MdB Johannes Steiniger zu nächtlichen Plenarsitzungen
Über die Grenzen der Belastbarkeit
Bad Dürkheim – Berlin. Diese Bilder kennt jeder: Übernächtigte Abgeordnete resümieren oftmals am frühen Morgen vor laufenden Kameras die Resultate ihrer Sitzungen. Hinter ihnen liegen dabei viele Stunden wichtiger Debatten und es stellt sich naturgemäß die Frage nach der Belastbarkeit der Volksvertreter. Der Bad Dürkheimer Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger ist einer, der hautnah mit solchen Situationen in Berlin vertraut ist. Ihn befragten wir vor dem Hintergrund neuer Strukturierungen zu den Arbeitszeiten von Politikern.
„Der Schreck war groß, als vor zwei Wochen ein Bundestagskollege am Rednerpult einen Schwächeanfall erlitt. Da sich dies in einer Finanzdebatte ereignete, war ich als Mitglied des Finanzausschusses direkt vor Ort dabei; ein Ereignis, das ich wohl so schnell nicht vergessen werde. Öffentlich wurde im Nachgang über die Arbeitsbelastungen von Abgeordneten diskutiert. Und um das vorab direkt zu sagen: Meine Arbeit ist sehr vielseitig und abwechslungsreich, ich kann vielen Menschen begegnen und Dinge bewegen. Bundestagsabgeordneter zu sein ist ein Privileg, eine sehr verantwortungsvolle und auch schöne Tätigkeit. Es gibt keinen Anlass, sich zu beklagen! Und jeder, der für das Parlament kandidiert, weiß, dass er keine 40-Stunden-Woche zu erwarten hat. Verschiedenste Sitzungen, Expertengespräche, Diskussionsrunden, Gespräche mit Schülergruppen und natürlich auch die Arbeit am Schreibtisch: Die Tage in Berlin beginnen früh und enden selten vor Mitternacht.
Trotzdem ist es richtig, dass wir Plenarsitzungen tief in der Nacht im Bundestag abschaffen wollen. Sowieso finde ich es schwer vermittelbar, dass im politischen Betrieb Beratungen oder Verhandlungen nicht selten bis in die Morgenstunden andauern.
Denken Sie beispielsweise an Sitzungen der EU oder die Koalitionsverhandlungen, wo ausgezehrte Politiker vor die Kameras treten, um über das Gelingen oder das Scheitern einer durchgemachten Nacht zu berichten. Ich finde bei der Tragweite der politischen Beschlüsse kann man solche Verhandlungen besser organisieren.
So bieten auch die Sitzungswochen des Bundestages, die Möglichkeit die Plenardebatten anders zu strukturieren. Durch die Straffung der Plenartagesordnung wurde jetzt ein richtiger Schritt unternommen. Das Plenum kommt nunmehr nach den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften, der Fraktionen und der Ausschüsse bereits mittwochs zusammen. Hierdurch wird der Donnerstag und Freitag was die Tagesordnung im Bundestag angeht entlastet. Ich selbst habe einmal um 0.51 Uhr eine Rede gehalten; solche extremen Ausschläge können wir jetzt vermeiden.
Selbstverständlich wird es aber am späten Abend regelmäßig noch Sitzungen im Parlament geben, was ich auch für wichtig halte: das Parlament muss ein Ort lebendiger Debattenkultur sein - die politische Agenda in unserem Land richtet sich nicht nach einer Stechuhr“.
uba
Autor:Udo Barth aus Bad Dürkheim |
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