Das denkende Herz der Baracke
Ausstellung – Etty Hillesum – in der Stadtkirche Bruchsal 6.7.-20.7.2024

Foto: Wikipedia Etty Hillesum; Jörg Rensmann, eigenes Foto
2Bilder
  • Foto: Wikipedia Etty Hillesum; Jörg Rensmann, eigenes Foto
  • hochgeladen von Hubert Keßler

Ausstellung – Etty Hillesum – in der Stadtkirche Bruchsal 6.7.-20.7.2024
Das denkende Herz der Baracke
Warum in der jetzigen Zeit eine Ausstellung über eine junge jüdische Frau, die vor 110 Jahren ihr Leben gegeben hat. In dem Tagebuch, das erst viele Jahre nach ihrem Tod bekannt geworden ist, schreibt sie: „Es ist oft kaum zu fassen, Gott, was Deine Ebenbilder auf dieser Erde in diesen entfesselten Zeiten sich gegenseitig antun.“ (103) Wie viele Menschen in Israel oder der Ukraine, und diejenigen, die über diese Konflikte nachdenken, werden die gleichen Fragen haben. Und weiter schreibt sie: „Aber ich schließe mich davor nicht in meinem Zimmer ein, Gott, ich halte die Augen offen und will vor nichts davonlaufen, sondern versuchen, auch die schlimmsten Verbrechen irgendwie zu begreifen und zu ergründen, und ich versuche immer wieder, den nackten kleinen Menschen aufzuspüren, der aber in den monströsen Ruinen seiner sinnlosen Taten oft nicht mehr zu finden ist.“ Das ist ihre innere Haltung und zugleich eine erste Antwort auf obige Frage. Etty bietet keine Antwort im Sinne einer politischen Lösung, sozusagen ein Handbuch, wie Frieden möglich ist. Sie spricht von einem Weg, den sie selbst gegangen ist und dann sagen konnte: „Ich habe erfahren, dass man alles Schwere in Gutes verwandeln kann, indem man es trägt“ (171) und etwas später hält sie fest: „Ich will mittendrin in alldem sein, was die Menschen ‚Gräueltaten‘ nennen und dann noch sagen (können): ‚Das Leben ist schön.'“ (202) Die holländische Jüdin Etty Hillesum starb 1943 in den Gaskammern von Auschwitz. 2024 wäre sie 110 Jahre alt geworden. Ihr Leben war getragen und geprägt von einer großen Begeisterung für, Dostojewskij, Augustinus, Rilke und vielen anderen Autoren, deren Werke ihr halfen, der eigenen Lebensfrage auf den Grund zu gehen. Man könnte ihr das Wort von Augustinus leicht verändert in den Mund legen „Unruhig ist mein Herz, bis es ruhet in Dir.“ Dabei war sie zunächst gar nicht fromm und wurde es auch nicht, wenn man bei dem heutigen Gebrauch dieses Wortes stehen bleibt. Die Suche nach Erfüllung ging bei ihr durch manches Fleischliche, durch bestimmte Beziehungen hindurch und hat sich niedergeschlagen in einem Tagebuch in den Jahre 1941-1943, das 40 Jahre später herausgegeben wurde und inzwischen in einer vollständigen deutschen Übersetzung vorliegt. Viele Neuauflagen, Übersetzungen in andere Sprachen zeigen das Interesse an ihm und ihr. Als Europa immer mehr zu einem Trümmerfeld wird und eine menschliche Tragödie mit Hunderttausenden von Toten ihre teuflischen Abgründe öffnete, tat sich ein ´Gegen-Drama` auf, wie Jan Gert Gaarlandt, der Herausgeber der Tagebücher, es nennt. Etty schildert ihren inneren dramatischen Weg, gekennzeichnet von psychologischer Zerbrechlichkeit, dem starken Wunsch zu verstehen, Zweifel und Verzweiflung angesichts der Unmenschlichkeit um sie herum bis hin zu einem stetige wachsenden Dialog mit Gott. Etty führt ihn, indem sie ihr ganzes Ich einsetzt, sie möchte die Welt „wie mit einem neuen Sinnesorgan ergründen. Gegen Ende, als sie gemeinsam mit ihrer Familie schon vom Übergangslager Westerborck nach Auschwitz gebracht worden war und die vielen Menschen begleitete, deren Lebensmut zerstört worden war, schreibt sie, wie in einem Gebet vor Gott: „Lass mich das denkende Herz der Baracke sein. [...] Ich möchte das denkende Herz eines ganzen Konzentrationslagers sein.“ Mit sehendem und liebendem Herzen blickte sie auf das, was kam. Die Ausstellung in der Stadtkirche Bruchsal, die ab Samstag, den 6.7. zu sehen sein wird, erzählt von ihrem Leben.
Am Freitag den 19.7 wird Herr Jörg Rensmann um 19:30 nach Bruchsal in das Vinzentiushaus kommen. Er ist Politikwissenschaftler und Mitglied im Vorstand des Mideast Freedom Forum Berlin, ein Kenner des Nahostkonfliktes. Seit Oktober 2021 ist er Leiter der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus RIAS in NRW und im Vorstand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.
Mit Ihm wollen wir das aktuelle Drama in Israel erörtern. Auch dazu herzliche Einladung
Hubert Keßler
Kulturinitiative e.V.

Foto: Wikipedia Etty Hillesum; Jörg Rensmann, eigenes Foto
Foto: Wikipedia Etty Hillesum; Jörg Rensmann, eigenes Foto
Autor:

Hubert Keßler aus Bruchsal

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.