Von gelungener Integration und seelischen Krisen
Besuch im Hotel Seeblick
SÜW/Bad Bergzabern. Im Hotel Seeblick, das im Bergzaberner Kurtal zwischen Schwanenweiher und Erlenbach liegt, leben seit über einem Jahr aus der Ukraine geflüchtete Personen. Aktuell sind es 90 Menschen. Noch nie habe es irgendwelche Probleme mit den Mieterinnen und Mietern gegeben, berichtete der Eigentümer, Martin Köhler, in der jüngsten Sitzung des Beirats für Migration und Integration des Landkreises in Bad Bergzabern. Das Gremium hat sich in dem im Umbau befindlichen Hotelfoyer getroffen und sich vor Ort informiert, wie Unterbringung und Alltag der Geflüchteten in der Kurstadt funktionieren. Landrat Dietmar Seefeldt dankte allen, die zum Gelingen des Miteinanders mit und zur Integration von Geflüchteten in Bad Bergzabern beitragen, namentlich der anwesenden Helga Schreieck vom Haus der Familie sowie der Kirchengemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten, die für viele Ukrainerinnen und Ukrainer in der Kurstadt wichtige Anlaufstelle ist. Der Vorsitzende des Beirats, Matthias Ackermann, erläuterte, warum er den Beirat für Migration und Integration SÜW ins Bergzaberner Kurtal geladen hatte: „Zahlreiche Geflüchtete sind in Bad Bergzabern untergebracht, vieles läuft sehr gut, gerade hier, im Hotel Seeblick.“
Zwei Ukrainerinnen berichteten
Im Mittelpunkt standen die Berichte der Ukrainerinnen Elena Yakovenko und Anastasiia Buturlina. Beide sind aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew in die Südpfalz geflohen. Was viele der im Hotel Untergebrachten suchten, seien Arbeitsplätze, berichtete die junge Krankenschwester Anastasiia Buturlina. Gleichzeitig hätten manche Angst davor, sich initiativ bei Arbeitsstellen zu bewerben.
Sie selbst hat es gewagt und geschafft: Sie arbeitet als Pflegeassistentin in der Edith-Stein-Klinik in Bad Bergzabern. Von Kollegen, Vorgesetzten und verschiedenen Vermietern sei sie unterstützt worden, berichtete Buturlina. Übrigens auf Deutsch – seit wenigen Monaten lerne sie die Sprache, vor allem online.
Elena Yakovenko, eine Neuropsychologin aus Kiew, die zurzeit wegen des Kriegs in Landau wohnt, führte aus, wie sie ukrainische Kinder und Jugendliche in Deutschland unterstützt, die in seelischen Krisen sind. Drei Stunden pro Woche ist sie zurzeit in Bad Bergzabern.
Zum Beispiel habe ein Junge, der in der Ukraine immer ein sehr guter Schüler gewesen sei, sich in Deutschland plötzlich geweigert, in den Unterricht zu gehen. Die Neuropsychologin erkannte, dass der Junge sich schämte. Dass er, weil er natürlich zu Beginn wenig von der Sprache verstand, überzeugt gewesen sei, er wäre in der deutschen Klasse auf einmal der schlechteste Schüler von allen geworden. Das Mathe-Ass sei mit Übungen, wie er sich zunächst auf die Zahlen im Mathebuch konzentrieren und die für ihn bis dato noch recht unbekannte Schrift ausblenden kann, ganz rasch wieder für die Schule begeistert worden.
Ein anderes Flüchtlingskind habe extremen Stress erlebt, nachdem es in Deutschland Fahrradfahren gelernt habe, dabei ein Missgeschick passiert sei, das die Mutter bezahlen musste, und sich das Kind schlussendlich auch noch den Arm gebrochen habe. Alles halb so wild, sei ein wichtiges Signal an das Kind gewesen, damit es sich wieder fange.
Die Neuropsychologin will künftig weitere Beratung für ukrainische Kinder und Jugendliche in Bad Bergzabern anbieten.
Weniger ukrainische Geflüchtete im Kreis
Siegfried Schmidt, SÜW-Integrationsbeauftragter, berichtete unter anderem, dass aktuell 1145 ukrainische Geflüchtete im Landkreis untergebracht seien, die Anzahl sei zurzeit leicht rückläufig. kv
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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