Seit 2018 Immaterielles Kulturerbe nach der UNESCO-Konvention
Kulturminister Konrad Wolf besucht die Queichwiesen
Bellheim/Germersheim/Offenbach. Auf Vorschlag von Rheinland-Pfalz und auf Empfehlung der Experten der Deutschen UNESCO-Kommission hat die Kultusministerkonferenz im Dezember 2018 beschlossen, die Wiesenbewässerung in den Queichwiesen zwischen Landau und Germersheim in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes nach der UNESCO-Konvention aufzunehmen. Das Kulturerbe wird getragen von der Interessengemeinschaft Queichwiesen, den Landwirten, die die Wiesen bewirtschaften, Naturschützern und den für die Bewässerung zuständigen Kommunen. Sie hatten auch den Antrag zur Aufnahme gestellt. Die Wiesenbewässerung ist eine Form der traditionellen Bewässerung, die allein mithilfe der Schwerkraft unter Nutzung des natürlichen Gefälles Felder und Wiesen mit Wasser versorgt. Kulturminister Konrad Wolf besuchte am Sonntag die Queichwiesen und informierte sich vor Ort über das historische Bewässerungssystem, dessen Nutzung bis in das Mittelalter nachweisbar ist. Dabei überreichte er ein neu erstelltes System von Informationstafeln, die auf das Immaterielle Kulturerbe hinweisen.
„Hier in Rheinland-Pfalz entlang der Queich findet man das größte zusammenhängende, noch aktive Wiesenbewässerungsgebiet von Deutschland! Die ‚Interessengemeinschaft Queichwiesen‘ hat seit 1996 in vielen ehrenamtlichen Aktionen einzelne Teilbereiche des Bewässerungssystems wieder instandgesetzt. Gerade diese sehr basisorientierte Organisationsstruktur hat die Mitglieder des Expertenkomitees bei der Deutschen UNESCO-Kommission überzeugt. Das Engagement der ‚Interessengemeinschaft Queichwiesen‘, diese identitätsstiftende regionale Besonderheit zu erhalten, ist vorbildlich. Ich danke herzlich allen beteiligten Akteuren, dass sie für uns dieses kulturelle Erbe pflegen!“, betonte der Kulturminister bei der Besichtigung des Bewässerungssystems.
Die Kulturform der Wiesenbewässerung entlang der Queich gibt es schon seit dem Mittelalter. Sie wird in den Gemarkungen von Landau bis Bellheim praktiziert. Der früheste bekannte Nachweis stammt aus dem Jahr 1428. Damals haben die Menschen in dieser relativ niederschlagsarmen Gegend festgestellt, dass man das Wachstum der Wiesenvegetation durch eine systematische kurzzeitige Rieselbewässerung mit Queichwasser deutlich steigern kann. Diese Praxis hatte auch eine wichtige Düngewirkung. Der Ertrag der Wiesen war ausschlaggebend für die Ernährung der Zugtiere und des Milchviehs. Diese Bedingungen galten für viele Regionen in Deutschland. Noch 1935 wies die Bodenstatistik des Deutschen Reichs nahezu 300.000 Hektar bewässerte Wiesen aus. Wiesenbewässerung war also bis Mitte des 20.Jahrhunderts sehr weit verbreitet, auch in Mittelgebirgsregionen wie dem Pfälzerwald. In den Bachtälern der Rheinebene wurde ebenfalls durchweg Wiesenbewässerung praktiziert, wie in vielen anderen Regionen Deutschlands. Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zeichnete sich eine gegenläufige Entwicklung ab: Stück für Stück wurden die meisten Bewässerungssysteme aufgelassen.
„Vergleichsweise neu oder zumindest wieder entdeckt ist die Erkenntnis, dass die Wiesenbewässerung gut für die Biodiversität ist. Hier finden sich Bereiche des Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Das Land Rheinland-Pfalz hat daher seit 2003 die kostspieligen Restaurierungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen in den Verbandsgemeinden Offenbach und Bellheim kräftig unterstützt“, ergänzte Wolf. (ps)
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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