Corona-Pandemie Südwestpfalz
Pirmasens soll zu Notbremse gezwungen werden

Dr. Susanne Ganster (Landrätin Südwestpfalz) und Markus Zwick (Oberbürgermeister Pirmasens), hier bei Präsentation des „Corona-Testzentrum“ in Höhfröschen (VG Thaleischweiler-Wallhalben) im März 2020. | Foto: W. G. Stähle
  • Dr. Susanne Ganster (Landrätin Südwestpfalz) und Markus Zwick (Oberbürgermeister Pirmasens), hier bei Präsentation des „Corona-Testzentrum“ in Höhfröschen (VG Thaleischweiler-Wallhalben) im März 2020.
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Pirmasens/Südwestpfalz. „In der Stadt Pirmasens musste das Land mit Hilfe eines Erlasses das Inkrafttreten der Allgemeinverfügung veranlassen“, gab das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz (MSAGD, Mainz) gestern (15. März 2021) bekannt. Dieser Erlass regele eine „Notbremse“ für Pirmasens. Die Führung der betroffenen Stadt berät heute. Am Nachmittag soll Näheres zu erfahren sein.

Pirmasens überschreitet seit dem 11. März dieses Jahres den mathematischen Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb sieben Tagen. Am Sonntag betrug diese vom Landesuntersuchungsamt ermittelte „Sieben-Tage-Inzidenz“ 154,1. In der Folge sah sich die Stadtverwaltung „unverzüglich gezwungen, zielgerichtete Maßnahmen im Bereich Handel, Gewerbe, Sport, Kultur, Freizeit, Bildung und Kultur zu ergreifen.“ Dies sehe die „17. Corona-Bekämpfungsverordnung“ des Landes Rheinland-Pfalz vor.

Pirmasens: Unsere Schutzmaßnahmen sind geeignet und verhältnismäßig
Dem entsprechend erließ die Stadtverwaltung eine „Allgemeinverfügung“, die seit Montagnacht (15. März 2021) in Kraft ist. „Aufgrund örtlicher Besonderheiten bei der aktuellen Infektionslage sowie aus rechtlichen Gründen weicht die Allgemeinverfügung der Stadt Pirmasens in einigen Punkten von den Vorstellungen des Landes ab“, wird kommentierend mitgeteilt. Oberbürgermeister Markus Zwick betont: „Die angeordneten Schutzmaßnahmen sind geeignet und verhältnismäßig, um auf das örtliche Infektionsgeschehen zu reagieren.“

Entsprechendes wurde Gesundheitsstaatssekretär Alexander Wilhelm in einem Schreiben dargelegt. Offensichtlich in Reaktion darauf folgte der Notbremse-Erlass des Ministeriums.

Das Land müsse „per Erlass nachsteuern, dass die zuvor besprochenen Maßnahmen vollumfänglich zum bestmöglichen Schutz der Bevölkerung umgesetzt werden“, heisst es in der Erklärung des Ministeriums. „Auch für Kommunen, deren Inzidenz über 100 liegt, gibt es klare Vereinbarungen. Diese müssen die sogenannte ‚Notbremse‘ ziehen. Auch die dafür nötigen Maßnahmen hat das Land den Kommunen in einer Muster-Allgemeinverfügung an die Hand gegeben, die die Kreise oder kreisfreien Städte umsetzen müssen. Dies ist in den aktuell betroffenen Kommunen Kreis Altenkirchen und Stadt Frankenthal auch wie vereinbart geschehen. Lediglich in der Stadt Pirmasens musste das Land nun mit Hilfe eines Erlasses das Inkrafttreten der Allgemeinverfügung veranlassen. Somit werden auch in Primasens unverzüglich die zum Schutz der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen ergriffen.“

Die Stadt Pirmasens hatte zuvor mitgeteilt, Oberbürgermeister Markus Zwick habe in seinem Schreiben an Gesundheitsstaatssekretär Doktor Alexander Wilhelm ausführlich dargelegt, welche Gründe ihn und seinen Verwaltungsstab bewogen hätten. Angeführt werde unter anderem, der starke Anstieg der Inzidenz binnen weniger Tage sei nach Einschätzung des Verwaltungsstabes „maßgeblich von einem Infektionsgeschehen geprägt, das sich insbesondere auf Corona-Ausbrüche in mehreren Kindergärten zurückführen lässt“. In den vorangegangnen sieben Tagen sei es insgesamt zu 64 Neuinfektionen gekommen, knapp 44 Prozent dieser Fälle rührten aus mehreren Kitas.

Es gebe weitere Besonderheiten, die bei der Entscheidungsfindung durch die Kommune Berücksichtigung finden müssten. Auch sei „nicht ersichtlich“, dass der lokale Einzelhandel und körpernahe Dienstleistungen am aktuellen Infektionsgeschehen überhaupt einen maßgeblichen Anteil hätten, so Oberbürgermeister Zwick. Die beiden Branchen hätten erst seit dem 8. März wieder geöffnet. Daher sei es „zeitlich nahezu auszuschließen“, dass die zwei Tage später sprunghaft gestiegenen Fälle diesen zugerechnet werden könnten. „Nach Erkenntnissen aus den Kontrollen unsers Vollzugsdienstes haben die Geschäfte überdies wirksame Hygienekonzepte und halten diese auch streng ein“, betont Markus Zwick.

In seinem Schreiben an den Staatssekretär im Gesundheitsministerium macht der Pirmasenser Verwaltungschef zudem geltend, dass die vom Land erlassene Corona-Bekämpfungsverordnung den kreisfreien Städten und Landkreisen keine konkreten Schutzmaßnahmen vorschreibe. „Deshalb müssen die Gebietskörperschaften im Rahmen von Allgemeinverfügungen geeignete und zielgerichtete Maßnahmen treffen können. Bei der Entscheidungsfindung hat die Bewertung der Lage vor Ort maßgeblichen Anteil. Andernfalls würde die Übertragung der Entscheidung auf Städte und Landkreise überhaupt keinen Sinn machen.“ Es bedürfe keiner örtlichen Allgemeinverfügungen, wenn vom Land ein Automatismus gefordert werde mit dem Ziel, ein landeseinheitliches Vorgehen mit einheitlichen Schutzmaßnahmen zu etablieren, die wiederum ausschließlich von den jeweiligen Inzidenzen abhängen, so die von Oberbürgermeister Zwick dem Ministerium dargelegte Auffassung. Dies könne das Land selbst und direkt in einer Verordnung regeln. Es habe „schließlich auch über die landesweiten Öffnungen selbst entschieden“.

Die Allgemeinverfügung der Stadt Pirmasens vom 15. März 2021 kann im Internet eingesehen werden. Weitere diesbezügliche Informationen der Stadt Pirmasens sind zu finden unter www.Pirmasens.de/Corona

Am vorangegangenen Freitag hatte Susanne Ganster, Landrätin des Kreises Südwestpfalz, erklärt, sie teile grundsätzlich mit vielen ihrer Kollegen die Kritik an den (vom Land) vorgesehen Maßnahmen. „Die Landesregierung öffnet, aber Landräte und Oberbürgermeister sollen nach dem Willen des Landes für die Schließungen wenige Tage später zuständig sein.“ (Wir berichteten.)

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Autor:

Werner G. Stähle aus Hauenstein

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