CDU Annweiler greift Problematik Treibstoff-Ablass über dem Pfälzer Wald auf
Landtagsabgeordneter Weiner referiert und diskutiert den aktuellen Stand
Annweiler. Zum in den letzten Monaten zunehmend „heiß“ gewordenen Thema „Kerosin-Ablass über dem Pfälzerwald“ hatte der CDU-Stadtverband Annweiler am Dienstagabend „alle interessierten Bürgerinnen und Bürger“ zu einer „offenen Gesprächsrunde“ in den Hohenstaufensaal (Annweiler) eingeladen. Zum Thema referierte der Landtagsabgeordnete Thomas Weiner (CDU), der auch Fragen beantwortete und mit dem Publikum diskutierte.
Seit bereits zwei Jahren bearbeite er die Thematik für seine Fraktion, berichtete Thomas Weiner. Da von allen Treibstoff-Ablässen deutschlandweit die Hälfte über Rheinland-Pfalz durchgeführt werde, sei ihm der Verdacht gekommen, die Pfalz könne für Treibstoff-Müll „klammheimlich zur Deponie ausgewiesen worden sein“.
Eigentlich sei man auf allen anderen Gebieten schon erheblich weiter. So würden Schadstoffe beispielsweise nicht mehr in den Rhein abgelassen oder in der Nordsee verklappt, wie noch in den 1970er Jahren. Für den Rhein gebe es zudem ein Warnmelde-System seit dem Chemie-Unfall in Basel (1986). Nur um die Auswirkungen des Flugbetriebes auf Umwelt und Menschen werde sich kaum gekümmert.
Vor einiger Zeit habe er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender im Wirtschaft- und Verkehrsausschuss des Landtages eine Anhörung zum Thema geleitet und diese habe zu seiner Überraschung zur Erkenntnis geführt „keiner weiß Bescheid“. Dann habe er mit dem zuständigen Staatssekretär in Berlin gesprochen und zur Auskunft bekommen „wenn ein Notfall vorliegt kann man nichts machen!“. Diese weit verbreitete Auffassung sehe er differenziert: Mehr als 80 Prozent der Ablässe seien keine dringende Notfälle wie beispielsweise Herzattacken. Meistens könnten die Flugzeuge ohne Problem noch stundenlang weiterfliegen.
Regelungen fehlen
Lediglich alle halbe Jahre gehe vom Luftfahrtbundesamt ein zusammenfassender Bericht an die Landesregierungen, in der Treibstoff-Ablässe aufgelistet sind, schilderte Thomas Weiner die bisherige Situation. Heutzutage wüssten interessierte Bürgerinnen und Bürger mehr als die Regierungen, da mittels geeigneter Computer-APP’s alle zivilen Flugbewegungen über Deutschland beobachtet werden könnten und gewitzte Leute daraus zutreffend die für Treibstoff-Ablass typischen Flugmanöver herausinterpretierten und diese dann im Internet veröffentlichen sowie mitunter auch Zeitungen informieren würden. Inzwischen habe die Bundesregierung reagiert und die zuständige Behörde angewiesen, Ablässe innerhalb von drei Tagen im Internet zu veröffentlichen. Das genüge noch nicht. Die abgelassenen Stoffe seien bereits nach zwei Tagen messtechnisch nicht mehr nachweisbar. Als zweiter Schritt sei deshalb eine Information am selben Tag notwendig.
Einige seiner Vorschläge würden deutlich über das hinausgehen, was in Mainz beraten und beschlossen worden sei, so Thomas Weiner.
Jeder Fall muss amtlich untersucht werden
Er hinterfrage auch, wieso Flugzeuge am liebsten zum Heimatflughafen zurück müssten - da seinen durchaus wirtschaftliche Gründe zu vermuten, „oder die Fluggesellschaften wollen nicht, dass die Ursachen bekannt werden“. Er fordere deshalb eine amtliche Untersuchung nach jedem Fall der keine medizinische Ursache habe. Dadurch würde deutlich ob vielleicht schlechte oder zu seltene Wartung, Einbau von nicht originalen Ersatzteilen oder Konstruktionsmängel ursächlich seien. Diese Erkenntnisse würden dazu führen, dass die Zahl künftiger Fälle zurückgehe.
Wie bei jeder anderen Umweltbelastung auch, sollten Gebühren eingeführt werden, forderte der Landtagsabgeordnete. So steige der Druck, technische Verbesserungen sowie andere Möglichkeiten zu wählen. Zehntausend Euro pro Tonne abgelassenen Treibstoff schlage er vor. Das ergäben z. B. bei vierzig Tonnen abgelassenem Kerosin vierhunderttausend Euro. Das höre sich zwar viel an, da aber nur jeder zehntausendste Flug betroffen sei, ergäben sich pro Flugpassagier gerade mal zwei Cent. Trotzdem würden sich im Einzelfall Anreize ergeben, „solche Kosten gar nicht erst zu riskieren, (sondern) die Wartungsintervalle zu verkürzen (sowie) nur noch Original-Ersatzteile einzubauen“.
„Solange nicht klar ist, was unten ankommt, müssen wir davon ausgehen, dass es nicht harmlos ist“, erklärte Thomas Weiner und schlug vor, die Bevölkerung „in Echtzeit“ zu informieren, vergleichbar Verkehrs-Warnmeldungen und wie bei einem brennenden Reifenlager. Vom Zeitpunkt der Zuweisung des Ablassgebietes über die halbe oder dreiviertel Stunde um dorthin zu fliegen bleibe dafür genug Zeit.
Schluss mit Beschwichtigung
„Es muss Schluss sein mit Beschwichtigung!“, so die unzweideutige Haltung des Landtagsabgeordneten. „Es ist eine Mär, dass oben Kerosin abgelassen wird und unten nichts ankommt. Die Frage ist nur, wo es ankommt und in welcher Konzentration.“ Dies könne man durchaus messen. Seine Gespräche mit Technikern der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes hätten ergeben, dass man dort bereits Anträge gestellt hat, um entsprechende Messgeräte anzuschaffen. Gerade im Saarland ahne man, dass über der Pfalz abgelassenes Kerosin bei Ostwind dort niedergeht. Man habe ihm seitens der Hochschule auch bestätigt, die Zusammensetzung des in Europa verwendeten militärischen und zivilen Kerosins sei dort bekannt und man sehe sich deshalb in der Lage gezielte Messungen durchzuführen.
Zusätzlich regte Thomas Weiner Satelliten-Auswertungen an: „Ozongehalt, CO²-Gehalt, Stickoxyde - alles kann vom Satelliten aus gemessen werden. Da lässt sich mit Sicherheit auch feststellen, wohin das vernebelte Kerosin vom Wind getrieben wird, denn hinter dem Mond verschwindet es ja nicht!“
Probereihen und Messungen unter Laborbedingungen seien möglich. Bislang wisse niemand, wo das Zeug herunterkommt. Angesichts vorherrschender Ostwinde über der Pfalz könnten es auch unsere westlichen Nachbarn treffen, in Frankreich, Luxemburg und Belgien. Es sei auch möglich, dass der Flugzeugtreibstoff Kerosin in der Atmosphäre Wechselwirkungen eingeht und Substanzen entstehen, die giftig sind oder klimawirksam. Ob Treibstoff oder entstehende Substanzen aufsteigen und die Ozonschicht schädigen könnten sei ebensowenig untersucht worden. Deshalb sei Forschung dringend notwendig.
„Engagieren Sie sich“, ermunterte der Landespolitiker seine Annweiler Zuhörerschaft abschließend. Schon jetzt sei es ein Erfolg der Bürgerinnen und Bürger die Kerosinablässe öffentlich gemacht hätten, dass Bewegung in die Sache komme: „Durch diesen öffentlichen Druck geraten Behörden, Parlamente, Fluggesellschaften und Konstrukteure in Erklärungsnot und werden zum Umdenken gezwungen.“
Werner Stähle
Autor:Werner G. Stähle aus Hauenstein |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.