Teil 3
Mobbing an Schulen: "Biker against Mobbing" ist seit fast 10 Jahren zur Stelle, wenn es Stress unter Jugendlichen gibt
Landkreis Germersheim / Pfalz. Mobbing-Opfer fühlen sich häufig allein, sind einsam und haben keine Ansprechpartner. Gerade Kindern, die unter Mobbing leiden, kann es dabei sehr helfen, einen "starken Partner" an ihrer Seite zu haben - und das könnte zum Beispiel ein tougher Motorradfahrer vom Verein "Biker against Mobbing" sein. Sie sind respekteinflößende, gestandene Männer und Frauen in Lederkluft und mit ganz großen Herzen.
Der Verein " BIKER against MOBBING e.V." (BAM) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern und Jugendlichen zu helfen, die im Kindergarten, in der Schule, in anderen Einrichtungen oder in ihrem privaten Umfeld Opfer von Mobbing geworden sind. Ziel des Vereins ist es, sein Netzwerk langfristig so aufzustellen, dass jeder Betroffene eine Anlaufstelle in seiner Nähe finden kann. Der Verein "Biker against Mobbing" bietet Prävention, "Erste Hilfe" und gezielte Intervention - wenn möglich immer auch mit dem Einrichtungsträger oder der Schulleitung. Im Gespräch mit dem "Wochenblatt" erklärt der zweite Vorsitzende des Vereins, Volker Mücke, wie es zu dem Engagement kam und wieso man sich gerade mit dem Thema "Mobbing" näher befassen wollte.
Begleitschutz und Gespräche: Bikerclub mit ungewöhnlichen Lösungsansätzen im Kampf gegen Mobbing an Schulen
"Der Verein wurde 2015 an einem Abend am Lagerfeuer gegründet. Einige Biker wollten sich sozial mehr engagieren, und so kam eins zum anderen. Anfangs veranstalteten wir nur Ausfahrten für ein Kinderheim in Stauf mit anschließender gemeinsamer Party und Grillen mit den Kindern. Von der ersten Fahrt mit 15 Teilnehmern wuchs die Zahl im Laufe der Jahre auf zuletzt über 500 Teilnehmer bei der Fahrt für den krebskranken Marlik, der leider Anfang des Jahres an seinem Hirntumor verstorben ist", berichtet Volker Mücke. Erst im vergangenen Jahr organisierte der Verein eine große Ausfahrt für den an Leukämie erkrankten Justin in Bellheim, an der mehrere hundert Biker teilnahmen und bei der Spenden für die Behandlung des jungen Mannes gesammelt wurden.
Aber in erster Linie hilft der Verein mit seiner Präsenz, wenn sich junge Mobbing-Opfer an ihn wenden.
Auf die Frage, wie viele Fälle man im Jahr so auf den Tisch bekommt, sagt Volker Mücke: "Das ist ganz unterschiedlich. Von 5 bis 50, würde ich sagen. Wir müssen mittlerweile auch genau sondieren, da wir nicht alle Fälle annehmen können, und oftmals reicht auch eine telefonische Beratung. Aber wir waren 2023 schon in Brandenburg über 2019 in Osnabrück und 2022 auch in Augsburg tätig und dies sind nur einige Beispiele. Aktuell betreuen wir einen Fall in Kaiserslautern und einen Fall in Germersheim."
Resonanz an den Schulen: Von gemeinsamen Kursangeboten bis zum Hausverbot
Und wenn Mücke von Betreuung spricht, meint er nicht nur die Präsenz der mitunter "furchteinflößend" wirkenden Biker. "Wir haben ein Konzept entwickelt, nach dem wir systematisch vorgehen. Erst einmal findet ein Treffen mit dem Elternteil und dem betroffenen Kind an einem neutralen Ort statt. Wir hören uns die Geschichte an - wobei es auch wichtig ist, dass das Kind die Situation aus seiner Sicht frei und offen erzählen darf. In dieser Zeit haben die Eltern oder Erziehungsberechtigten ihre 'stille Zeit'. Wenn das Kind dies wünscht kann solch ein Gespräch - mit Einverständnis der Eltern - auch unter vier Augen stattfinden."
Danach werde der Fall mit den jeweiligen Teamleitern besprochen, so Mücke weiter. Man versucht, Kontakt zur Bildungseinrichtung aufzunehmen, dann finden - im Idealfall - erste Gespräche mit Lehrern und der Schulleitung statt.
"Unser Konzept ist es, zu versuchen die Lehrer und die Schulen für die Nöte der Kinder zu sensibilisieren und nicht gegen sie zu arbeiten. Wir versuchen gemeinsam mit allen Parteien Lösungen zu finden, auch wenn dies für die Eltern und betroffenen Kinder nicht immer einfach, und manchmal auch nicht sofort nach kürzester Zeit zielführend ist", erklärt Volker Mücke die Vorgehensweise des Vereins im Kampf gegen das Mobbing unter Kindern und Jugendlichen.
Die Kooperationsbereitschaft in den Schulen sei sehr unterschiedlich. "Selbstverständlich kooperieren wir mit den Schulen, wobei die Bereitschaft der Schulen mit uns zusammenzuarbeiten ganz unterschiedlich ist. Von absoluter Ablehnung mit einem ausgesprochenen Hausverbot bis hin zu Kursen mit besonders schwierigen Kindern ist da alles vertreten", berichtet der "Biker mit Herz".
Präventive Arbeit gegen Mobbing - das kann der Verein mit seinen Mitgliedern hier in der Südpfalz (noch) nicht leisten. Zu viele akute Fälle beschäftigen die Biker. Dazu sagt Volker Mücke: "Wir würden gerne präventiv arbeiten, dafür fehlt es uns als relativ kleiner Verein mit ca. 50 Mitgliedern aber zum einen an "Manpower" und zum anderen auch an der Zeit. Allerdings bieten wir Schulen auch bewährte Strategien an, bei Gesprächen in einem Mobbingfall."
Vom Messerangriff bis zur Ausgrenzung ganzer Klassen - jeder Mobbingfall ist anders
So unterschiedlich die Reaktion auf die Hilfsangebote der Biker, so unterschiedlich sind auch die Fälle, mit denen sie sich befassen müssen. "Den klassischen Mobbingfall gibt es nicht", sagt Volker Mücke. "Jeder Fall ist individuell und einzigartig, so wie es die Kinder auch sind. Von einer Gruppe, die mit dreizehn Jungs regelmäßig auf einen einzelnen Jungen losging, über eine Situation, in der einem Mädchen ein Messer an den Hals gehalten wurde, bis zur Ausgrenzung von allen Schülern einer Klasse war schon alles dabei", erzählt er.
Betroffene können sich über eine Notrufnummer, über eine E-Mail, über Social Media wie Facebook an "Biker against Mobbing" wenden. Zu finden sind die Kontaktdaten auf der Internetseite des Vereins. (https://bam20205.wixsite.com/website)
Mobbing an Schulen im Kreis Germersheim - eine Themenreihe
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
Heike Schwitalla auf Facebook |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.