Neue Bebauung des ehemaligen Werftgelände
Kritische Anmerkungen zum "Ja" des Bauausschusses zum Bebauungsplan Nr. 62 "Am Hafen" vom 07.02.2020
Über die Ergebnisse der Bauausschuss-Sitzung war nachzulesen, dass der Gutachter den neuen Sicherheitsabstand zum Gefahrstofflager von DP-World nun mit 705 m ermittelt hat, nachdem die Austrittsmenge des Gefahrstoffs Acrolein im Schadenfall auf 125 Liter erhöht und der Austrittsort weiter im Norden des Betriebsgeländes angenommen wurde. Davor gab der Gutsachter noch den Sicherheitsabstand mit 650 m an und rechnete mit einer Austrittsmenge von nur 65 Liter und einem weiter im Süden liegenden Austrittsort der näher am geplanten Baugebiet liegt. Die Änderung dürfte darauf zurück zu führen sein, dass der Gutachter zwischenzeitlich den Sicherheitsbericht von DP-World eingesehen hat.
Hierzu muss gesagt werden, dass der sehr giftige und wenig bekannte Stoff Acrolein für die großtechnische Verarbeitung üblicherweise in 10 m3 Transportbehälter umgeschlagen wird und die viel kleineren 125 Liter Gebinde eher die Ausnahmen sind. Der Stoff wird auch nicht nur gelegentlich, sondern in Größenordnung im Germersheimer Hafengebiet umgeschlagen, denn er ist ein Zwischenprodukt für die großtechnische synthetische Herstellung von Aminosäuren und hat eine erhebliche Bedeutung in der Herstellung von Mischfutterbestandteilen in der Tierernährung.
Es dürfte zudem wahrscheinlich sein, dass die in China bereits heute üblichen 20 m3 große Transportbehältnisse für diese Stoffe, in Kürze auch eine Zulassung in der EU erhalten und in Folge dessen, diese auch in Germersheim Einzug erhalten, auch wenn der Beigeordnete zu Recht darauf hinwies, dass dies derzeit nicht der Fall ist.
Bei einer konservativen Ermittlung des Abstandes zur Hafenneubebauung, der die Sicherheit der Menschen zum Ziel hat, hätte ich erwartet, dass den Mitgliedern des Bauausschusses auch der Sicherheitsabstand genannt wird, der sich bei einen Defekt an dem größten Transportbehälter von 10 m3 ergibt. Diese Berücksichtigung empfehlen auch die entsprechenden Richtlinien. Es liegt auf der Hand, dass sich bei einer Leckage von 10.000 Litern ein anderer Sicherheitsabstand ergibt als bei einem 125 Liter Behältnis. Auf dieser Basis hätte der Bauausschuss über einen angemessenen Abstand zur neuen Hafenbebauung befinden können.
Keine Beachtung fand auch die nicht zu unterschätzende Gefährdung bei Rangierarbeiten von Güterzügen auf dem südlichen Gleisbogen, der nur ein Radius von 90 m hat und der für die heutigen Großwaggons viel zu gering ist. Ohne ein sorgfältiges Entkoppeln der Waggons besteht die Gefahr, dass diese entgleisen. Eine Berücksichtigung dieser Gefahrensituation ist mir nicht bekannt.
Nicht beachtet wurde außerdem der existierende Katastrophenschutzplan, der gesetzlich vorgeschrieben ist und der schon heute innerhalb des Bereiches von 1.100 m eine Evakuierung bei Überschreiten der Schadstoff-Grenzwerte vorsieht. Und in genau dieses Gebiet, nahe der B35-Brücke, will man nun ausgerechnet ein Hotel bauen. Um dies aus schallschutztechnischen Gründen überhaupt zu ermöglichen, hat man zuvor den nördlichen Bereich als separates Gewerbegebiet und das Baugebiet als sogenanntes "Urbanes Gebiet" ausgewiesen. Letzteres ist nach meiner Einschätzung ebenfalls rechtlich fragwürdig.
Aus den vorgenannten Gründen kann ich der gegenwärtigen Bebauungsplanung, zumindest für den gewerblichen Teil, nicht zustimmen und plädiere für eine weitere Überarbeitung.
Autor:Gerald Seibel aus Germersheim |
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