Die Stadtenwicklung soll mit Bürgerhilfe vorwärts gehen
Bekommt Germersheim eine bunte Innenstadt?
Germersheim. Am Mittwochabend spazierten Bürger wieder durch Germersheim. Welche Maßnahmen braucht die Innenstadt, um attraktiver zu werden? Was kann jeder einzelne Bürger dafür tun und welche Durchführungssatzung soll der Stadtrat aufstellen, um die Stadt weiterzuentwickeln? Wie sollen die Gebäude in der Innenstadt aussehen? Wie werden sie genutzt?
Stadtplaner Michael Kleemann (Büro Stadtimpuls, Landau) führte mit Zentrumsmanager Elias Kappner und Projektmanager Tobias Brokötter durch die Stadt. Ziel waren die Sandstraße, die Ludwigstraße und die Ecke Fischerstraße, Bergstraße als Übergang von der Ludwigstraße in Richtung Sandstraße. Im Blickpunkt standen dabei Gebäude in Germersheim, ihre Fassade und natürlich auch die Frage, welchem Zweck dienen die einzelnen Straßen.
Braucht Germersheim eine Fußgängerzone?
Ist es eine Stärke von Germersheim, dass die verbliebenen Einzelhandelsgeschäfte über die Stadt verteilt sind? Wäre eine zentrale Einkaufsstraße nicht viel schöner? Das sind Fragen, die sich die Bürger am Donnerstagabend stellten. Zu einem Ergebnis kamen sie nicht. Die Meinungen scheiden sich schon bei der Frage, ob die Ludwigsstraße zur Fußgängerzone werden soll oder nicht. Die eine Seite will unbedingt eine Fußgängerzone, die andere Seite befürchtet Umsatzeinbußen für die Geschäfte. Fest steht, dass die Bürger die Ludwigsstraße eher als Genussmeile sehen mit den bereits bestehenden Cafés. Im Bereich Ludwigsstraße/Königstraßen wünschen sie sich gute Restaurants. „Touristen müssen die Möglichkeit haben, ihr Geld in Germersheim auszugeben“, sagte Tourismuschefin Frauke Vos-Firnkes. Dazu gehöre auch gutes Essen und eine vielfältige Gastronomie. Bestehende Geschäfte sollen natürlich vor Ort bleiben, aber den klassischen Einzelhandel sehen viele Bürger eher in der Marktstraße. Als Verbindungsstraße könnte die Sandstraße dienen, in der es vor allem Dienstleister gibt.
Sollen die Gebäudefassaden in der Innenstadt bunt werden?
Einig waren sich Bürger und Stadtplaner aber darin, dass die vielseitige Baukultur in der Innenstadt ein Alleinstellungsmerkmal der Festungsstadt ist. Festungsbauten, Altstadt und Neustadt bieten eine besondere bauliche Vielfalt. „Es gibt an jeder Ecke etwas Schönes zu entdecken“, attestierte Tobias Brokötter. Allerdings gibt es auch Häuser mit einem Investitionsstau. Wie kann man die Eigentümer dieser Häuser dazu bewegen, sich um das Erscheinungsbild zu kümmern? Kann man das überhaupt? Darf man das?
Die Idee einer bunten Innenstadt, in der jedes Haus eine andere Farbe hat, ähnlich wie beispielsweise in Holland oder Belgien, fand Anhänger und Gegner. Einig waren sich die Teilnehmer, dass letztendlich jeder Eigentümer darüber entscheidet, wie er sein Haus gestaltet. „Man kann einem Besitzer nicht den eigenen Geschmack aufzwingen“, meinte Heinz Sachs, dessen Reisebüro sich in einem der schönsten Häuser der Sandstraße befindet. Darauf entgegnete Stadtrat Michael Walch, der eine Apotheke besitzt, dass die Kreisverwaltung darauf achten müsste, dass wenigstens die Gestaltungsvorschriften eingehalten werden. Dem pflichteten viele Bürger bei. „Es ist besser dem Bürger oder Gewerbetreibenden zu sagen, was er machen kann, statt ihm zu sagen ‚Das darfst du nicht‘“, sagte Vos-Firnkes. Dies gelte auch für Privatbesitz. Abhilfe könnten gute Beispiele aus der Stadt zeigen, Vorher und Nachher-Fotos des eigenen Hauses und natürlich das Aufzeigen der Fördermöglichkeiten. Beim Rundgang stellte sich aber die Frage, welche Häuser werden von der Stadt gefördert. „Fördern wir die sowieso schon schönen historischen Häuser oder fördern wir alle Häuser, deren Besitzer etwas an ihrem Haus verschönern wollen?“, fragte Kleemann in die Runde. Eine eindeutige Antwort gab es auch hier nicht, denn Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
Einkaufen oder Wohnungen?
Die meisten Menschen laufen mit dem Tunnelblick durch die Straßen und schauen sich die Schaufenster an. Wer richtet seinen Blick nach oben und schaut auf die oberen Stockwerke? Die Teilnehme des Arbeitskreises am Donnerstag staunten nicht schlecht, als sie genau dazu aufgefordert wurden. „Ist mir noch nie aufgefallen“, kommentiert ein Bürger den Umstand, dass die Häuser in der Ludwigstraße komplett unterschiedlich gebaut sind. Ein Haus hat vier Stockwerke, das nächste drei Stockwerke, das übernächste 2 Stockwerke. Es gibt Gebäude mit Friesen, Rundbögen und kleinen Kreuzfenster. Aber es gibt auch Neubauten und seltsame Auswüchse moderner Baukultur. Die Beobachtungen strecken sich auf die ganze Innenstadt. In weiteren Treffen sollen die Bürger sich mit der Frage auseinandersetzen, wie künftig die Baukultur der Stadt aussehen soll. Will man ein Mischgebiet aus Wohnen und Einkaufen beibehalten? Will man die Umnutzung von Gewerberäume in Wohnungen in manchen Bereichen der Stadt vielleicht verhindern? Oder sollen umgekehrt Gebäude bewusst in Wohneinheiten umgenutzt werden, um Leerstände zu vermeiden? "Wir haben nicht weniger Geschäfte als andere Städte in der Größe", sagte Frauke Vos-Firnkes. Das Problem sei, dass die Geschäfte verstreut seien. Das erwecke den Eindruck, Germersheim habe fast keine Geschäfte mehr. Die Tourismuschefin fordert aktiv, das Positive hervorzuheben.
Was können Hausbesitzer tun?
Hausbesitzer konnten sich bereits am letzten Freitag bei einer kleinen Baumesse informieren. Nach Auskunft von Tobias Brokötter kam die Veranstaltung sehr gut an. Rund 35 Hausbesitzer informierten sich im Bürgersaal. „Die Veranstaltung war sehr gut besucht“, sagte Stadtrat Armin Lutzke (parteilos, für die AfD im Stadtrat). Aktiv spricht das Büro Stadtimpuls derzeit Eigentümer an. „Dabei geht es vor allem darum, ins Gespräch zu kommen und zu hören, was Eigentümer selbst sich wünschen“, so Kleemann. Wer sich beraten lassen will, kann freitags die Sprechstunde ab 11 Uhr im Citybüro, Jakobstraße 4 (Nardini-Haus), besuchen. Die Treffen sind kostenfrei und unverbindlich.
Wie geht es weiter?
Am 5. September findet um 19 Uhr im Stadthaus (Bürgersaal) ein Innenstadtforum statt für alle Bürger. Am kommenden Montag trifft sich um 19.30 Uhr im Citybüro die Gruppe „Image“, die sich die Frage stellt, wie man das Image der Festungsstadt verbessern kann. Bis Ende des Jahres sollen die Arbeitsgruppen Baukultur eine Satzung erarbeiten, die festlegt, welche Baumöglichkeiten es in der Innenstadt künftig gibt. jlz
Autor:Wochenblatt Archiv aus Germersheim |
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