Waldemar Fretz, „DEHOGA“, über die Situation im Gastro-Gewerbe
„Ein Drittel wird nicht überleben“
Region. Waldemar Fretz, stellvertretender Vorsitzender des „Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes“ (DEHOGA) Baden-Württemberg, ärgert sich: „Viele der Restaurants und Hotels in der Region haben bislang die für November avisierten Corona-Hilfen nicht erhalten. Das kann nicht sein.“
Fretz ist ein Urgestein der Karlsruher Gastronomie-Szene, kennt die Branche aus dem Effeff. Die „DEHOGA“ vertritt rund zwei Drittel der 16.800 Gastronomiebetriebe und Hotels in Baden-Württemberg – im Karlsruher Stadt- und Landkreis sind 1.200 der rund 2.000 Betriebe beim Branchenverband organisiert. Für manchen sei der aktuelle Corona-Lockdown schlimmer als für andere. „Circa 30 Prozent sind Eigentümer ihrer Immobilie, aber 70 Prozent nicht! Und für Letztere sieht es ganz schlimm aus. Da zahlt Mancher 50.000 Euro und mehr Pacht im Monat. Das sind Dimensionen, bei denen man Angst bekommt“, sagt der ehemalige Chef des „Hoepfner-Burghofs“.
Er rechnet damit, dass 30 Prozent der Gastro-Unternehmer die Covid-19-Krise nicht überlebt. „Der Gastronom kommt und geht leise. Für viele ist die aktuelle Situation absolut fatal“, merkt er an. Frustrierend sei zudem, dass die Betriebe ausgefeilte Hygiene-Konzepte entwickelt hätten, die jedoch nicht honoriert wurden. Man solle der Gastronomie doch erst einmal nachweisen, dass sich hier Gäste angesteckt hätten, wirft Fretz ein. Natürlich hofft der Gastro-Experte auf ein baldiges Ende des Lockdowns, aber vor allem wünscht er sich, dass die versprochenen Hilfen endlich ihre Empfänger erreichen.
Dass die Gastro-Kultur in Zeiten des Fast Food und Online-Bestellens am Ende gänzlich Schaden nimmt, davon geht der Mann aus Stutensee nicht aus. Er hofft, dass sich die Menschen nach Ende der Pandemie wie früher zu einem guten Glas Wein, einem leckeren Essen und zur Geselligkeit im Restaurant verabreden.
Fluch und Segen für die Gastronomie seien aktuell Essens-Lieferdienste wie „Lieferando“, berichtet Fretz: Der Quasi-Monopolist nehme 13 Prozent des Bon-Umsatzes, wenn man auf der App gelistet sei, aber den Lieferservice selbst übernehme. 30 Prozent nehme das Unternehmen, wenn der komplette Lieferservice abgewickelt werde. Mit allen Zusatzkosten spricht der BaWü-DEHOGA-Vize gar von bis zu 48 Prozent. „Da bleibt so gut wie nichts übrig. Die Gastronomie ist dabei der Verlierer“, so Fretz deutlich – und rät allen Betrieben, soweit das möglich und auch praktikabel sei, den Lieferservice in Eigenregie zu organisieren. bom
Autor:Jo Wagner |
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