Im Interview Winzermeister Moritz Himmel
Klimawandel im Weinanbaugebiet Zellertal

Weinbotschafterin Heidi Zies und Moritz Himmel, Winzermeister vom Weingut Schwan in Niefernheim/Zellertal. Er legt großen Wert auf eine umweltfreundliche und nachhaltige Produktion sowie zukunftsorientiertes Wirtschaften im Weinbau.   | Foto: Claudia Bardon
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  • Weinbotschafterin Heidi Zies und Moritz Himmel, Winzermeister vom Weingut Schwan in Niefernheim/Zellertal. Er legt großen Wert auf eine umweltfreundliche und nachhaltige Produktion sowie zukunftsorientiertes Wirtschaften im Weinbau.
  • Foto: Claudia Bardon
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Von Claudia Bardon/Klima konkret. Der Klimawandel macht sich mittlerweile auf der ganzen Welt bemerkbar und hinterlässt seine Spuren. Auch Winzer müssen sich immer mehr mit den anhaltenden Dürreperioden und Unwettern auseinandersetzen. Welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Weinanbaugebiet im Zellertal mit sich bringt, erzählt Winzermeister Moritz Himmel vom Weingut Schwan in Niefernheim der Redaktion des Wochenblattes Donnersbergkreis.

???: Herr Himmel, seit wann gibt es das Weingut Schwan in Niefernheim/Zellertal?
Moritz Himmel: „Ich bin mittlerweile die 6. Generation. Das Gut an sich wurde 1869 von Johannes Schwan zusammen mit seinem Sohn Albert gekauft. Die Anfänge waren von Vieh- und Landwirtschaft in Kombination mit Weinbau geprägt. Der Weinbau wurde allerdings über die Jahre zur tragenden Säule. Um 1980 erweiterte mein Opa Bernd Himmel das Weingut, um Flaschen und Tanklager, Weinproben und Probierstube. 2005 hat mein Vater Dirk Himmel, Diplom Ingenieur für Weinbau und Ökologie, den Betrieb übernommen. Ich selbst habe meine Ausbildung zum Winzer und danach meinen Techniker für Weinbau und Ökologie sowie meinen Winzermeister gemacht. Warum wir uns Weingut Schwan nennen ist einfach erklärt, denn meine Oma ist eine geborene Schwan und mein Opa nennt sich Himmel.“

Ertragsschwankungen machen sich bemerkbar

???: Wie macht sich der Klimawandel im Weinbau selbst bemerkbar? Haben die anhaltenden Hitzeperioden der letzten Jahre ihre Spuren hinterlassen?
Moritz Himmel: „Ja, man merkt die Veränderung sehr deutlich, gerade bei uns. Ertragsschwankungen gab es zwar schon immer, jedoch wurde das Kontingent schon seit Jahren nicht mehr erreicht. Wir sind zum Beispiel ein Betrieb, der auf Qualitätswein ausgerichtet ist. Bei Qualitätswein ist die Regelung im Anbaugebiet Pfalz, dass die Menge 10.500 Liter pro Hektar sein darf. Wir jedoch lagen immer darunter. Von Jahr zu Jahr entfernen wir uns weiter vom optimalen Ertragsniveau. Selbstverständlich spiegelt sich das auch in den Preisen wider. Seit 2018 und 2019 merkt man es noch stärker, da die Hitze nicht abebbt und Jahr für Jahr präsent ist. Wir hören zwar oft, es hätte doch geregnet, aber es kommt darauf an wann. Gerade bei der Rebe ist dies sehr wichtig. Sie braucht in gewissen Stadien ein bestimmtes Maß an Wasser, damit die Traubenbildung gut voranschreitet und sie vernünftig zur Vollendung kommen kann, aber auch kurz vor der richtigen Traubenreife, um ein gewisses Wachstum und Fülle zu erreichen. Ist das Wasser nicht da, dezimiert sich die Rebe schon vorher. Eine Rebe ist eine kluge Pflanze, die sich immer selbst erhalten will, eine Dauerkultur. Die Wasserspeicher können sich nicht füllen, wenn es nicht regnet.“

???: Macht sich dieses Problem in der Qualität bemerkbar?
Moritz Himmel: „Über die Qualität muss ich nicht meckern. Einen Mindestertrag müssen wir erreichen, um die Preise stabil halten zu können. Wir produzieren Weine in verschiedenen Qualitätsstufen, und wenn ich zum Beispiel eine Spätlese erreichen möchte, benötige ich eine reduzierte Menge, welche aber von unseren Kunden honoriert wird. Möchte ich allerdings einen Standard Riesling in der ein Liter Flasche, benötige ich eine höhere Menge. Habe ich diese Menge nicht, muss ich die Preise anpassen und das möchte keiner. Ich bin für ein gleichbleibendes Preissegment und das ist aktuell immer schwerer zu halten. Hierbei spielen viele Faktoren eine Rolle, nicht nur der Klimawandel an sich, sondern auch, dass die Produkte, die wir Winzer benötigen, an sich schon teurer werden.“

Begrünung im Weinberg

???: Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um den Wassermangel in Ihrem Wingert auszugleichen?
Moritz Himmel: „Wir nutzen verschiedene Maßnahmen. Unter anderem legen wir unser Augenmerk auf Begrünung im Weinberg, was auch positiv das Bodenmanagement beeinflusst. Im Sommer wird die Herbstbegrünung eingesät. Diese sorgt für eine komplette Begrünung über Herbst und Winter, sodass Nährstoffe in den oberen Bodenschichten gehalten werden können und keiner Auswaschung unterliegen. Der Boden bleibt locker und somit wird im Herbst/Winter das Wasser besser aufgenommen und kann in den Boden einsickern. Der Vorteil bei einer Begrünung ist ebenfalls, dass Nährstoffe eher aufgenommen werden. Stickstoff aus der Luft sammelt sich somit einfacher und erspart einen zusätzlichen Düngevorgang, was wiederum klimafreundlicher ist. Wir verzichten komplett auf Mineraldünger.“

Bewässerungssystem zukunftsorientiert

???: Wie sehen Sie die Lage in den nächsten Jahren oder haben Sie die Balance gefunden?
Moritz Himmel: „Es ist schwer abzuschätzen. Wir sind aktuell noch am Umdenken. Wir können nur von Jahr zu Jahr schauen und versuchen, immer das Bestmögliche aus der Situation zu machen. Deshalb brechen wir die Begrünung im Frühjahr nicht direkt um, wir walzen, das ist schonender und der Boden bleibt bedeckt und die Sonne trocknet ihn nicht so schnell aus.
Wenn man zum Beispiel eine Junganlage anlegt, muss diese erst einmal gut bewässert werden, damit jede Pflanze gut anwächst. Am besten acht bis zehn Liter zum Setzen der Erde (Wurzelschluss), wie auch einen gewissen Wasseranteil zum Atmen. Dies reicht aber schon lange nicht mehr aus, weshalb wir in unseren Weinbergen seit drei Jahren ein Bewässerungssystem installiert haben. Wir haben gemerkt, dass es unwirtschaftlich ist und der Aufwand sehr groß war, jeden Tag die Pflanzen anzugießen. Ziemlich schnell fiel dann auch die Entscheidung, zukunftsorientiert zu handeln. Die Bewässerungsanlage ist einfach erklärt: Hierbei werden Schläuche fest an der Zeile im Wingert ausgelegt. Das ist eine Tröpfchenbewässerung. Das heißt, das Wasser tropft immer mal wieder vereinzelt auf den Boden, sickert langsam ein und jeder Tropfen Wasser kommt an der Wurzel an. Zu viel Wasser von oben könnte der Boden nicht aufnehmen. Wir haben diese Bewässerungsanlage in die Jungweinberge gelegt. Hierfür wird ein Wasserfass hingestellt und die Bewässerung nicht in der prallen Sonne, sondern ganz früh morgens oder ab 20 Uhr gestartet, so kann das Wasser über Nacht tropfen.
Letztes Jahr haben wir in zwei Monaten 250.000 Liter an Wasser für Jungreben benötigt. Das war allein für die jungen Pflanzen und nicht mal für die älteren Ertragsanlagen. Wir sehen ganz klar die Vorteile dieses Verfahrens. Es geht nicht um die Menge, sondern eher darum, die Rebe nicht zu stressen, sie am Leben zu halten.
Wir wollen in Zukunft die Anlagen älter werden lassen. Hierzu sind wir gehalten, die Reben vor allzu großen Schnittwunden durch den Rebschnitt zu schützen. Deshalb praktizieren wir seit neun Jahren einen sanften Rebschnitt mit Zapfen. So vermeiden wir unnötige Schnitte in das mehrjährige Holz, welche Eintrittspforten für Bakterien und Viren darstellen. Diese wiederum verkürzen die Lebensdauer unserer Reben.“

Hitzeperioden und Frost verursachen Probleme im Weinanbaugebiet Zellertal

???: Schlagen sich die zunehmenden und anhaltenden Hitzeperioden auf die Menge aus?
Moritz Himmel: „Ja, das tut sie. Pro Hektar darf man im Weinanbaugebiet Pfalz 10.500 pro Liter lesen, um Qualitätsweinwein zu haben. Opa konnte früher noch 10.000 Liter im Durchschnitt ernten, an diese Menge kommen wir erst gar nicht ran. In den letzten Jahren sind wir auf 8.000 Liter, dieses Jahr bei 7.300 Liter gekommen. Man sieht es sehr stark und das bei gleichbleibenden Kosten. Es ist sehr reduziert aktuell und das ist ein Problem, dem wir uns stellen müssen, da die Menge fehlt. Wir versuchen, unsere Qualitätsweine zu halten, streben auch danach und arbeiten zudem im Weinberg danach.“

???: Wie wirken sich die immer öfter auftretenden Unwetter auf den Weinanbau im Zellertal aus?
Moritz Himmel: „Bei uns ist es zum Glück so, dass uns der Donnersberg viel abhält. Das ist ein großer Vor- wie auch Nachteil. Die Unwetter werden durch ihn zwar abgefangen, aber auch die Regenwolken, die wir eigentlich dringend benötigen. Die Lage an sich ist aber nahezu perfekt. Große Schäden richtet bei uns dann eher der Frost an. Aber für dieses Jahr sind wir durch und müssen nicht mehr zittern.“

???: Müssen für die Zukunft die Schwerpunkte auf spezielle andere Rebsorten umgestellt werden, die vielleicht hitzebeständiger sind?
Moritz Himmel: „Wir merken es bei den Rebsorten noch nicht so stark, aber über die Jahre wird der Riesling extrem unter der Sonneneinstrahlung leiden.
Vor zwei Jahren habe ich die Rebsorte ’Chenin Blanc’ angebaut. Diese Sorte hat ihren Ursprung in Frankreich und wird auch in Südafrika angebaut. Wir haben sie bei uns im Nordhang unter dem schwarzen Herrgott. Ein Standort, der sehr viel Sonne ertragen muss. Sie ist Hitze verträglicher, aber auf keinen Fall resistent. Damit habe ich im ersten Jahr sehr gute Erfahrungen gemacht. Obwohl wir den ’Chenin Blanc’ weniger bewässert haben als den Riesling, hatten wir doch sehr schöne Trauben. In diesem Jahr konnte ich die ersten Trauben und 150 Liter ernten.“

???: Wie groß ist Ihr Weinanbaugebiet und auf welche Anbauart legen Sie großen Wert?
Moritz Himmel: „Unsere Reben erstrecken sich über 20 Hektar. Seit drei Jahren gehören wir dem Verein ’Fair’n Green’ an, der für Verantwortung für Mensch, Natur und Klima steht. Hier geht es nicht nur um den An- und Abbau, sondern auch um faire Behandlung der Mitarbeiter sowie Nachhaltigkeit bei allen Arbeitsprozessen. Wir erzeugen zudem unseren eigenen Strom, nehmen unsere leeren Flaschen wieder zurück, um diese wiederzuverwenden. Wir setzen keine Insektizide oder Herbizide ein, denn Nachhaltigkeit und Artenvielfalt ist unser Bestreben. Wir spritzen weniger oft als ein Bioweingut und verzichten komplett auf Kupfer. Wir sind konventionell. Alles, was wir an Pflanzenschutzmitteln nutzen, ist im Boden abbaubar. Kupfer jedoch nicht, denn es ist weder nachhaltig noch biologisch.
Mein Opa, mein Vater und ich sind in all unserem Handeln und Tun gleicher Meinung und ’Fair’n Green’ ist genau das, womit wir unser Weingut zukunftssicher machen und der Umwelt helfen können, um letztendlich ein unbedenkliches und qualitativ hochwertiges Produkt an den Endverbraucher weitergeben zu können. crn

Weitere Informationen:
Weingut Schwan,
Familie Himmel
Rottmannsgasse 2,
67308 Zellertal-Niefernheim
Telefon: 06355 965400
www.pfalz-riesling.de

Fair’n Green
www.fairandgreen.com

Klima konkret
Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind in aller Munde. Doch wo betrifft das konkret unseren Alltag? Was können wir tun, um bewusster zu leben und dabei gleichzeitig Ressourcen zu schonen? Und wie kann ein nachhaltiger Lebensstil begeistern, statt eine Last zu sein? Diese und weitere Fragen will die Wochenblatt-Serie Klima konkret beantworten. Alle zum Thema bereits veröffentlichten Beiträge finden Sie auch auf https://www.wochenblatt-reporter.de/
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Autor:

Claudia Bardon aus Wochenblatt Kirchheimbolanden

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