Durchatmen, ja – Entwarnung, nein
2021 brachte für den Wald etwas Erleichterung, aber auch neue Sorgen
Von Ralf Vester
Pfälzerwald. Den Sonnenanbetern und Hitzeliebhabern war der vergangene Sommer sicher um einiges zu frisch und zu nass. Aber dem Wald hätte nach Jahren extremer Trockenheit und Hitze fast nichts Besseres passieren können, als das eher durchwachsene Jahr 2021. Grund für Freudentänze und grenzenlosen Optimismus ist das beileibe noch nicht, aber es gab dem Wald und dem Forst wenigstens etwas Zeit zum Durchatmen und zur Rückkehr zu originären Aufgaben.
Sowohl die Temperatur mit nur neun „heißen“ Tagen in 2021 gegenüber 20 davon im Vorjahr als auch der Niederschlag fielen moderat aus – die extremen Spitzen der Vorjahre blieben glücklicherweise aus. „Dennoch war es kein reines Wohlfühljahr. Die Jahre 2016 bis 2020 – die weltweit wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – stecken den Wäldern noch tief in den Knochen“, sagt Revierförster Klaus Platz vom Forstamt Kaiserslautern.
Verschnaufpause für die Fichte, aber Kummer um die Buche
Die besonders geplagte Fichte erhielt durch den Rückgang der borkenkäferbedingten Schadholzmenge eine kleine Verschnaufpause. Doch wie sieht es bei den anderen Baumarten aus? Die Buche, die „Mutter des Waldes“, hat zu kämpfen. Besonders die alten Buchen leiden mit ihrem tief angelegten Wurzelsystem am meisten unter dem Rückgang des Bodenwasservorrats auf etwa 50 Prozent. Dies führt zum Absterben von Kronen und Kronenteilen und letztlich zum Tod exponierter Altbuchen. Um Waldbesucher vor herabstürzenden Ästen zu schützen, mussten 2021 in den Waldorten „Schleichkupp“ und „Hohe Kiefer“ zwischen Erzhütten und dem Vogelwoog rund 50 Altbuchen vorsorglich gefällt werden.
Misteln setzen der Kiefer zu
Zum Sorgenkind entwickelt sich auch die eigentlich so robuste und im Pfälzerwald stark vertretene Kiefer. „Sowohl das Absterben von Altkiefern an exponierten Stellen als auch das erstmalige Auftreten eines in unserer Region in Dimension und Ausbreitungsdynamik neuen Schädlings, der weißbeerigen Mistel, bereitet uns großen Kummer“, sorgt sich der Revierförster um die Ausbreitung dieses ektoparasitisch in Kiefernkronen lebenden Gewächses, das zur Schwächung und im schlimmsten Fall zum Absterben der Kiefern und ganzer Bestände führen könnte.
Hoffnungen setzte der Forst zuletzt in die Douglasie als potenzielle Baumart der Zukunft: „Lange hatten wir gehofft, mit der Douglasie einen Ersatz für die schwächelnde Fichte gefunden zu haben. Gegen Sturm und Borkenkäfer im Vergleich zur Fichte weitgehend resistent, hat sie uns lange Zeit hoffen lassen. Nun zeigt sie seit einigen Jahren massive Vitalitätsstörungen in Form von Pilzen (rußige Douglasienschütte) und Insekten (Douglasien-Gallmücke), die ihr das Leben schwer und uns Förstern um eine Hoffnung ärmer machen“, berichtet Klaus Platz.
Etwas mehr Zeit für die originären Aufgaben
Da die unfassbar großen, borkenkäferbedingten Schadholzmengen der Vorjahre allmählich aufgebraucht waren und der Borkenkäfer in 2021 wetterbedingt nur noch vergleichsweise geringe Schäden anrichten konnte, zog die Nachfrage nach dem zeitweise knapp gewordenen Gut Holz und damit auch der Preis im vergangenen Jahr deutlich an. „Das hatte zur Folge, dass wir endlich wieder in die ’normale’, zielgerichtete, nachhaltige und systematische Holzernte einsteigen konnten“, freut sich der Revierförster.
Kiefern- und Douglasienbestände, die wegen der Kalamitätsjahre einige Jahre nicht gepflegt werden konnten, wurden 2021 sowohl manuell als auch mit Harvestern durchforstet. Insbesondere in den Waldorten „Dickheck“, „Altwies“ und „Brand“ bei Erzhütten, aber auch am „Dachskopf“ und „Queidersberg“ bei Hochspeyer brummten im Herbst die Motorsägen. So konnten in der unmittelbaren Nachbarschaft von Kiefern und Douglasien bedrängende Konkurrenten entnommen und dadurch ausreichend Standraum für ein gedeihliches Wachstum geschaffen werden.
Wie geht es weiter?
Zielsetzung ist und bleibt der nachhaltig klimaresistente, gemischte Wald. „Wir bauen primär auf die Naturverjüngung und greifen lediglich dort ein, wo es erforderlich ist, um einen möglichst abwechslungs- und artenreichen Wald zu generieren. Wenn wir uns in 2021 doch für die zweitbeste Lösung, die Pflanzung, entschieden haben, pflanzten wir die hoffentlich klimastabilen Baumarten wie Trauben- und Stieleichen, Bergahorn, Winterlinde und Nussbaum. Da der Klimawandel durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe hausgemacht ist, entscheidet die Bevölkerung letztendlich über die Gesundheit und Zukunft unseres Waldes, so wie wir ihn kennen und lieben. Wir laden die Lautrer herzlich ein, auch im kommenden Jahr ihren grünen Schatz vor der Haustür und dessen heilsame Wirkung zu nutzen“, betont Revierförster Klaus Platz. rav
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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