Halbzeit beim Erstcheck: Suche nach NS-Raubgut im Stadtmuseum Bad Dürkheim

Fotografien aus dem Eigentum von Opernsängerin Rosa Maas; zu sehen im Stadtmuseum Bad Dürkheim | Foto: Thomas Kreckel, Bad Dürkheim
  • Fotografien aus dem Eigentum von Opernsängerin Rosa Maas; zu sehen im Stadtmuseum Bad Dürkheim
  • Foto: Thomas Kreckel, Bad Dürkheim
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Bad Dürkheim. Seit November 2024 läuft in vier rheinland-pfälzischen Museen die Suche nach NS-Raubgut auf Hochtouren. Zwei von vier teilnehmenden Museen wurden bereits überprüft. Eines davon ist das Stadtmuseum Bad Dürkheim. Nach Abschluss der Untersuchungen im Roentgen-Museum Neuwied und im Stadtmuseum Bad Dürkheim wird der sogenannte Erstcheck seit 10. Februar im Eifelmuseum Mayen fortgeführt. Im März und April wird das Projekt mit der Überprüfung ausgewählter Objekte des Erkenbert-Museums Frankenthal (Pfalz) abgeschlossen. Die Ergebnisse werden nach Projektende öffentlich präsentiert.

Mit Beginn des neuen Jahres startete der Erstcheck im Stadtmuseum Bad Dürkheim. Die Sammlung des Hauses geht auf den örtlichen Altertumsverein zurück. Der Sammlungsschwerpunkt liegt im Wesentlichen auf der Heimat- und Regionalgeschichte, die in etlichen Zeugnissen von Dürkheimer Familien ihren Ausdruck findet. Es verwundert nicht, dass auch Objekte darunter sind, die mit ehemaligen jüdischen Mitbürginnen und Mitbürgern in Verbindung gebracht werden − etwa Fotografien aus dem Besitz der Dürkheimer Opernsängerin Rosa Maas.

Für die Untersuchung auf einen möglichen Unrechtskontext stand in Bad Dürkheim neben einem Inventarbuch für die Jahre der NS-Zeit unter anderem auch ein großer Fundus an Büchern und Dokumenten aus der Schlarb-Bibliothek zur Verfügung, einer Fachbibliothek für Regionalgeschichte in Bad Dürkheim. Mit einem Bestand von rund 10.000 Medien ist die Chance auf bislang nicht gesichtetes Quellenmaterial für den Erstcheck groß. Es bleibt abzuwarten, welche neuen Erkenntnisse zu den im Raum stehenden Verdachtsmomenten hinzugewonnen werden konnten. Die Museumgesellschaft Bad Dürkheim e.V., Eigentümer der Sammlungsobjekte des Stadtmuseums, unterstützt das Erstcheck-Projekt uneingeschränkt und ist gespannt auf die Ergebnisse.

Bereits zuvor war das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderte und über einen Zeitraum von sechs Monaten angelegte Projekt im Roentgen-Museum Neuwied gestartet. Fünf Wochen waren für die Aufgabe angesetzt, das umfangreiche Dokumentationsmaterial des Roentgen-Museums zu ausgewählten Objekten einzusehen und mögliche Verbindungen in die NS-Zeit herzustellen. Hierdurch sollte die Frage geklärt werden, ob es sich bei den Objekten im Besitz des Museums um verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter handelt.

Die bereits vor Beginn des Erstchecks im Raum stehenden Verdachtsmomente zu einem Aufsatzschreibtisch aus der Werkstatt des Kunsttischlers Georg Rudolph Gambs oder einem Tafelklavier standen dabei besonders im Fokus von Provenienzforscherin Dr. Katja Terlau. Weitere Objektgruppen wie Gemälde, Skulpturen mit sakralem Bezug oder eine Münzsammlung wurden ebenfalls in Augenschein genommen. Nach einer intensiven Prüfung der Inventarverzeichnisse und Bestandslisten konnten wichtige Rückschlüsse gezogen und in einem Einzelbericht für das Museum zusammengefasst werden. Die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme werden zum Projektende öffentlich präsentiert.

Am 10. Februar beginnt die Suche nach NS-Raubgut im Eifelmuseum Mayen. In den kommenden vier Wochen wird die Sammlung auf Hinweise untersucht, die auf einen verfolgungsbedingten Entzug von Kulturgut während der NS-Zeit hindeuten könnten. Provenienzforscherin Dr. Katja Terlau wird die Inventarbücher auf Erwerbskontexte aus den 1930er und 1940er Jahren analysieren und ausgewählte Objekte auf Provenienzmerkmale untersuchen – dazu zählen Stempel, Aufkleber oder andere Markierungen, die Rückschlüsse auf frühere Eigentümer zulassen.

Das 1904 gegründete Eifelmuseum bewahrt rund 20.000 Objekte, die den Kultur- und Naturraum der Eifel dokumentieren. Die Sammlungsschwerpunkte liegen auf Geologie, Steinindustrie sowie orts- und regionalgeschichtlichen Exponaten – darunter Möbel, Schmuck und Alltagsgegenstände. Wie viele Objekte, die vor 1945 entstanden sind, Provenienzlücken in der Zeit 1933-1945 aufweisen, ist bislang nicht bekannt und soll durch den Erstcheck ermittelt werden. Da in Mayen bis 1941 eine jüdische Gemeinde existierte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich in der Sammlung auch Objekte befinden, die mit Opfern des NS-Regimes in Zusammenhang stehen.

Das Projekt zur Überprüfung von kleinen und mittelgroßen Museen auf NS-Raubgut ist das erste seiner Art in Rheinland-Pfalz. Gefördert wird es vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste über einen Zeitraum von sechs Monaten. Koordiniert wird das Projekt vom Museumsverband Rheinland-Pfalz e. V. Hierfür steht eine eigens eingerichtete und vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz für zwei Jahre geförderte Projektstelle für Provenienzforschung zur Verfügung.

Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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