Wirtschaftsstandort Deutschland überreguliert - Leistungsprinzip wird zunehmend geschliffen

Dr. Ulrich Dähne, Geschäftsführer der Stabila Messgeräte GmbH. | Foto: Foto: W. G. Stähle
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Annweiler (Südliche Weinstraße). „Der Standort Deutschland ist uns wichtig, so schwierig er sich gegenwärtig auch darstellt. Unser Unternehmen steht für Qualität und Zuverlässigkeit. Dazu gehört das ‚Made in Germany‘“, betont Dr. Ulrich Dähne, Geschäftsführer (CEO) des international engagierten Familienunternehmens Stabila Messgeräte Gustav Ullrich GmbH mit Hauptsitz im südpfälzischen Annweiler am Trifels. Der Standort Deutschland leidet seiner Meinung nach hauptsächlich an zwei Hauptproblemen: „Die Politik leidet unter Omnipotenz-Phantasien und meint, sie könne und müsse alles regulieren, insbesondere die Kräfte des Marktes außer Kraft setzen und das ‚Fordern‘ tritt neben dem ‚Fördern‘ immer mehr in den Hintergrund.“

Politik denkt „wir können alles“
„Die Politik weckt damit Erwartungen, die nicht gehalten werden können, überspannt die Möglichkeiten des Staates und sorgt so nur für umso mehr Verdruss. So entsteht eine ausufernde Überregulierung“, konstatiert Geschäftsführer Dähne im Gespräch mit dem Verfasser. Unternehmen würden übermäßig von außen bestimmt. „Demut ist mal dringend angebracht. Der Staat muss festlegen ‚was können wir‘, vor allem aber ‚was können wir nicht‘. Der Staat meint, er könnte alles am besten. Dem ist aber nicht so. Dazu muss man sich nur mal die staatlich geführten ‚Unternehmen‘, etwa die Bahn, ansehen.“

Neben Fördern tritt Fordern immer mehr in den Hintergrund
So wichtig es sei, dass der Staat wirklich Bedürftigen hilft, mit der Hilfe müsse immer auch ein Anspruch an die Geförderten verbunden sein, betont Ulrich Dähne. Sofern Betroffene arbeitsfähig sind, müsse der Anspruch beispielsweise sein, dass sie wieder den Weg in die Arbeit finden. „Die Sozialgesetzgebung der letzten Jahre und Monate setzt da die falschen Anreize, etwa beim Bürgergeld. Das Leistungsprinzip wird immer mehr außer Kraft gesetzt, wer sich anstrengt, droht am Ende der Dumme zu sein.“

Förderprogramme drastisch reduzieren
„Ein Ergebnis der Omnipotenz-Phantasien des Staates sind die ausufernden Förderprogramme“, sieht Ulrich Dähne. Man meine, die Wirtschaft immer mehr über alle möglichen Förderprogramme steuern zu können. Die Wirtschaft sei da in einem Konflikt: „Betriebswirtschaftlich sollte man natürlich mitnehmen, was mitzunehmen ist, gesamtwirtschaftlich führt das aber in die Irre. Weniger ist da definitiv mehr, zumal, weil wenn staatliche Förderprogramme in Anspruch genommen werden, absurde Berichtspflichten gelten“. Aus Rückfragen erkenne man dann zudem oft, dass die bearbeitenden Stellen die gesetzlich geforderten Informationen gar nicht verstehen oder bearbeiten können. „Aus Wettbewerbsgründen sind wir gezwungen, das Geld, das herumliegt, auch zu nehmen. Geeignete Rahmenbedingungen für alle wären besser“.

Steuerlast in Deutschland überhöht
„Es gibt Kosten, die hat auch unser internationaler Wettbewerb. Problematisch sind Kosten die der Wettbewerb nicht oder in geringerer Höhe hat. Dazu gehört die Steuerlast“, spricht Firmenleiter Dähne an. Diese sei in Deutschland „gewaltig“, sowohl für die Arbeitnehmerschaft als auch für hier versteuernde Unternehmen. „Wir haben nicht nur die höchsten Steuern und Sozialabgaben, diese steigen auch weiter an. Das geht in die falsche Richtung.“ Dennoch würden ständig zusätzliche teure Programme aufgelegt, wie jüngst das Bürgergeld oder die ganze Rentengesetzgebung der letzten Jahre. „Das Geld muss irgendwo herkommen. Am Ende muss jemand bezahlen.“ Nein, Steuervermeidung sei bei Stabila noch kein vorrangiges Unternehmensziel. „Ich will mich mit unseren Produkten und Kunden beschäftigen, nicht mit Steueroptimierung. Da dreht sich einem der Magen um.“

Erbschaftsteuer Problem für Familienunternehmen
Eine spezifische Problematik der Familienunternehmen sei die Erbschaftsteuer. „Wir hatten kürzlich einen Erbfall. Die Steuer konnte gerade so aufgebracht werden. Es musste erhebliche Liquidität aus dem Unternehmen entnommen werden. Wenn dieses Erbe in absehbarer Zeit nochmal weitervererbt werden muss, wird es für das Betriebsvermögen und damit das operative Geschäft sehr eng“, schildert Geschäftsführer Dähne.
   (Erbschaftsteuer wird ausschließlich auf „natürliche Personen“ angewandt, nicht auf Kapitalgesellschaften. In vielen Ländern, darunter Österreich, wird diese nicht erhoben. Das veranlasst zu Firmenumwandlung sowie Abwanderung. Anmerkung des Verfassers.)

Arbeitsmarkt übermäßig reguliert
Auch der Arbeitsmarkt sei mittlerweile übermäßig reguliert, schilderte Ulrich Dähne auf Nachfrage. Auch hier erwiesen sich Eingriffe des Staates als problematisch. Trotz bestehender Überregulierung würden wieder und wieder neue Gesetze gemacht. „Wir haben Vollbeschäftigung und leisten uns den höchsten Kündigungsschutz; die Zeiten haben sich gewandelt. Lasst das doch mehr die Arbeitnehmerschaft und die Arbeitgeber regeln“, fordert er. Mindestlohn sei ein weiterer problematischer staatlicher Eingriff. Mit Unbehagen werde gesehen, „dass auch die Lohnfestsetzung staatlich wird. Hier gibt es inzwischen einen fatalen Überbietungswettbewerb“. Der Mindestlohn sei bislang bei Stabila allerdings kein Thema, ließ er auf weitere Nachfrage wissen. „Alle verdienen deutlich mehr.“

Mehr Vertragsfreiheit für betriebliche Weiterbildung
Um Fachkräfte zu gewinnen, setze Stabila zum beträchtlichen Teil auf betriebliche Weiterbildung. Mit materieller und struktureller Unterstützung des Unternehmens könnten Ungelernte zu Facharbeitskräften werden, Gelernte die Meisterqualifikation erwerben oder sogar einen Hochschulabschluss. Auch diesbezüglich bestünden unrealistische und überzogene Regulierungen, die sich hinderlich auswirken können, letztlich zum Nachteil derer die weiterkommen wollen. Betriebliche Weiterbildung sei ein zusätzlicher Bereich in dem der Staat mehr Vertragsfreiheit ermöglichen sollte, sieht Ulrich Dähne.

Noch relativ hohe Investitionssicherheit
In Deutschland gäbe es traditionell eine hohe Rechtssicherheit, „das was entschieden ist hat dann auch Bestand“. Unternehmen benötigten dies. Nur dann könne investiert werden. Es brauche Planungssicherheit, was in drei Jahren gilt, was in fünf. In vielen Ländern sei das anders. Allerdings gebe es auch hierzulande mittlerweile gegenläufige Tendenzen, aktuell das Beispiel „Heizungsgesetz“.

Infrastruktur nicht so schlecht wie dargestellt
„Natürlich kann die Infrastruktur immer besser sein, sie ist aber nicht so schlecht wie sie oft dargestellt wird“, findet Ulrich Dähne. Ja, es gäbe marode Brücken und sanierungsbedürftige Schienen, aber das Thema sei ja erkannt. Mit ursächlich sei dabei auch die Tendenz, dass alles billig, wenn nicht gar umsonst sein müsse. „Die Schweizer Bahnen sind gut, aber nicht billig.“ Die Zukunft der Energieversorgung sei ein weiteres Thema. „Wir werden nicht zu jeder Zeit Strom aus Wind und Sonne haben, und schon gar nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen. Deutschland ist aus der Kernenergie raus, künftig werden wir mehr Atomstrom aus dem Ausland beziehen, die Stromversorgung wird volatiler werden“, sieht Firmenleiter Dähne voraus. Sein Unternehmen verfüge über ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, das liefere neben Strom auch die für die Produktion benötigte Prozesswärme und erziele so einen Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand sei allerdings „Wahnsinn“.

EU-Gesetzgebung überbietet nationalen Regulierungs-Wahnsinn
Verordnungen und Regulierungen von Seiten der Europäischen Union (EU), passten ebenfalls oft nicht zur Realität und würden den nationalen Regulierungs-Wahnsinn überbieten, schildert Ulrich Dähne unter anderen am Beispiel Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. „Das (bestehende) deutsche Gesetz ist schon ein gewaltiges Problem. Was von der EU kommen soll, ist absurd.“ Hier werde das, was der Staat nicht durchsetzen könne, einfach auf die Unternehmen abgewälzt. „Wir könnten zehn Anwälte einstellen, die prüfen. Die Absicht ist gut, die Umsetzung völlig realitätsfern. Es ist nicht umsetzbar.“

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Autor:

Werner G. Stähle aus Hauenstein

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