Senior-Experten begleiten Auszubildende
Mut machen und helfen, wo Hilfe gebraucht wird

Martha Grosskopf und Shorena Sajaia sind ein gutes Team.  | Foto: Schwitalla
  • Martha Grosskopf und Shorena Sajaia sind ein gutes Team.
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Graben-Neudorf/Region. Vor rund 17 Jahren - direkt nach ihrer Pensionierung - war die Sozialarbeiterin und Erzieherin Martha Grosskopf auf das Projekt SES (Senioren Experten Service) aufmerksam geworden.

„Ich wollte noch nicht zum alten Eisen gehören, fühlte mich noch viel zu jung, um gar nichts mehr zu tun, deshalb habe ich mich zusammen mit meinem Mann dafür beworben. Wir sind angenommen worden und waren seither immer wieder im Ausland unterwegs“, berichtet die 80-Jährige. In Honduras, Russland, Usbekistan, in El Salvador oder Nicaragua hatte das Ehepaar seither Einsätze, bei denen die Beiden mit ihrem jeweiligen beruflichen Fachwissen Projekte, Einrichtungen und Unternehmen unterstützt haben.
Mittlerweile reist die 80-Jährige aus Graben-Neudorf nicht mehr so viel herum, engagiert sich dafür aber seit rund fünf Jahren in dem Projekt VerA - „verhindern von Ausbildungsabbrüchen“ - in dem die Senior Experten Auszubildende auf dem langen Weg und manchmal beschwerlichen Weg ins Berufsleben unterstützen.

Deutsch von null auf hundert

Ihr derzeitiger „Fall“ ist ein ganz besonderer: Martha Grosskopf unterstützt seit rund anderthalb Jahren Shorena Sajaia, die eine Ausbildung zur Altenpflegerin macht. Aber Shorena ist kein Teenager, wie man erwarten würde. Sie ist 39 Jahre alt, Mutter von drei Kindern und kam erst 2015 nach Deutschland. Der Konflikt um die Provinz Abchasien hat sie über den Umweg Georgien nach Bellheim geführt, wo sie heute mit ihrem Ehemann und ihren Kinder lebt. Dort macht sie auch ihre Ausbildung zur Altenpflegerin, die Berufsschule - eine, auf der sie parallel auch Deutsch lernt - besucht sie in Karlsruhe. Martha Grosskopf unterstützt die Georgierin hauptsächlich beim Lernen, denn obwohl Shorena in ihrem Heimatland Krankenpflege und Geburtshilfe studiert hat, fällt ihr das auf deutsch besonders schwer. Denn Shorena kam ohne jegliche Deutschkenntnisse, muss nun ihren Beruf und die Sprache parallel lernen, was verbunden mit ihren Aufgaben als Mutter nicht immer einfach ist.
„Ich bin dankbar für die Unterstützung von Martha“, sagt sie. „Sie lernt mit mir Vokabeln und auf jede Klausur, sie baut mich auf, wenn ich erschöpft und deprimiert bin.“
Ihre Arbeit macht Shorena viel Spaß. Den alten Menschen helfen zu können, ist ihr ein großes Anliegen. „Ich bin diesem Land dankbar, für alles, was es für mich getan hat und ich freue mich, den Menschen hier etwas zurückgeben zu können“.

Begleitung in ein "normales" Leben

Dennoch träumt Shorena davon, irgendwann einmal wieder in ihrem alten Beruf arbeiten zu können. Nicht unrealistisch, sagt Martha Grosskopf, die sie auf dem Weg dahin weiter unterstützen wird. „Um als Krankenschwester arbeiten zu können, braucht Shorena erweiterte Sprachkenntnisse und ich bin mir sicher, dass sie diese bald haben wird, auch wenn das alles mit Sprachkurs, Ausbildung, Arbeit, Pendeln und Familie manchmal richtig viel ist.“
Shorenas Ehemann war in seiner Heimat Zahnarzt, hier arbeitet er derzeit für einen Paketzusteller. Aber auch er lernt fleißig Deutsch, um möglichst bald sein Wissen auch in Deutschland anwenden zu können. Ihre Kinder besuchen eine Kita und die Realschule, sind integriert und können sich schon kein anderes Leben mehr vorstellen. „Wir möchten als Familie für uns selbst sorgen, nicht vom Staat abhängig sein“, sagt Shorena. Zum einen sei dies notwendig, um nicht ausgewiesen zu werden, zum anderen möchte die Familie nicht auf noch mehr Unterstützung angewiesen sein.
Senior Expertin Martha Grosskopf ist sich sicher, dass die Sajaias auf einem guten Weg sind. Sie hilft auch, wenn es mal Probleme mit der Ausländerbehörde gibt, schreibt Briefe an die Ämter oder unterstützt, wenn Formulare ausgefüllt werden müssen, denn sie weiß, Familien wie die von Shorena sind für Deutschland eine Bereicherung. Gut ausgebildete Fachkräfte, Kinder, die hier voll integriert sind, eine Familie, die sich einbringen möchte, das ist ein wertvoller Zugewinn für unsere Gesellschaft.
„In Georgien blieb uns gar nichts, man hat uns alles genommen: Unsere Wohnung, unsere Arbeit, unsere Chancen. Hier ist es auch nicht immer einfach, aber wir sehen hier eine Zukunft für uns und unsere Kinder, das ist uns alle Mühen wert“, fasst Shorena ihre Situation zusammen. Und Martha Grosskopf kann nur zustimmen: „Sie ist eine tapfere und bewundernswerte Frau mit einer tollen Familie. Ich bin mir sicher, dass sie es schaffen wird.“

Weiterführende Informationen

Abchasien
1992 erklärte die autonome Republik Abchasien im Kaukasus ihre Unabhängigkeit. Schon nach kurzer Zeit kam es Spannungen zwischen Abchasien und Georgien. Es kam immer wieder zu Verbrechen an der georgischen Zivilbevölkerung Abchasiens. Im zweijährigen Krieg um Abchasien starben rund 10.000 Menschen. Mehr als die Hälfte davon waren Zivilisten. Im Zuge der abchasischen Gegenoffensive im Sommer 1993 wurden so gut wie alle georgischen Einwohner der abtrünnigen Provinz (250.000 Menschen) aus ihren Heimatorten vertrieben. Ungefähr 50.000 georgische Flüchtlinge kehrten in den Folgejahren in die angrenzende Stadt Gali im Süden Abchasiens wieder zurück. Sie halten sich dort nicht dauerhaft auf, sondern migrieren immer wieder zwischen Gali und Sugdidi auf der georgischen Seite der Konfliktlinie.
Senior Experten
Informationen zu den Aufgaben der Seniorexperten gibt es unter www.ses-bonn.de, das Ausbildungsprojekt VerA wird unter www.vera.ses-bonn.de vorgestellt

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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