.
Von daher setze ich einerseits auf die erfahrenen, andererseits aber auch auf das gute Drittel an neuen Stadtratsmitgliedern und auf ein weitgehendes Ende von 'das haben wir schon immer so gemacht'.
Zusammen mit allen anderen Beteiligten müssen wir müssen auch die Dezentralisierung der Energieversorgung hinbekommen. Wir haben in den Gremien und der Verwaltung bereits alle gemeinsam einen neuen Weg beim Thema 'Energie' eingeschlagen. Fernwärme, Photovoltaik, Geothermie, Batteriespeicher, Windkraft – das sind alles Themen, die uns auch noch weiter beschäftigen werden. Und darauf freue ich mich sehr".
Weiterführende Infos
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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