Stabila-Geschäftsführer:
Verunsicherung und Frustration im Markt ist gewaltig
Annweiler (Südliche Weinstraße). Durch Förder- und Regulierungspolitik käme es in der deutschen Wirtschaft zu Verunsicherung, sieht Dr. Ulrich Dähne, Geschäftsführer (CEO) des international engagierten Messwerkzeugherstellers Stabila GmbH mit Stammsitz in Annweiler. Vor dem heimischen Baugewerbe läge ein herausforderndes Jahr. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (Berlin) prognostiziere nach minus 5,3 Prozent im Jahr 2023 für das laufende ein weiteres Umsatzminus von drei Prozent. Vor diesem Hintergrund wirft Ulrich Dähne einen Blick auf die aktuelle Situation, nimmt kritisch Stellung zu Fragen im Kontext von Wirtschaft und Politik und beleuchtet Auswirkungen auf die Situation von Herstellern, Handel und Handwerk.
2024 wird ein Jahr der Wahrheiten
„2024 dürfte ein ‚Jahr der Wahrheiten‘ werden“, erwartet Ulrich Dähne. „Nach vier außergewöhnlichen Jahren, zunächst bedingt durch die Corona-Krise, dann durch den Ukraine-Krieg, jeweils mit ihren speziellen Einflüssen auf das Nachfrageverhalten, Lieferketten, Preise, Inflation et cetera, dürften wir nun die wahre wirtschaftliche Lage sehen. Die Lieferketten normalisieren sich, die Lager- wie auch die Auftragsbestände sind weitgehend abgebaut. Die Politik kann keine schuldenfinanzierten Strohfeuer mehr zünden, wird aber auch nicht die Kraft zu einer dringend notwendigen Reformpolitik finden. Diese konjunkturelle Wahrheit wird in Deutschland ernüchternd sein, vor allem im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften.“
Baukonjunktur dürfte weiter einbrechen
Noch würden Handwerk, Handel und Hersteller von einem gewissen Auftragsbestand im Baubereich profitieren, im weiteren Verlauf des Jahres dürfte aber zumindest der Wohnungsbau weiter deutlich einbrechen, fürchtet Ulrich Dähne. Teilweise könne dies durch die hohen öffentlichen Investitionen, vor allem in die Infrastruktur, ausgeglichen werden, „sofern es hier endlich zu einer Beschleunigung von Planungs- und Realisierungszeiten kommt“. Die Investitionstätigkeit der Industrie dürfte hingegen weiter verhalten sein. In Summe ergäbe das für die Baukonjunktur im Inland einen sehr verhaltenen Ausblick. Ganz anders sähe es im Ausland aus. In vielen Ländern entwickle sich die Baukonjunktur trotz meist ähnlich schwieriger Rahmenbedingungen deutlich besser.
Verunsicherung durch Förder- und Regulierungspolitik
Bei Gewerken, die am Anfang der „Baukette“ stehen, etwa dem Rohbau, dürften die Aufträge mittlerweile so gut wie abgearbeitet sein, während nachfolgende Gewerke überwiegend noch einen soliden Auftragsbestand hätten. „Dazu kommt die große Verunsicherung im Markt durch die teilweise erratische Förder- wie Regulierungspolitik. In Summe aber leert sich die Pipeline kräftig, so dass alle Beteiligten schwierigere Zeiten zu erwarten haben.“ Zwar sei der Baubedarf in Deutschland weiter gewaltig, aber es werde eine Weile dauern bis sich, unter hoffentlich geänderten Rahmenbedingungen, Investoren wieder engagieren. Für den Wohnungsbau entscheidend würden dabei die gestiegenen Baukosten und Zinsen im Verhältnis zu den erzielbaren Mieten sein, nicht etwa mögliche staatliche Förderungen und Subventionen. „Die private Investitionstätigkeit in Deutschland wird in Summe für längere Zeit unter der großen Verunsicherung und den schlechten Rahmenbedingungen leiden“, beobachtet der Geschäftsführer des in der Südpfalz beheimateten Industrieunternehmens.
„Die Verunsicherung und Frustration im Markt ist bei allen Beteiligten gewaltig. Auf der einen Seite glaubt der Staat, durch eine immer detailliertere Regulierung, ja Gängelung die wirtschaftliche Entwicklung in seinem Sinne steuern zu können, zum anderen versucht er dann die negativen Auswirkungen dieser Politik durch immer maßlosere Förder- und Subventionierungsprogramme auszugleichen. Letztendlich versucht er so, das Leistungsprinzip und die Marktkräfte außer Kraft zu setzen, was auf Dauer nicht gelingen kann.“
Die Liste der auf die Wirtschaft einprasselnden Zumutungen sei nahezu grenzenlos, ein Ende nicht absehbar. „So edel die damit verbundenen Ziele auch sind, sei es der Klimaschutz, die soziale Absicherung oder die weltweite Durchsetzung unserer regel- und wertebasierten Gesellschaftsordnung, hier tun mehr Realismus und Pragmatismus dringend Not.“ Die Wirtschaft sei bereit, zu diesen Zielen ihren Beitrag zu leisten. Der Staat sollte dafür die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, sich aber aus einer Detailsteuerung der Wirtschaft wieder zurückziehen. Es gäbe genug zu tun für den Staat in seinen ureigenen Bereichen, etwa bei der Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung oder in den staatlich kontrollierten Unternehmen, etwa der Bahn.
Verbreitet Bedenken zum Wirtschaftsstandort Deutschland
Von mehreren Seiten werden zunehmend Bedenken und Warnungen zu den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland geäußert. Im September vergangenen Jahres reklamierte Stabila-Geschäftsführer Ulrich Dähne, der Wirtschaftsstandort Deutschland sei überreguliert und das Leistungsprinzip werde zunehmend geschliffen (wir berichteten). Anfang Februar appellierten Wirtschaftsverbände „mit großer Sorge“ an Bundeskanzler Olaf Scholz (wir berichteten). Auf Nachfrage war von einem Regierungssprecher diesbezüglich zur erfahren, „Offene Briefe nehmen wir grundsätzlich zur Kenntnis, kommentieren sie aber nicht. Der Bundeskanzler steht in einem engen und regelmäßigen Austausch mit den Vertretern der Wirtschaft“. Heute (19. Feb. 2024) fordert die Deutsche Industrie- und Handelskammer (Berlin) eine „Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik“.
Autor:Werner G. Stähle aus Hauenstein |
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