Geheimnisvolle Heimat
Die verschwundene Eisenbahnbrücke von Germersheim

die gleiche Fotografie: Mal mit, mal - aus strategischen Gründen, um das feindliche Militär zu täuschen - ohne Eisenbahnbrücke | Foto: Stadt- und Festungsmuseum Germersheim/Fleischer
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  • die gleiche Fotografie: Mal mit, mal - aus strategischen Gründen, um das feindliche Militär zu täuschen - ohne Eisenbahnbrücke
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Germersheim. Es gibt Bauwerke, die haben eine bewegte Geschichte und müssen dafür nicht einmal richtig alt sein. Die Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Germersheim ist ein gutes Beispiel: Die neue wurde 1967 gebaut, 1994 teilweise stillgelegt und in den 2000ern für das ÖPNV-Netz der Rhein-Neckar-Region zu neuem Leben erweckt. Die "alte", historische Rheinbrücke wurde ab 1875 gebaut, 1877 in Betrieb genommen und am 24. März 1945 spektakulär in die Luft gesprengt. Die alte Brücke - oder was davon übrig ist - beschäftigt und fasziniert seither Eisenbahnfreunde, Urban Explorer und Historiker gleichermaßen.

Strategisch wichtig - über Jahrhunderte

Schon 1871 wurde ein Staatsvertrag zwischen Königreich Bayern (zu dem die Pfalz damals noch gehörte) und dem Großherzogtum Baden geschlossen, in dem der Bau einer Brücke über den Rhein vereinbart wurde. Nach längeren Diskussionen über den genauen Standort der Brücke, entschied man sich für die Flussquerung dort, wo auch heute noch die Eisenbahnbrücke zu finden ist. Das Bauwerk von 1877 war 302 Meter lang, 2.230 Tonnen schwer und bestand über dem Rhein aus drei stählernen Bogenbrücken (je 87,60 Meter) mit untenliegender Fahrbahn und Vorflutbrücke. Das alles sollte im Verlauf der Zweiten Weltkriegs eine strategisch wichtige – fast kriegsentscheidende – Rolle spielen. Das Brückenbauwerk über den Rhein, das auf der so genannten Bruhrainbahn Bruchsal im Badischen mit Germersheim in Rheinland-Pfalz verbindet, hatte bereits im Ersten Weltkrieg eine wichtige Bedeutung für die Transporte von und zur Westfront. 1927 und 1930 musste die Brücke sogar verstärkt werden, damit die immer schwerer werdenden Züge sie weiter befahren konnten.

Im Zweiten Weltkrieg wuchs die strategische Bedeutung der Rheinquerung bei Germersheim noch – und gipfelte in einer fast unglaublichen Aktion: Viele Monate lang hatten die Deutschen 1945 die Sprengung der Brücke vorbereitet, um den anrückenden alliierten Streitkräften so die Überquerung des Rheins zu erschweren. Vorher hatten auch die Alliierten bereits vergeblich verssucht, die Brücke während mehrerer Luftangriffe zu sprengen.

Blick auf die Überreste des alten Brückenbaus auf der badischen Seite | Foto: Heike Schwitalla
  • Blick auf die Überreste des alten Brückenbaus auf der badischen Seite
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Am 24. März 1945 war es dann so weit, als „letzter Rettungsversuch“ wurde die Germersheimer Brücke durch die Nationalsozialisten gesprengt. Die Brücke war der letzte Rheinübergang und die Front rückte über den Bellheimer Wald schnell immer näher an Germersheim heran. Noch kurz vor der Sprengung flohen rund 50.000 Menschen (Soldaten und Zivilisten) über die Brücke nach Baden. Gegen 10.20 Uhr wurde der Befehl zur Sprengung der Brücke erteilt, um 18.40 Uhr trafen die Amerikaner vor Ort ein.
Und die Nationalsozialisten haben ganze Arbeit geleistet: Von der alten Brücke ist nicht viel übriggeblieben. Einige Trümmerteile lagen bis 1949 im Rhein, die Gleise waren auf beiden Rheinseiten schon vorher zurückgebaut worden. Heute finden sich auf der badischen Rheinseite noch Teile des geschichtsträchtigen Bauwerks, kaum zugänglich - verborgen im dichten Gestrüpp, von Zäunen geschützt.

Bauteile der alten Rheinbrücke auf der badischen Seite | Foto: Paul Needham
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An einigen Pfeilern sind auch aus sicherer Entfernung noch Einschussspuren zu erkennen, Trümmerteile liegen weit zerstreut – verstecktes Zeugnis der Grausamkeit des Krieges. Ein verlorener Ort direkt an Rhein, einer von vielen "lost places" der jüngeren Geschichte.
Schon früh waren sich die Militärs übrigens der strategischen Bedeutung der Rheinbrücke Germersheim bewusst: Auf historischen Postkarten ist die alte Brücke beispielsweise nicht immer zu sehen. Aus strategischen Gründen, haben sie die Nationalsozialisten sie von zeitgenössischen Postkarten „verschwinden lassen“, um den Feind in die Irre zu führen.

die gleiche Fotografie: Mal mit, mal - aus strategischen Gründen, um das feindliche Militär zu täuschen - ohne Eisenbahnbrücke | Foto: Stadt- und Festungsmuseum Germersheim/Fleischer
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Die Gegenwart - friedlicher ÖPNV

Erst spät, im Jahr 1967, wurde eine neue Brücke gebaut, die jedoch nur noch für regionalen Eisenbahnverkehr von Bedeutung war. 1994 folgte der Rückbau auf ein Gleis, erst in den 2000er Jahren - als die Verbindung „Bruchsal -Germersheim“ ein Teil des Stadtbahn-Netzes der Rhein-Neckar-Region wurde, erlangte die Brücke ihre neue – bis heute – bedeutende Rolle für den ÖPNV in Baden und der Südpfalz.

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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