Thomas Gebhart MdB:
Klimaschutzziel nur erreichbar wenn Wohlstand erhalten bleibt
Hauenstein (Südwestpfalz). „Wir können das weltweite Klimaproblem nur lösen, wenn es gelingt, diesen Grundkonflikt zu lösen, nämlich Klimaschutz auf der einen Seite und Wohlstand und Wachstum auf der anderen“, betonte gestern Abend der Bundestagsabgeordnete Dr. Thomas Gebhart in Hauenstein. Der dortige CDU-Gemeindeverband hatte den Parteifreund aus der Vorderpfalz eingeladen, zur Thematik „Aktuelle Herausforderungen des Klimaschutzes und der Energieversorgung“ zu referieren und anschließend mit der Besucherschaft zu diskutieren. Angeboten war zusätzlich, „Fragen zu allen Themen der Bundespolitik“ an den Parlamentarier zu stellen, was ebenfalls umfassend genutzt wurde.
Der Schlüssel, diesen „Grundkonflikt“ zwischen Klimaschutz und Wohlstand zu lösen läge in neuen Technologien, in Innovation, das sei seine „Grundüberzeugung“, unterstrich Thomas Gebhart. „Das ist, glaube ich, die ganz große Aufgabe für ein Land wie Deutschland, ein Industrieland, zu zeigen, dass es mit Hilfe von Technologie, mit Hilfe von Innovation, gelingt im Land Klimaschutz zu betreiben und gleichzeitig eine starke Wirtschaft zu haben.“ Der „eher grüne Weg“ sei zu sagen, wir alle müssen uns möglichst einschränken, vielleicht auch die Industrie zurückfahren. So seien die Probleme nicht zu lösen. Das würde von anderen Ländern der Welt kaum nachgeahmt werden. Forschung und Entwicklung müssten „ganz oben auf die Tagesordnung“.
„Wenn man den Kanzler reden hört, dann redet der immer nur über Wind und Sonne“, erklärte der CDU-Parlamentarier. Diese müssten ausgebaut werden, aber es gäbe auch Biomasse, Wasserkraft und Geothermie. Zudem sei „Energieeffizienz, also Energieeinsparung“, ein Bereich, „der im Moment zu kurz kommt“. Im energieeffizienten Bauen sei in 2022 ein massiver Einbruch zu verzeichnen. „Natürlich hängt das zusammen mit Zinsen und mit steigenden Baupreisen, das hängt aber auch damit zusammen, dass die neue Bundesregierung ein Hin und Her veranstaltet hat bei der Förderung.“ Viele hätten darauf ihre Baumaßnahme zurückgestellt, das zeigten jetzt konkrete Zahlen. „Das gehört bei Energieeffizienz eben dazu, auch im Gebäudebereich Anreize zu geben, dass so etwas gemacht wird.“
„Was machen wir wenn Windstille ist und keine Sonne scheint?“ stellte Thomas Gebhart in den Raum. „In der Vergangenheit war's so, dass der Plan war, sowohl der alten Regierung wie der neuen Regierung, dass dann vor allem Gaskraftwerke zum Einsatz kommen sollen.“ Durch den Wegfall des russischen Gases sei dieses Modell weitgehend in sich zusammengebrochen. „Deswegen setzen jetzt alle darauf, dass wir beim Thema Wasserstoff viel schneller als geplant vorankommen.“ Dazu müssten nun Entscheidungen getroffen werden, beispielsweise wer die Wasserstoff-Infrastruktur baut. Es gebe hier „das klassische Henne/Ei-Problem“: Wer kauft einen Wasserstoff-Lkw wenn dieser nicht betankt werden kann und wer baut die Infrastruktur, wenn es noch keine Nachfrage gibt. Deswegen brauche es sehr schnell Entscheidungen der Bundesregierung, wie diese Infrastruktur aufzubauen ist.
Neben Effizienz, Erneuerbaren Energien und Wasserstoff sei die vierte Säule in diesem Bereich nicht nur CO² einzusparen, sondern Technologie nutzen um dieses Klimagas abzuscheiden, einzulagern und dann zu neuen Wertstoffen zu machen. Auch das sei etwas, womit sich die aktuelle Bundesregierung schwertue. Andere Länder gingen voraus und Deutschland solle das ebenfalls realisieren, fordert Thomas Gebhart.
Zum „Streitthema“ wie mit den verbliebenen drei Kernkraftwerken in Deutschland umgegangen werden soll, „sind wir der Meinung, wir können es uns in dieser Situation nicht leisten, diese Kernkraftwerke jetzt im April abzuschalten“. Weiterbetrieb wäre technisch absolut kein Problem, hätten inzwischen alle Fachleute bestätigt. Grundsätzlich halte man am Ausstieg fest, „aber ausgerechnet jetzt abzuschalten, das ist unverantwortlich“. Diesen Winter habe man mit den milden Temperaturen Glück gehabt und deswegen hohe Füllstände in den Gasspeichern. Niemand wisse, wie der nächste Winter wird. Deswegen sollten diese Kraftwerke wenigstens bis Ende '24 am Netz gehalten werden. Das würde auch helfen, die Preissituation zu entspannen. „Deswegen ist es auch ökonomischer Wahnsinn, jetzt in dieser Situation diese drei Kernkraftwerke abzuschalten.“ Außerdem würden dann die alten Kohlekraftwerke wieder hochgefahren. Das sei unter Klimaschutzgesichtspunkten „natürlich keine gute Lösung“.
In der anschließenden vielfältig in Anspruch genommenen Diskussionsrunde plädierte Thomas Gebhart, die Kernenergie-Forschung weiterzubetreiben. „Wir haben immer noch in Deutschland renommierte Forscher in dem Bereich.“ Das Gleiche gelte auch für das Thema Kernfusion. Technologieoffen zu bleiben empfehle sich auch bezüglich Mobilität. Wenn der Beschluss in der EU-Kommission so durchgehe, gäbe es ab 2035 nur (neue) Elektroautos.
Der Klimawandel sei Folge der letzten 30 bis 50 Jahre, beantwortete er eine entsprechende Frage. Selbst wenn die ganze Welt den Ausstoß von Klimagasen massiv reduzieren würde, ginge dieser Wandel zunächst weiter. An vielen Stellen liefen Arbeiten, wie man sich darauf einstellen kann, bei Hochwasserschutz sowie Landwirtschaft, Weinbau oder Wald, sei Ihm bekannt, schilderte Thomas Gebhart.
Angesprochen wurden von Besucherseite auch hauptsächlich administrative Hemmnisse bei der noch ausstehenden Kosten-Entlastung von Heizöl und Holzpellets, dem Ausbau der Windenergie, von Geothermie. Dezentrale E-Werke mit gleichzeitiger Fernwärmeversorgung würden oft außer Acht gelassen.
Auch eine allgemeine Politikverdrossenheit wurde von Seiten der zahlreichen Besucherschaft thematisiert. Neben anderem seien realitätsfremde Verordnungen ursächlich, die beispielsweise aktuell zu reihenweiser Absage oder Ausdünnung von Fastnachtsumzügen führten. „Unser Umzug (Dienstag 21. Feb. ab 13:30 Uhr, der Verfasser) findet nur statt, weil die politische Gemeinde Mitveranstalter ist“, warf Hauensteins Ortsbürgermeister Zimmermann bestätigend ein. Von anderer Seite erfolgte der Zuruf „und die Zwangs-Grundsteuererhöhung!“. „Im dienstlichen Alltag erlebe ich das täglich“, bestätigte ein Bundesbeamter und die Diskussion abschließend wurde gefragt „warum hat sich das bisher nicht geändert. Die das beschließen müssen, sind doch auch Teil des Systems.“ Bundesparlamentarier Gebhart bestätigte, in seinen regelmäßigen Kontakten mit der Bevölkerung entsprechendes zu hören. Er hoffe, dass der Leidensdruck erkannt werde und sich das ändert.
Zur Person
Dr. Thomas Gebhart ist Obmann der CDU/CSU Bundestagsfraktion im Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Deutschen Bundestag. Von 2003 - 2009 war er Mitglied des Landtages Rheinland-Pfalz und dort ab 2006 umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Sein Wahlkreisbüro ist in Landau. Er lebt mit seiner Familie in Jockgrim (Landkreis Germersheim).
Autor:Werner G. Stähle aus Hauenstein |
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