Warum unsere Kinder plötzlich auf die Straße gehen
„No future“ war gestern
Von Franz Walter Mappes
Kommentar. Wir haben diesen Planeten ausgebeutet, die Natur zerstört, die Meere verschmutzt. Der behutsame Umgang mit der Umwelt war stets nur am Rande wichtig, denn in erster Linie ging es darum, uns und den Nachwuchs materiell abzusichern und ihn mit den besten Konsumgütern auszustatten. Nun gehen diese, unsere Kinder auf die Straße, weil sie ihre Zukunft als gefährdet sehen und den leeren Versprechungen der Politik nicht mehr vertrauen.
In den 80ern grölten die Jugendlichen noch „No Future“, tanzten Pogo und sahen keine Chance im Kampf um eine gerechtere Welt. Alles war grau. Und die Politiker taten das ihre, um die jungen Leute in die Politikverdrossenheit zu treiben. „No Future“ prägte eine Jugend, die es aufgegeben hatte, auf realer Ebene etwas ändern zu wollen.
Heute hat die Postpunk-Generation erkannt, dass es durchaus eine Zukunft geben kann, man muss nur für sie kämpfen, weil man im Leben um so vieles kämpfen muss. Und wir müssen uns die Frage stellen: Warum eigentlich gehen diese, unsere Kinder auf die Straße? Wir haben ihnen doch alles gegeben. Schließlich haben wir gehofft, mit einem Kinderlachen der Gier nach materiellen Werten und Wachstum einen moralischen Sinn geben zu können.
Wir haben sie mit Barbiepuppen und Playmobilfiguren überhäuft, in Designerklamotten gehüllt und schließlich auf die besten Schulen des Landes geschickt und sie dort fast täglich mit unseren schicken Autos abgeholt, damit sie nicht zu weit gehen müssen. Warum gehen diese, unsere materiell so verwöhnten, Kinder jetzt auf die Straße? Nein, ihnen geht es nicht um noch mehr Computerspiele und TV-Programme, noch weitere Reisen und ausgefeiltere Konsumgüter. Es geht um den Preis, den schließlich sie für diesen Wohlstand bezahlen müssen. Diese, unsere Kinder werden einmal unser Leben auf Pump zurückzahlen müssen. Euro für Euro. Seit Jahren durchlebt die westliche Konsumgesellschaft nun schon eine Schuldenkrise, die von einer Generation nicht mehr zu schultern ist. Dabei ist die Geldseite nur ein Bruchteil des Schuldenberges, den wir unseren Kindern hinterlassen. Viel schwerwiegender sind die Schulden, die wir an der Natur hinterlassen. Wälder gerodet, Meere verschmutzt, Tiere ausgerottet, Böden verseucht ... Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, denn die ökologischen Schulden wiegen weit mehr, als die ökonomischen. Hinzu kommen noch die moralischen Schulden gegenüber der Mehrheit der Menschen in der sogenannten Dritten Welt.
Noch nie war eine Jugend so verwöhnt wie heute, aber auch noch nie war die Zukunft nachfolgender Generationen so gefährdet. Aus Respekt wurde Reichtum, doch dieser Reichtum besteht zumeist nur aus Überfluss. Gerade jetzt wäre es so wichtig, den Kindern eine geistige und moralische Heimat zu bieten und respektvoll mit diesem Planeten umzugehen. Und es ist auch an der Zeit damit aufzuhören, unsere Kinder als Generalausrede für unser selbstverliebtes Wachstumsdenken zu missbrauchen. Geben wir doch einfach mal zu, dass wir gierig sind auf immer mehr, dafür aber am liebsten nichts bezahlen möchten. Und geben wir jenen, die dafür sorgen, dass es gesunde Lebensmittel und wertige Produkte ohne Ausbeutung gibt, etwas mehr. Nicht Kinder können mit ihren Wünschen und Ängsten diese Welt verändern. Das können wir Erwachsenen, wenn wir damit beginnen, sie ernst zu nehmen und nicht nur ihre Wünsche auf Facebook freundlich liken oder ohne fundiertes Wissen, manchmal auch bösartig kommentieren. Sorgen wir dafür, dass der Wachstumswahn, dem wir verfallen sind, nicht wie ein Krebsgeschwür zerstört. Sorgen wir dafür, dass gesunde Lebensmittel, saubere Luft, ein respektvoller Umgang mit Mensch, Tier und Natur und schließlich Friede, auch mit uns selbst, als Erbe unserer Generation an die Kinder weiter gegeben wird. Zeigen wir unseren Kindern, dass wir im Bestreben, eine bessere Klimapolitik umzusetzen, zuverlässige Partner sind.mps
Autor:Franz-Walter Mappes aus Bad Dürkheim |
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