Treibstoffregen über dem Pfälzerwald

Jet-Tankstelle Pfälzerwald

Pirmasens/Mainz. Man könnte meinen es handele sich um ein neues Wetterphänomen, so sehr häufen sich in letzter Zeit Meldungen über Flugzeuge, die ihren Treibstoff über dem Pfälzerwald versprühen. Tatsächlich werden lediglich mehr Fälle bekannt, weil Bevölkerung und lokale Zeitungen sensibler geworden sind und mitunter nachfragen falls die typischen Flugmanöver auffallen. Von amtlicher Seite wird die Öffentlichkeit nicht informiert, auch nicht die Bevölkerung im jeweils betroffen Gebiet.
Die „Deutsche Flugsicherung“ (DFS), der in Deutschland Kontrolle und Sicherheit im Luftverkehr obliegen und die polizeiähnliche Vollmachten hat, nimmt keinerlei Einfluss ob es zum „Treibstoffschnellablass“ kommen darf. „(Ausschließlich) der Pilot entscheidet darüber ...“, so deren Auskunft. Die DFS fragt und hinterfragt auch nicht, ob eine ausreichende Notlage vorliegt. Diese weist dem Piloten lediglich ein Gebiet und eine Flughöhe zu. Dieses Gebiet ist meist so begrenzt, dass es während des auch „Fuel Dump“ genannten Vorgangs mehrfach überflogen wird.
    Treibstoff wird abgelassen um das Flugzeug leichter zu machen, wenn gelandet werden muss bevor genügend davon verbraucht ist. „Das Risiko bei einer zu schweren Landung ist eine Beschädigung des Flugzeuges, mindestens der Flugzeug-Statik, ein Totalverlust durch Feuer ist möglich“, so die DFS auf Anfrage.
    Als „geeignetes Gebiet“ wird überproportional häufig das Biosphärenreservat Pfälzerwald angesehen. Zwei Drittel der über ganz Deutschland abgelassenen Treibstoffmenge von rund 350 Tonnen wurden im Jahr 2016 über Rheinland-Pfalz entsorgt, so die Bundesregierung auf parlamentarische Nachfrage.
Wieviel Kerosin und „Additive“ genannte enthaltene Chemikalien, Schwermetalle und Anderes letztendlich auf dem Boden und in Gewässern ankommen ist erstaunlicherweise bislang nicht untersucht worden. Dieses Kerosin wird in Raffinerien aus Erdöl bei hohen Temperaturen durch Destillation abgeschieden. Es ist ein „oberes Mitteldestillat“ und dementsprechend weniger flüchtig als Diesel und Heizöl. Es verdampft kaum oder nicht. Die „Additive“ werden zugesetzt um es für Flugzeugturbinen brauchbar zu machen.

Kommentar
Niemand wird ernsthaft behaupten, Mineralöl sei gut für die Umwelt. Spätestens wenn wir versehentlich etwas Heizöl oder Diesel verschütten oder gar der Tank ausläuft bekommen wir das amtlich mitgeteilt und die Rechnungen dazu, die möglicherweise existenzgefährdenden Rechnungen für Feuerwehr und Wasserwehr, für Erdaushub und Sondermüll sowie unter Umständen ein hohes Bußgeld oder ein Strafverfahren. Wir wissen alle, Heizöl oder Treibstoffe dürfen nicht in die Umwelt gelangen, und wir sehen das ein und passen auf.
    Anders in der gewerblichen Luftfahrt. Da braucht ein Pilot lediglich zu verkünden, er habe ein Problem und müsse landen, aber sein Flieger sei zu schwer. Er wird nicht gefragt, ob's sein muss. Er bekommt ohne weiteres ein Gebiet und eine Flughöhe zugewiesen und tonnenweise wird Treibstoff abgelassen.
Wo dieser Treibstoff landet weiß niemand. Vermutlich wollen die Verantwortlichen es auch nicht wissen. Solange es keine Fakten gibt, lässt sich leichter Beschwichtigen und beispielsweise behaupten es komme nichts davon am Boden an. Von den Beschwichtigern heißt es weiter, es werden nur „dünn besiedelte Gebiete“ als Treibstoff-Müllkippe freigegeben. Wenn aber nichts unten ankommt, kann man das Kerosin statt über dem Biotop Pfälzerwald auch auf die Dächer von Frankfurt oder Mainz ablassen. Die Landeshauptstadt Mainz wäre zu bevorzugen. Was runterkommt dürfte dort als Schmieröl wirken und dann kommt endlich Bewegung in die Sache.
    Tatsächlich verdunstet Kerosin schlechter als Diesel oder Heizöl und wer hat schon Diesel oder Heizöl verdunsten sehen. Zudem wird dieses Kerosin eiskalt wenn es bei Minustemperaturen in 1.800 Meter Höhe oder mehr an die Luft gesetzt wird. Selbst wenn es in der Luft verbliebe, wäre es schlecht, schlecht für die grüne Lunge Pfälzerwald, schlecht für unsere Lungen.
    Ist „Fuel Dump“ immer alternativlos? Wahrscheinlich fast nie! In einem konkreten Fall war eine Frachtmaschine von Luxemburg gestartet mit Ziel Singapur. Das Fahrwerk lasse sich nicht einfahren meldete der Pilot und überflog um Kerosin loszuwerden viermal dieselbe Strecke über Ottweiler (Saarland), den Pfälzerwald bis kurz vor Landau, flog dann nördlich bis Kirchheimbonlanden und dann westlich bis Baumholder und Birkenfels bevor er wieder in Luxemburg landete. In rund zweieinhalb Stunden waren 92 Tonnen (!) Kerosin in die Umwelt versprüht worden. (Quelle DFS / „Die Rheinpfalz“) Zwischen Luxemburg und Singapur liegen einige Flughäfen. Warum ist der Fracht-Flieger nicht zu dem Airport geflogen bis zu dem der Sprit bei erhöhtem Verbrauch wegen des Fahrwerks reichte und dort sicher gelandet? Notfall kann der Grund nicht sein. Wer zweieinhalb Stunden fliegen kann bis der Sprit abgelassen ist, kann auch sechs Stunden fliegen bis genügend Sprit verbraucht ist. Bis zum Beweis des Gegenteils ist nur denkbar, das Zeug über dem Pfälzerwald loswerden und zurück nach Luxemburg ist kostengünstiger. Vermutlich wäre teuerer gewesen für den Weitertransport der Ware eine Ersatzmaschine auf einem Flughafen in Asien zu chartern. Zudem dürfte die zuvor vernachlässigte Wartung oder Reparatur der Boeing 747 die Fluggesellschaft Cargolux Airlines daheim in Luxemburg ebenfalls weiniger gekostet haben. Da ist der Pfälzerwald unschlagbar günstig. Treibstoff-Müll abladen ist dort gratis. Müllgebühren bezahlen dort nur kleine Leute (Wortwahl Sigmar Gabriel) und Treibstoff-Müll hinterlassen große Konzerne. Wenn diese im Großherzogtum Luxemburg zuhause sind, bevorzugen sie folgerichtig das großzügige Rheinland-Pfalz, obwohl sich auch im Großherzogtum dünn besiedelte Regionen finden.
   Die allermeisten betroffenen Flugzeuge, vielleicht alle, können so lange in der Luft bleiben, bis genügend Treibstoff verbraucht ist um sicher zu landen. Wer zwei Stunden sicher fliegen kann auch sechs Stunden oben bleiben. Aber auch hier gilt wohl, „Zeit ist Geld“ sowie „Geld regiert die Welt“.
Außerdem kann nicht der Wirklichkeit entsprechen, dass ein Verkehrsflugzeug mit vollen Tanks nicht wieder landen kann ohne möglicherweise in Flammen aufzugehen. Welche Zulassungsbehörde soll ein derart zerbrechliches Verkehrsmittel, das zweihundert oder mehr Menschen an Bord haben kann, genehmigt haben? Im Notfall bleiben keine Stunden um Treibstoff loszuwerden bevor wieder gelandet werden kann. Solche tatsächlichen Notfälle gab es und wird es immer geben. Es genügt ein gefährlicher Randalierer an Bord oder ein medizinischer Notfall kurz nach dem Start. Zutreffend ist, wenn das zulässige Landegewicht überschritten wurde, ist eine Sonderuntersuchung fällig, sozusagen ein neuer TÜV - und diese kostet Zeit und Geld, zieht möglicherweise auch einen Teile-Austausch am Fahrwerk nach sich.
   Die Menschen im Pfälzerwald haben es seit einiger Zeit nicht leicht, ihre Heimat oder Wahlheimat zu erhalten. Arbeitsplätze sind in den letzten Jahrzehnten massenhaft weggebrochen und die Landesregierungen waren bislang dieser Herausforderung wenig gewachsen. Heute fahren die meisten weit zur Arbeit, bis zu 90 Kilometer. Die jungen Leute ziehen weg zum Arbeitsplatz und gründen dort ihre Familien. Die Arbeitslosigkeit ist eine der höchsten in Deutschland, in einer Zeit „überschäumender Konjunktur“ (Wirtschaftsprofessor Sinn).
   Dementsprechend ist die gegenwärtige Landesregierung bevorzugt mit Rückbau beschäftigt, wie dem Schließen von Schulen sowie der Auflösung von Verbandsgemeinden, verharmlosend genannt „Gebietsreform“. Doch im Pfälzerwald haben Viele im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Herausforderung angenommen. Beispielsweise wurde der Tourismus erfolgreich belebt und ist in einigen Gemeinden zum wichtigsten Wirtschaftszweig geworden. Einen unschätzbaren Anteil am Erfolg haben lokale Politiker und viele engagierte Idealisten in großen und kleinen Zusammenschlüssen wie dem Pfälzerwaldverein oder zum Beispiel „Pro Annweiler“, „Förderverein Luitpoldturm“, „Förderverein Freibad Hauenstein“ sowie vielen weiteren.
   Vor diesem Hintergrund stelle man sich vor, in bundesweiten Medien, vielleicht auch in Nachbarländern, würde demnächst vom Treibstoffregen über dem Pfälzerwald berichtet werden. Dann ist Schluss mit Tourismus.
   Der Pfälzerwald darf von der Landesregierung nicht abgeschrieben sein und nicht zur Sondermülldeponie verkommen.
Werner Stähle

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Autor:

Werner G. Stähle aus Hauenstein

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