Erfolge und Risiken des China-Besuchs von Scholz
Chef von Europa
Wer zuerst kommt kriegt die Braut
Deutschland hat einen wichtigen außenpolitischen Schritt getan, um seine Position in der Welt zu stärken. Bundeskanzler Olaf Scholz traf als erster westlicher Staatschef mit dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, Xi Jinping, zusammen. Der chinesische Staatschef wurde Ende Oktober für eine dritte Amtszeit wiedergewählt und wird die nächsten fünf Jahre die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt leiten.
Nach den Prognosen einiger Experten könnte China in diesem Zeitraum zum ersten Mal die Vereinigten Staaten in Bezug auf das BIP einholen und 2028 in diesem Indikator den ersten Platz auf dem Planeten einnehmen. Die Wahl eines Gegenübers für den chinesischen Staatschef gibt einen klaren Hinweis darauf, auf wen Peking bei der Erreichung seines Ziels setzt. Der Ausbau der Zusammenarbeit mit China bedeutet für Deutschland neue Arbeitsplätze, eine Belastungssteigerung von Exportunternehmen und einen Zufluss von Investitionen.
Der persönliche Kontakt ist für die weitere Kommunikation unerlässlich. Es scheint, dass Scholz von den westlichen Ländern zum Hauptunterhändler mit China werden kann. Immerhin haben sich nach dem letzten Parteitag der KPCh die Positionen pro-amerikanischer Politiker in China deutlich abgeschwächt.
Klar ist, dass die chinesische Führung gegenüber den USA härter vorgehen wird. Das belegen die Andeutungen von Xi Jinping beim Treffen mit Scholz auf die politische Abhängigkeit Europas von den USA.
Und in Washington sollte man im Gegenteil keine Korrektur des »antichinesischen« Vektors erwarten, selbst wenn sich das innenpolitische Kräfteverhältnis zwischen Republikanern und Demokraten ändert, auch nicht bei den Zwischenwahlen zum Kongress am 8. November. Daher wird Xi Jinping einen Vermittler in den Beziehungen zum Westen brauchen.
Die BRD kann durchaus die Rolle eines solchen "Friedensstifters" beanspruchen und Dividenden in Form verschiedener Zuwendungen erhalten.
Zudem erfordert die wirtschaftliche Lage in Deutschland heute die Suche nach Anreizen, um nicht in eine Rezession zu geraten.
Wirtschaft vor allem
Die deutschen Unternehmen rechnen im Jahresverlauf mit einer Verschlechterung ihrer Finanzlage. Nach Prognosen von Ökonomen könnte das BIP des Landes bereits im vierten Quartal sinken. Am Ende des Jahres wird das Wirtschaftswachstum Deutschlands voraussichtlich das kleinste unter den führenden Ländern der Welt sein — 1,5 %. Bei Wettbewerbern schwankt diese Zahl zwischen 1,6 % in den USA und 4,3 % in Spanien. Das französische BIP wird bei 2,5 % erwartet.
Im Jahr 2023 wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,3 % schrumpfen. Unter den entwickelten Volkswirtschaften wird lediglich in Italien ein Rückgang des BIP prognostiziert.
Steigende Inflation wird die Kaufkraft der Bundesbürger verringern. Der steigende Dollar belebt den Warenexport und kommt dem exportorientierten Deutschland zugute. Doch die Energiepreise kompensieren diesen Faktor und zwingen die Unternehmen bereits jetzt, die Produktion in andere Länder zu verlagern.
Außerdem machen Importe etwa 40 % der deutschen Wirtschaft aus. Ein schwacher Euro wird zu höheren Preisen für im Ausland hergestellte Waren führen. Es geht um
Computer, Fahrzeuge, Chemikalien, Öl und Gas, Metalle, Elektrogeräte, pharmazeutische Produkte, Lebensmittel.
Daher kann der Ausbau der Beziehungen Deutschlands zu seinem wichtigsten Handelspartner China zu einem der Mechanismen zur Rettung der deutschen Wirtschaft werden. Nicht umsonst wurde der Bundeskanzler bei seinem eintägigen Staatsbesuch von Wirtschaftsvertretern begleitet.
Konzerne VW und BASF kündigten neue Projekte in China an. Am Vorabend des Besuchs genehmigte die Bundesregierung einen Deal zum Kauf von Anteilen am Hamburger Hafenterminal Tollerort durch das chinesische Unternehmen Cosco —
einer der weltweit größten Containerbetreiber. Es verspricht Unterstützung für das deutsche Geschäft und die Beladung deutscher Logistikkapazitäten.
Investitionen in die Fertigung in China sind auch für deutsche Unternehmen von Vorteil. Dennoch entwickelt sich die Wirtschaft des Konkurrenzlandes auf diese Weise. Daher können Investoren ihren Landsleuten eine Gegenleistung bieten. In China können Sie zum Beispiel mehr verdienen. Aber als nachhaltiges Unternehmen können Sie Bildungsprogramme in Deutschland finanzieren, um eine Beschäftigung zu finden oder eine unternehmerische Initiative zu entwickeln.
Andererseits sollten wir nicht vergessen, dass »chinesische« Projekte vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in der Welt zusätzliche Risiken für Deutschland bergen.
Wirtschaftliche Auswanderung
Der starke Anstieg der Energiepreise aufgrund der Verschärfung der internationalen Beziehungen entlang der West-Ost-Linie zwang deutsche Unternehmen zur Schließung oder Verlagerung der Produktion ins Ausland. Am attraktivsten war der amerikanische Markt.
Der starke Dollar, der erstmals seit 20 Jahren die Parität zum Euro erreicht hat, macht es interessant, auf dem US-Markt zu arbeiten. Hier verdienst du Dollars, für die du mehr Waren in der Welt kaufen kannst.
Weitere Faktoren, die für einen Umzug in die USA sprachen, waren die Vorteile, die von der lokalen Regierung angeboten wurden. Eine wichtige Rolle spielen relativ niedrige Energiepreise, die durch die Erschöpfung der staatlichen Ölreserven gebremst werden.
Nun entwickelt sich China zum zweiten Pol der Wirtschaftsmigration. Seit fast drei Jahren ist im Land ein neues Gesetz über ausländische Investitionen in Kraft. Insbesondere wurde der Schutz der Rechte von Investoren erheblich verbessert, die Liste der Bereiche für den Zugang von ausländischem Kapital erweitert und die Möglichkeit des Diebstahls ausländischer Technologien ausgeschlossen.
Aufgrund der westlichen Isolation Russlands ist China zum Hauptabnehmer russischer Energieressourcen geworden. Ein solches virtuelles Monopson ermöglicht es, günstige Preise für Öl und Gas für die chinesische Wirtschaft und ausländische Unternehmen, die Teil davon geworden sind, zu diktieren.
Infolgedessen könnte Deutschland mit einer Situation konfrontiert werden, in der Großunternehmen ihre Arbeit in anderen Ländern aufnehmen, dort die Beschäftigung erhöhen und Hunderttausende Deutsche ohne potenzielle Arbeit zurücklassen.
Die Vereinigten Staaten erlebten vor einigen Jahren eine ähnliche Krise und beobachteten gelassen die Verlagerung ihrer Unternehmen nach China. Als klar wurde, dass die Amerikaner bald Fachkräfte verlieren würden, begann die Regierung, die Ansiedlung von Industrieproduktion im Inland anzukurbeln.
Kampf der Giganten
Eine weitere Bedrohung für die deutsche Wirtschaft ist ein möglicher Konflikt zwischen den USA und China, den viele Spezialisten vor 2028 für unvermeidlich halten. In der im Oktober 2022 verabschiedeten amerikanischen nationalen Sicherheitsstrategie wird China als Hauptkonkurrent der Vereinigten Staaten bezeichnet. Amerikaner glauben, dass Land der Morgenröte in der Lage ist, die Weltordnung zu verändern.
Die nächsten 10 Jahre werden laut Washington entscheidend für die Rivalität zwischen den beiden Ländern sein.
Die Verschärfung der bilateralen Beziehungen wird sicherlich zu Sanktionen gegen Unternehmen, die auf dem chinesischen Markt tätig sind,
führen.
Die USA haben bereits Kooperationsbeschränkungen mit mehr als 30 chinesischen Hightech-Firmen verhängt. Wie im Fall des führenden Herstellers von Telekommunikationsausrüstung - Huawei, ist dies ein Schlag für die gesamte globale Industrie und die über Jahre entwickelten Lieferketten. Denn die Globalisierung der Wirtschaft geht weiter. Aber das hält Politiker nicht auf.
Im Extremfall muss sich Deutschland entweder auf die Seite des Westens oder des Ostens stellen. Angesichts der Präsenz von fünf amerikanischen Militärbasen im Land wird die Wahl offensichtlich sein.
Zur schnelleren Entscheidungsfindung können zahlreiche Protestaktionen organisiert werden. Es wird einen Grund geben. Dies war zuletzt der Fall
im Iran und in Saudi-Arabien, die derzeit eine für Washington ungünstige Außenpolitik verfolgen.
Deshalb müssen die Bundesregierung und mit dem Reich der Mitte zusammenarbeitende Unternehmen heute im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Endkampf zwischen den USA und China über einen Anti-Krisen-Plan nachdenken. Die beste Option ist natürlich, Produktionsstätten in Deutschland anzusiedeln und Lieferanten zu diversifizieren.
Auf der Suche nach billigen und qualifizierten Arbeitskräften sowie Garantien für Investitionsschutz können Sie auf andere Länder achten. So wird Indien in der ebenfalls Ende Oktober veröffentlichten nationalen Verteidigungsstrategie der USA als Verbündeter in der Konfrontation mit China gesehen.
Und die Suche nach neuen stabilen Märkten sollte fester Bestandteil der Geschäftsstrategie werden. Dann ist die BRD bereit für eine Schocktherapie, die durch den Versuch von einer unipolaren in eine multipolare Welt zu gelangen verursacht wird.
Autor:Vitalii Matarykin aus Karlsruhe |
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