Wie man der invasiven Kermesbeere Herr werden kann
Aktionswanderung im gefährdeten Wald
Annweiler. Am Samstag, 6. November, veranstaltete die Stadt Annweiler gemeinsam mit Kerstin Reddig und Simone Hoppelshäuser eine Aktionswanderung. 24 fleißige Helferinnen und Helfer traten an, um gemeinsam der Kermesbeere den Kampf anzusagen.
Mit Handschuhen, kleinen Schaufeln und Grünabfallsäcken bewaffnet, traf man sich um 11 Uhr am Prof. Nägele Platz. Dann marschierte die Truppe los über den Scheffelweg und weiter circa 800 Meter auf dem Kaiser Friedrich Wanderweg Richtung Jung- Pfalz-Hütte. Simone Hoppelshäuser führte in ein Waldgebiet in dem die Kermesbeere bereits ein invasives Ausmaß angenommen hat.
Diese aus Amerika stammende Staude ist eigentlich ganz hübsch anzuschauen und wird tatsächlich fatalerweise immer noch in Deutschland als Zierpflanze für den Garten verkauft. Auf diesem Weg ist sie hier gelandet und gerade dabei, sich in unseren heimischen Wäldern in Windeseile auszubreiten. Die Beeren sind für den Menschen absolut giftig, nicht jedoch für Vögel, welche die Samen munter verteilen. Im Wald werden sie eher von Waldmaschinen verbreitet, die vom Forst eingesetzt werden, durch kontaminierten Schotter sowie illegal entsorgte Gartenabfälle.
Die Kermesbeere steht in Konkurrenz zum ohnehin gestressten Wald, stellt eine Gefahr für Gräser, Moose, Farne und restliche heimische Pflanzen dar. Sie entzieht den Wäldern in großem Ausmaß Wasser, Licht und Nährstoffe. Außerdem bildet sie massive Dominanzbestände gegenüber standorttypischen Arten. Eine mehrjährige Staude kann bis zu fünf Meter lange Wurzeln bilden.
Des Weiteren gibt die Kermesbeere chemische Stoffe in den Waldboden ab, um die heimischen Pflanzen in ihrem Wachstum zu behindern.
Meist tritt die invasive Staude in frisch geernteten Waldbeständen auf, auf lichten Flächen. Leider hat sie keine Gegenspieler wie Mikroorganismen oder Fraßfeinde.
Was also tun? Wichtig ist in erster Linie, dass einzelne Stauden entfernt werden, bevor diese einen „Flächenbrand“ auslösen können.
In dem Waldgebiet, in dem der Helfertrupp unterwegs war, war der Pflanzenbestand hauptsächlich von einjährigen Jungpflanzen geprägt. Etwa dreieinhalb Stunden verbrachten die Teilnehmenden in diesem Waldstück und zupften die jungen Pflänzchen der Kermesbeerstaude aus dem Waldboden, die in diesem Wachstumsstadium etwa aussehen wie kleine längliche Radieschen. Auch einige große, ältere Pflanzen konnten ausgegraben werden.
Das Augenmerk lag aber an diesem Aktionstag hauptsächlich auf den kleinen Jungpflanzen. Dank dieser Aktion sind es im nächsten Jahr hunderte von Kermesbeeren weniger, die ansonsten im Frühling wieder ausgetrieben hätten und die Naturverjüngung der heimischen Wälder mehr und mehr unterbunden hätten.
Nun geht es Kerstin Reddig und Simone Hoppelshäuser nicht darum, dazu aufzurufen, die Pflanzen willenlos rauszureißen, denn es gibt doch einiges zu beachten. Wie bereits erwähnt, ist die Kermesbeere giftig, nicht nur zum Verzehr ungeeignet sondern auch die rübenartige Knolle und deren Saft, die im Erdreich überwintert und nach Meerrettich riecht, ist gefährlich. Deshalb müssen Handschuhe getragen werden und eventuell auch eine Schutzmaske und Schutzbrille. Man sollte auch nicht durch willkürliche Buddelaktionen die heimische Vegetation zerstören oder bei einer solchen den Übeltäter mit den unter Schutz stehenden Tollkirschen oder dem Fingerhut verwechseln. Und anstatt große Stauden auszugraben, ist schon das Abschneiden der weißen Blüten oder später der roten Beeren eine große Hilfe. Selbstverständlich sollten keine Beeren beim Transport versehentlich verteilt werden. Alle Pflanzenteile müssen in jedem Fall in der Restmülltonne entsorgt werden.
Unter gar keinen Umständen sollte der Kermesbeere mit irgendwelchen Giften zu Leibe gerückt werden.
Jetzt ist die Saison der Kermesbeere aber erst einmal beendet. Sobald der erst Frost kommt, erfrieren die oberirdischen Teile der Pflanze oder sie vertrocknen und bleiben als kahle Stängel stehen. Dafür erscheinen sie dann im Frühling wieder mit aller Wucht.
Bis dahin ist erst einmal Ruhe. Nichtsdestotrotz freuen sich Kerstin Reddig und Simone Hoppelshäuser, wenn gesichtete Bestände und der Standort per mail gemeldet werden, falls vorhanden mit Fotos.
Im nächsten Jahr kann die Vernichtung der Kermesbeere dann in die nächste Runde gehen und beispielsweise wieder damit begonnen werden, die oberirdischen Teile der Pflanze zu entfernen und kontinuierlich, in Abständen von circa 14 Tagen, die immer wiederkehrenden Jungtriebe zu zertreten. So kann die Kermesbeere keine Photosynthese betreiben. Mit viel Geduld laugt man so die mächtige unterirdische Knolle aus. Diese Art der Bekämpfung macht Sinn, wenn in einem Wald oder einer Waldlichtung nur wenige Stauden stehen. Mit dieser Methode war Kerstin Reddig in den vergangenen Jahren im Birkental / Wellbachtal Richtung Wilgartswiesen erfolgreich: „ein sehr gutes Gefühl, diese wunderbare einsame Waldlichtung wieder frei von Neophyten zu haben“.
Aus der engagierten Gruppe der Aktionswanderung fanden sich bereits fünf Teams zusammen, denen kleine Teilgebiete in Annweiler und Umgebung zugewiesen wurden: die Fläche an der Willi Achtermann Hütte (Richtung Kletterer Hütte), Waldlichtung in der Biegerkehle Richtung Rothenberg (hinter Straßenmeisterei), Teilgebiet zwischen Münz und Windhof Danziger Brunnen, Dingental Richtung Jung Pfalz Hütte (Zwischen Sarnstall und Rinnthal), Rothenberg/Kaiserkanzel. Weitere große Flächen befinden sich in Rinnthal im Tal der Generationen, am Großen Lehnteich im Wellbachtal, Danziger Brunnen Richtung Dreißig (Oberer Fahrweg). Die größte übermächtigste Fläche ist am großen Adelsberg zu finden. Im Semmersthal Gräfenhausen, Hohlweg vom Nordring zum Danziger Brunnen findet sich außerdem auch die invasiven Kollegen Drüsiges Springkraut und Japanischer Riesenknöterrich.
Gerne weisen die beiden Frauen im kommenden Frühjahr weitere interessierte Naturfreunde in betroffene Stellen ein. Geerntetes Material wird dann nach Absprache gelagert und der Abtransport koordiniert.
Nach dem stattgefundenen anstrengenden aber erfolgreichen Arbeitseinsatz, bei dem vier große Grünabfallsäcke befüllt werden konnten, kehrte die Gruppe in der Jung-Pfalz-Hütte ein. Die gefüllten Säcke wurden am Fahrweg abgestellt. Der Annweilerer Forst hat diese nach vorheriger Absprache freundlicherweise den Abtransport übernommen.
Kerstin Reddig und Simone Hoppelshäuser bedanken sich auf diesem Wege nochmals ganz herzlich bei den Helferinnen und Helfern. „Ein großes Dankeschön geht außerdem an unseren Stadtbürgermeister Benjamin Seyfried, der die Idee zu dieser Helferwanderung hatte“. beb
Kontaktdaten
kerstin-reddig@t-online.de
oliver@hoppelshaeuser.de
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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