Bruchsaler Holzindustrie: Mehr als Wurzelholz für Luxusautos
Spezialisten für’s Feine
Bruchsal. Was früher die Holzindustrie war, heißt heute HIB Trim Part Solutions GmbH und ist Teil eines chinesischen Autozulieferers. In der Bruchsaler Südstadt treffen Manufaktur-geprägte Arbeiten mit Materialien wie Holz und Leder und hochautomatisierter Kunststoffspritzguss zusammen.
Die Bruchsaler sprechen immer noch von der Holzindustrie, dabei heißt das Unternehmen in der Südstadt längst nicht mehr so – und Holz ist ein Werkstoff, der hier zwar immer noch verarbeitet wird, inzwischen aber im Gesamtportfolio der HIB Trim Part Solutions GmbH nur noch eine kleine Rolle spielt. Die HIB Trim Part Solutions gehört seit 2013 zur chinesischen NBHX Trim Group, einem Automobilzulieferer, der für Kunden wie BMW, Mercedes-Benz, Porsche, VW und Audi innovative Oberflächen fürs Interieur von Premium-Fahrzeugen herstellt. Rund 250 Mitarbeiter arbeiten heute in Bruchsal für die NBHX; weltweit sind es 5.500 Mitarbeiter an Standorten in Deutschland, USA, China, England, Wales, Tschechien und Rumänien.
Wurzelholz-Interieur für Maybach und Rolls Royce
Lange war man in Bruchsal besonders stolz darauf, sehr exklusives Wurzelholz-Interieur für Luxuskarossen wie den Maybach oder den Rolls Royce Phantom zu fertigen, doch alleine damit hat man es nicht geschafft, sich am Markt zu behaupten. Ein Hauch dieser „guten alten Zeit“ ist in Bau 2 des Unternehmens noch spürbar: Manufakturgeprägt, mit einem geringen Grad an Automatisierung geht es hier um Holz, Leder, Alu und Chrom. Allerdings werden die alten Werkzeuge und Maschinen nicht aus nostalgischen Gründen vorgehalten: Wo das Unternehmen in der Ersatzteilpflicht steht, muss es auf Jahre hinaus auch die Möglichkeiten haben, diese Ersatzteile zu fertigen. Für den Maybach etwa müssen 25 Jahre lang Bauteile geliefert werden können. Videodokumentationen sorgen dafür, dass die zahlreichen Prozessschritte auch in der Zukunft nachvollziehbar bleiben.
Individualität im Fahrzeuginneren – das ist ein Trend, auf den der Autozierteile-Spezialist reagiert. Auch mit Dekoren aus Holz oder in Holzoptik. Doch die Holzoberfläche ist nur noch superdünn; der Rest ist Kunststoff. Robust, nicht scharfkantig – und günstig. Denn der Markt ist hart umkämpft. Weil der Preisdruck hoch ist, strebt man bei sämtlichen Fertigungsprozessen einen hohen Grad an Automatisierung an. Wie in dem Hallenzug, den man vor vier Jahren umgebaut hat, um Zierblenden für den 5er BMW zu produzieren. Pro Silo lagern hier 30 Tonnen Kunststoffgranulat, das bei zirka 250 Grad geschmolzen und gespritzt, anschließend UV-lackiert und am Ende montiert wird. Alles in einem hochautomatisierten Prozess mit nur wenigen Menschen an den Maschinen. Allerdings sind die Prozesse auch so hochspezifisch, dass viel eigenes Know-how eingebracht wurde. Überhaupt spielt der technische Vorsprung in der Branche eine große Rolle und viel Ingenieurleistung ist nötig, bis aus dem Granulat das vom Kunden gewünschte Endprodukt entsteht.
Im heutigen Firmennamen „HIB Trim Part Solution“ ist die Abkürzung für Holzindustrie Bruchsal noch enthalten. Deren Wurzeln gehen zurück auf eine 1875 gegründete Daubenhauerei für Bierfässer. „Holzindustrie“ hieß das Unternehmen seit 1926, vier Jahre später wurde es von Daimler-Benz übernommen und zum großen Zuliefer-Unternehmen mit zeitweise mehr als 3.000 Beschäftigten ausgebaut. 1998 ging die Holzindustrie an die Dräxlmayer-Group, die die Sparte 2010 an die Beteiligungsgesellschaft Mutares abstieß, die sie 2013 an NBHX weiterverkaufte. cob
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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