Schwimmverein zeigt wie Inklusion funktioniert
Gehörlosen das Schwimmen beibringen
Frankenthaler Schwimmverein. Die olympischen Spiele und die Paralympics in Paris haben zahlreiche Menschen entweder vor Ort oder im Fernsehen sich angesehen. Jeder schaut es, jeder findet es gut und jeder möchte, dass auch in Zukunft dort Sportler antreten. Ihr Start ist aber nie bei der Olympiade direkt, sie alle fangen klein an und das in einem Verein vor Ort. Der Frankenthaler Schwimmverein 1897 ist einer davon. Der junge Vorstand und auch die Mannschaft träumen davon, große Erfolge zu erzielen. Sicherlich ist der ein oder andere dabei, der sich sogar eine Teilnahme an den olympischen Spielen vorstellen kann.
Deswegen trainieren sie kräftig, entwickeln neue Ideen und Projekte, wollen erfolgreich in die Zukunft gehen. Eines dieser Projekte hat Leuchtturm-Charakter: Schwimmtraining für Gehörlose! „Das Projekt hatte, bis es final realisiert werden konnte, rund neun Monate Planungsvorlauf“, erklärt Rico Sauer, Vorstand des Frankenthaler Schwimmvereins. „Unser Mitglied Gerda Reinhard kam auf mich zu und fragte, ob wir etwas von Trainerausbildungen für Hörgeschädigte wüssten. Sie selbst ist hörgeschädigt und gleichzeitig begeisterte Schwimmerin. Nach vielem hin und her hatten wir schnell eine Grundidee, wie wir solch ein Projekt ins Leben rufen könnten“, erzählt Rico Sauer weiter.
„Der erste Schritt war natürlich die Trainerlizenz für Gerda. Ich habe also meinen Ausbilder damals kontaktiert und ihm die Idee vorgestellt. Auch er war Feuer und Flamme und so organisierten wir alle weiteren Schritte. Mit einer Förderung von 5.000 Euro durch die Aktion Mensch konnten wir den Lehrgang finanzieren, dachten wir. Doch Gebärdendolmetscher arbeiten anders und ich hatte das nicht mit einkalkuliert, somit mussten wir unerwartet weitere Fördermittel versuchen zu organisieren“.
Nachdem Gerda Reinhard ihren Trainerschein erfolgreich absolvierte, konnte mit den ersten Schnupperschwimmtagen begonnen werden. Und die Anfragen waren riesig, so viele, dass der Verein dies im ersten Schritt gar nicht abarbeiten konnte. „Aufgrund der Einzigartigkeit des Projektes ist die Anfrage von nah und fern sehr groß. Es gibt eben kaum einen Verein, der Gehörlosen das Schwimmen beibringen kann“, erklärt Rico Sauer stolz. „Gerda trainiert die jungen Schwimmer, ihr zur Seite steht eine zweite Trainerin, Hannah Reutter. Sie hat kein Handicap, aber sie unterstützt die Schwimmer und ist auch dazu da, Hilfe zu holen und zu rufen, falls etwas passiert. Denn hier gibt es natürlich eine riesengroße Schwierigkeit: Wenn es zu einer gefährlichen Situation im Wasser kommt, können die Gehörlosen nicht um Hilfe rufen! Aus diesem Grund arbeiten hier zwei Trainerinnen mit einer kleinen Gruppe. Innerhalb der Gruppe wird in Gebärdensprache kommuniziert. Die Trainerin gestikuliert viel, es wird aber auch einfach vorgeschwommen und sie können es dann nachmachen. Das funktioniert super und es ist echt eine Freude dabei zuzuschauen“, so Rico Sauer weiter.
Inklusion beginnt dort, wo Menschen mit Handicap auf Menschen ohne treffen
Solange die Gehörlosen in ihrer Gruppe trainieren, ist die Kommunikation klar über die Gebärdensprache geregelt. „Die Herausforderung beginnt, wo die Gehörlosen auf die Hörenden treffen, da hier die natürliche Kommunikationsbarriere besteht“, erklärt Rico Sauer. Zumal mittlerweile auch gehörlose Schwimmer in der Wettkampfmannschaft mitschwimmen. Sasha, Danylo und Lilia schwimmen in den Wettkampfsmannschaften mit. Unter ihnen sind bemerkenswerte Schwimmer, die jetzt auch auf den Verbandsmeisterschaften antreten werden. „Dabei ist die große Herausforderung der Start! Beim Schwimmen erfolgt dieser meist durch ein akustisches Signal – auf den Meisterschaften gibt es auch optische Unterstützung. Gerda schwimmt seit über zwei Jahrzehnten für den FSV und ist ein Paradebeispiel dafür wie Inklusion funktioniert“.
Projekt für die Zukunft?
„Wir Trainer lernen Stück für Stück Gebärden, teilweise nutzen wir Hände und Füße in der Kommunikation oder eben auch die moderne Technik“, erklärt er weiter. „Unsere Trainerin der zweiten Wettkampfmannschaft Heike hat vorgeschlagen, dass wir als Trainerteam einfach alle einen Gebärdenlehrgang besuchen sollten“. Die Ideen sind also da. Meist hapert es aber nicht an der Idee, sondern an der finanziellen Umsetzung.
„Das Projekt hat schon sehr hohe Kosten verursacht und wir haben auch auf anderer Linie mit den Finanzen zu kämpfen“, berichtet Rico Sauer weiter. „Für das Projekt haben wir einen Zuschuss vom Landessportbund erhalten und diese machten uns auf den Stiftungspreis der Bernd-Jung-Stiftung aufmerksam. Am Ende habe ich das Projekt dort beworben. Den Preis konnten wir leider nicht gewinnen, aber unsere Idee der gelebten Inklusion im Sport fand die Bernd-Jung-Stiftung so gut, dass wir eine Kooperation erhalten haben, gemeinsam mit den Stadtwerken Frankenthal. Wir sind so dankbar für diese Unterstützung“. Weitere Informationen unter www.fsv1897.de
Ein tolles Projekt, dass jede Unterstützung Wert ist, allerdings gibt es noch weitere Probleme, mit denen sich der Verein auseinandersetzen muss. Hierzu mehr in einem weiteren Artikel. [gib]
Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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