Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge sind erschöpft
Temporärer Zuweisungsstopp bei ADD erwirkt
Kaiserslautern. Mehr als 1500 gemeldete Flüchtlinge aus der Ukraine und über Sommer stark ansteigende Zuweisungszahlen von Asylsuchenden aus anderen Nationen belasten die Unterkunftssituation in Kaiserslautern seit einigen Wochen enorm. In Kürze wird daher mit dem ehemaligen Hotel Zepp eine weitere Flüchtlingsunterkunft eröffnet. Um die Situation zu entspannen, hat die Stadt erwirkt, dass sie bis mindestens Mitte November keine weiteren Asylsuchenden mehr zugewiesen bekommt.
Die Stadt Kaiserslautern hat in den vergangenen rund acht Monaten erneut bewiesen, dass sie jederzeit in der Lage ist, schnell und effektiv solidarisch Hilfe zu leisten, wenn es nötig ist. Schon wenige Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar waren verwaltungsintern die Weichen für eine rasche und unkomplizierte Aufnahme von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten gestellt. Die städtische Homepage wurde um einen umfangreichen Ankunftsleitfaden in ukrainischer Sprache bestückt. Mit der Burgherrenhalle, dem ehemaligen ZOAR-Heim, dem Bürger-Büsing-Heim und später den Gartenschauhallen wurden neue An- und Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen.
„In Summe führte das erfreulicherweise dazu, dass wir uns schnell bei ukrainischen Flüchtlingen einen guten Ruf als sichere Anlaufstelle erarbeiten konnten“, erklärt Oberbürgermeister Klaus Weichel. Innerhalb weniger Wochen nach Kriegsbeginn übersprang die Zahl der gemeldeten Ukrainerinnen und Ukrainer in der Stadt die 1000er Marke. Stand 04. Oktober waren in der Stadt 1527 Flüchtlinge aus der Ukraine gemeldet. „Ich sehe das als Zeichen der Wertschätzung der Arbeit aller beteiligten Helferinnen und Helfer und freue mich für jeden, dem wir in Kaiserslautern eine Unterkunft anbieten konnten“, so das Stadtoberhaupt.
In Kaiserslautern treffen diese Menschen zwar auf eine große Welle der Hilfsbereitschaft, jedoch auch auf einen zunehmend angespannten Wohnungsmarkt. Schon seit einigen Jahren ist das Phänomen zu beobachten, dass anerkannte Asylbewerber länger in den Gemeinschaftsunterkünften verbleiben müssen als eigentlich vorgesehen – einfach, weil sie nicht direkt eine Wohnung finden. Dieses Phänomen hat sich durch den starken Zuzug aus der Ukraine ab Februar deutlich verstärkt. Erschwerend hinzu kommt nun noch eine Zunahme der Zuweisungszahlen von Asylsuchenden anderer Nationen in den vergangenen Monaten. Wurden der Stadt bis Juni vom Land ca. 15 Asylsuchende pro Monat zugewiesen, waren es im Juli 36, im August 42 Personen.
„Um der immer dringlicher werdenden Unterkunftssituation zu begegnen, mussten wir in Abstimmung mit dem Land und unseren Partnern vor Ort einige Maßnahmen in die Wege leiten“, so OB Weichel. So wird die Stadt in den kommenden Wochen in Kooperation mit dem Arbeits- und Sozialpädagogischen Zentrum (ASZ) eine neue Gemeinschaftsunterkunft eröffnen, die rund 50 Menschen aufnehmen kann, das ehemalige Hotel Zepp in der Pariser Straße. Die Unterkunft soll Ende Oktober bezugsfertig sein und ist dann im Übrigen keine ganz neue Adresse: Bereits während der großen Flüchtlingswelle ab 2015 diente das ehemalige Hotel schon einmal als Unterkunft. „Darüber hinaus wurden bzw. werden auch die Verträge mit den bestehenden, im Frühjahr eröffneten Unterkünften verlängert“, erklärt der Rathauschef. Somit stehen die Burgherrenhalle, das Bürger-Büsing-Heim, die Gartenschauhallen und das ehemalige ZOAR-Heim in der Mennonitenstraße auch über den 31. Dezember hinaus zur Verfügung.
Weiterhin hat der OB in Gesprächen mit der ADD für die Stadt Kaiserslautern im September einen temporären Zuweisungsstopp erwirkt. D.h. dass bis mindestens Mitte November der Stadt keine Asylsuchenden mehr zugewiesen werden. „Das sollte die Situation vorübergehend entspannen und verschafft uns Luft“, ist sich Weichel sicher. Eine Verlängerung über den November hinaus sei möglich.
Ein Aufnahmestopp wurde darüber hinaus inzwischen auch schon mehrfach für Flüchtlinge aus der Ukraine verhängt. „Mit aktuell 1527 gemeldeten Flüchtlingen aus der Ukraine liegen wir rund 50 Prozent über der Zahl, die wir gemäß dem Verteilschlüssel des Landes aufnehmen müssten“, so der OB. Laut Rundschreiben vom 22. Juli ist das Integrationsministerium bestrebt, die Kriegsflüchtlinge möglichst fair auf die Kommunen im Land zu verteilen. Demnach können Kommunen, die den Verteilschlüssel um 40 Prozent oder mehr überschreiten, ukrainische Flüchtlinge an andere Kommunen verweisen. „Aufgrund der Überlastungssituation mussten wir von dieser Möglichkeit leider schon mehrfach Gebrauch machen, wenn unsere Erstaufnahmeeinrichtung in der Burgherrenhalle komplett voll war – was eigentlich seit Monaten mehr oder weniger permanent der Fall ist“, berichtet Weichel. Im ukrainischen Leitfaden auf der Homepage wird seit einigen Wochen gebeten, dass man sich aktuell bitte in anderen Kommunen registrieren soll.
„Ich bitte um Verständnis für diese hoffentlich temporären Einschnitte“, so der OB. „Die Stadt Kaiserslautern möchte auch weiterhin sicherer Hafen für notleidende Menschen aus aller Welt sein, wir sind allerdings der Meinung, dass Flüchtlinge in anderen Kommunen besser aufgehoben sind, wenn wir hier keine adäquate Betreuung gewährleisten können.“
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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